PwC, KPMG, Deloitte, EY Großbritannien droht Wirtschaftsprüfern mit harter Regulierung
Düsseldorf Den vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften drohen in Großbritannien harte Einschnitte. So sollen KPMG, EY, Deloitte und PwC ihr Beratungs- und Prüfungsgeschäft in zwei operativ voneinander unabhängige Einheiten trennen, heißt es in einem Empfehlungsschreiben der Wettbewerbsbehörde CMA.
Zugleich sollen die großen Konzerne verpflichtet werden, kleinere Prüfungsgesellschaften stärker zu engagieren. Das Geschäft der „Big Four“ in Großbritannien soll insgesamt von einer neu zu schaffenden Aufsichtsbehörde kontrolliert werden, wie eine vom Londoner Wirtschaftsministerium eingesetzte Kommission zeitgleich zur CMA am Dienstag empfahl.
Beide Vorstöße sind der Versuch, die Marktmacht der führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu brechen. Die „Big Four“ testieren fast sämtliche Bilanzen der 350 größten börsennotierten Unternehmen in Großbritannien.
Diese Dominanz ist vielen britischen Politikern seit längerem ein Dorn im Auge. Sie sehen die Oligopol-Struktur kritisch und werfen den Anbietern vor, in einigen aufsehenerregenden Fälle nicht richtig geprüft zu haben und keinen ausreichenden Wettbewerb zu betreiben.
Die Vorwürfe fußen auf den Pleiten zweier britischer Unternehmen, dem Einzelhändler BHS und dem Baukonzern Carillion, der mehrere große Regierungsaufträge hatte. Der Vorwurf der Politik an den Prüfer KPMG: Die Gesellschaft habe über Jahre hinweg internes Fehlverhalten des Carillion-Managements nicht erkannt und ihre Prüfungsaufgaben nicht ausreichend erfüllt.
Zugleich wurde moniert, dass KPMG in einigen Fällen auch als Berater von Carillion auftrat – die Abgeordneten witterten hier eine Interessenvermengung. KPMG hat solche Vorwürfe strikt zurückgewiesen.
In einer ersten Reaktion nach dem Zusammenbruch hatten Parlamentsabgeordnete eine Zerschlagung der „Big Four“ gefordert – also eine komplette Trennung von Prüfung und Managementberatung. Die ist aber wohl vom Tisch, wenn man den beiden vorliegenden Untersuchungen der Regierung folgt.
Würden die vorgeschlagenen Schritte umgesetzt, wäre es dennoch ein harter Eingriff in das Geschäft der „Big Four“. Nach Vorstellung der Wettbewerbsbehörde CMA sollen die Anbieter ihre Prüfungs- und Beratungsdivisionen zwar unter einem Dach halten können. Beide sollen aber rechtlich getrennt werden und voneinander unabhängige Führungen und Belegschaft bekommen. Auch die Bonus-Systeme sollen so strikt voneinander getrennt werden.
Die Dominanz bei der Prüfung großer Unternehmen wollen die Briten mit einer Pflicht zum sogenannten Joint-Audit brechen. Dabei müssen die „Big Four“ als Hauptauftragnehmer beim Bilanztestat eine zweite, kleinere Gesellschaft einbinden.
Die arbeitet dem Großen nicht einfach nur zu, sondern es werden gemeinsame Risiko-Bewertungen erstellt und beide Gesellschaften kommen zu einem gemeinsamen Prüfungsurteil. In Frankreich wird dieses Prinzip bereits in vielen Konzernen angewendet. Im Gespräch ist auch, eine Höchstzahl an Prüfungsmandaten für die „Big Four“ festzulegen.
Auch in Deutschland ist die Dominanz groß
Drittes Element der vorgeschlagenen Reform in Großbritannien ist die Einführung einer neuen Aufsichtsbehörde, die die Arbeit der Prüfungsgesellschaften kontrolliert. Sie soll mehr Macht bekommen als der bisher zuständige Institution des Financial Reporting Council, dem Politiker zu viel Nähe zu den „Big Four“ vorwerfen.
In Deutschland ist die Dominanz der großen vier Prüfungsgesellschaften ebenfalls hoch. Sie teilen sich die Testat-Mandate der Dax- und MDax-Konzerne unter sich auf und beraten große Unternehmen, die sie nicht prüfen, auch bei Managemententscheidungen.
Anders als in Großbritannien ist ein Trend zu einer stärkeren Regulierung der Branche in Deutschland bisher nicht zu erkennen. Hier gilt die von der EU vor einigen Jahren beschlossene Regulierung wie etwa das Rotationsprinzip.
Danach müssen kapitalmarkorientierte Unternehmen regelmäßig ihren Wirtschaftsprüfer wechseln, zugleich wurde das Volumen der Beratungstätigkeit beim gleichen Mandanten eingeschränkt. Der Vorstoß der EU-Kommission sah anfangs noch weitreichendere Eingriffe wie etwa eine Aufspaltung vor. Das aber konnten die „Big Four“ abwehren.
Auch in Großbritannien werden die nun vorliegenden Empfehlungen erst noch einen längeren gesetzgeberischen Prozess durchlaufen müssen. Der dürfte angesichts des vorherrschenden Brexit-Themas noch einige Zeit auf sich warten lassen – Zeit also, in der die „Big Four“ ihre Lobbyarbeit verstärken werden, um die Vorschläge noch in ihrem Sinne zu verändern.
Doch zeigen sich die Anbieter gesprächs- und kompromissbereit. „Es ist klar, dass das Vertrauen in die Arbeit unserer Branche nicht dort ist, wo es sein sollte“, sagte der britische Deloitte-Chef David Sproul der „Financial Times“.
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