Sixt Autovermieter Erich Sixt übergibt an seine Söhne: „Die können das“

Erich Sixt wird Ende Juni 77 Jahre.
Düsseldorf Erich Sixt geht mit einem guten Gefühl. „Ich glaube, dass meine Söhne jetzt genug Erfahrung gesammelt haben, das Unternehmen zu führen“, sagt Erich Sixt am Dienstag in München. „Sie haben in den vergangenen Jahren im Vorstand einen hervorragenden Job gemacht. Die können das.“
Ohne großes Pathos verkündet der Unternehmer im Rahmen der Bilanzpressekonferenz seinen Abschied. Mehr als 50 Jahre führte Erich Sixt die Autovermietung, die unter seiner Führung von einem Mittelständler zu einem Milliardenkonzern aufgestiegen ist. Doch: „Nichts ist älter als der Erfolg von gestern“, lehrt der 76-Jährige.
Mit der Hauptversammlung im Juni will Erich Sixt den Vorstandsvorsitz abgeben und in den Aufsichtsrat wechseln. Mit fast 60 Prozent der Aktien dominiert die Familie ohnehin die Kapitalseite. Der Konzern wird dann von seinen Söhnen Alexander und Konstantin geführt: als Doppelspitze.
Es ist ein lang erwarteter Wechsel, mitten in der Coronakrise. Seit Jahren führen Konstantin und Alexander das Unternehmen operativ. Konstantin macht vor allem Vertrieb und Marketing, Alexander organisiert Finanzen, Personal und Akquisitionen. Beide sind zudem für Technologie und Digitalisierung zuständig und damit für die wichtigsten Zukunftsfelder. Zwischen beide „passt kein Blatt Papier“, erklärt Alexander, „das erkennt man schon daran, dass wir uns einen Schreibtisch teilen. Das Unternehmen war die Lebensaufgabe meines Vaters, und es ist auch unsere Lebensaufgabe.“ Die bisherige Aufgabenteilung im Konzern wollen die beiden Brüder beibehalten.
Wenn das Familiengespann noch eine Bewährungsprobe gebraucht hätte, dann war es das abgelaufene Geschäftsjahr. „Die letzten zwölf Monate waren die schwierigsten der Unternehmensgeschichte“, sagt Senior Erich.
Umsatz brach 2020 um fast 40 Prozent ein
Denn mit Ausbruch der Pandemie im vergangenen Jahr brachen die Umsätze massiv ein, der Geschäftsreiseverkehr ist am Boden, die Ferienregionen rund um das Mittelmeer verwaist. So brüderlich die Führungsaufgaben künftig verteilt sein sollen, so gleichmäßig verteilte Erich Sixt auch sein Lob auf die beiden Söhne.
Konstantin habe es geschafft, auch in Pandemiezeiten das Geschäft anzukurbeln, sagte er. Gleichzeitig habe Alexander enorme Kostensenkungen durchgesetzt und die Flotte um rund 25 Prozent reduziert.
Tatsächlich sanken die Erlöse in der Pandemie um 38,8 Prozent auf 1,53 Milliarden Euro. Die Kosten sanken um 600 Millionen Euro, mehr als 1000 Beschäftigte haben das Unternehmen verlassen, viele sind noch in Kurzarbeit. Vor Steuern machte der Autovermieter einen Verlust von 81,5 Millionen Euro.
Dass die Konkurrenten Avis und Hertz noch höhere Einbrüche verkraften müssen, nimmt man in Pullach mit Genugtuung zur Kenntnis. Hauptwettbewerber Europcar hatte sich im Januar von den Aktionären die Voraussetzungen für einen „finanziellen Restrukturierungsplan“ genehmigen lassen. In den ersten neun Monaten 2020 war der Umsatz um 42 Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Euro gesunken, und das Unternehmen hatte einen Verlust von 300 Millionen Euro verbucht. Sixt hingegen schreibt sogar einen kleinen Gewinn von zwei Millionen Euro: Der Autovermieter hatte sich im vergangenen Juli von seiner Leasing-Tochter getrennt und so einen Sondererlös erwirtschaftet.
Die Stimmung von Erich Sixt bei seiner letzten Bilanzpressekonferenz war deshalb gut. „Es ist Frühling in Pullach“, sagt der Senior. Sixt glaubt, das Schlimmste überstanden zu haben. „Wir sehen Morgenröte nach einer langen Nacht.“
In den USA, wo Sixt auch in der Krise expandiert hat und mittlerweile 100 Stationen betreibt, zieht das Geschäft wieder an. „Die USA kommen schneller aus der Krise, an der Ostküste werden bereits Autos knapp“, sagt der noch amtierende Vorstandschef. Das mache ihn vorsichtig optimistisch für Europa und die Sommersaison.
Sixt betreibt große Vermietflotten rund um das Mittelmeer. „Ich glaube, dass wir sehr, sehr gut aufgestellt sind.“ Sixt will sein Angebot vorsichtig wieder aufstocken und eher die Preise als die Kapazitäten erhöhen.
Den finanziellen Spielraum hat das Unternehmen. Mit dem Verkauf der Sixt Leasing ist der kapitalintensive Teil des Geschäftes aus der Bilanz. Sixt hat jetzt eine Eigenkapitalquote von 31,5 Prozent.
Auch die Finanzierung ist gesichert. Musste das Unternehmen in der Pandemie noch eine Finanzierung von der staatseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau beantragen, so ist das nun vorbei. Von dem Kreditrahmen habe man „keinen Cent“ in Anspruch genommen. Zu Beginn der Woche hat Sixt einen Konsortialkredit mit sechs Banken in Höhe von 750 Millionen Euro abgeschlossen, der über fünf Jahre läuft. Im November sammelte der Autovermieter weitere 300 Millionen Euro über eine Anleihe ein.
Die Finanzierung ist gesichert
Geld, das Alexander und Konstantin für die weitere Expansion nutzen wollen. Das Carsharing-Angebot soll ausgebaut werden, ebenso die Langzeitmiete und Abo-Modelle, die langfristig den Autobesitz ersetzen könnten. Alle Angebote sind seit 2019 in der „one App“ gebündelt, das Handy wird zum zentralen Buchungsinstrument. International will Sixt vor allem in den USA, dem mit Abstand größten Mietmarkt der Welt, seine Position ausbauen.
Die Messlatte hängt der Patriarch hoch. In seinen 50 Jahren sei der Umsatz von einer Million auf 1,5 Milliarden Euro gestiegen. Wenn dies den Söhnen auch gelinge, dann sei man im „Billionen-Bereich“, scherzte Erich Sixt. Er sei jedenfalls überzeugt, dass die beiden es sogar noch besser machen könnten als er selbst.
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