Strategieberatung US-Amerikaner Bob Sternfels wird neuer Chef von McKinsey

Der Amerikaner übernimmt im Juli den Chefposten der Strategieberatung.
Düsseldorf, New York Neuer Chef von McKinsey wird der US-Amerikaner Bob Sternfels. Die 650 Senior Partner der weltweit führenden Strategieberatung wählten den 51-Jährigen zum neuen Global Managing Partner. Sternfels setzte sich in der Schlussrunde der turnusmäßigen CEO-Wahl gegen den Niederländer Sven Smit durch.
Beide waren nach mehreren Wahlrunden die einzig verbliebenen Kandidaten für den Posten. Der bisherige McKinsey-Chef Kevin Sneader, 55, war überraschend im „Halbfinale“ ausgeschieden. Er ist der erste CEO der Beratungsgesellschaft seit 1976, dem die Partner keine zweite Amtszeit von drei Jahren zubilligten.
Intern wurde Sneader wegen seines Kurses bei der Aufarbeitung der Skandale kritisiert, in die McKinsey in den vergangenen Jahren verwickelt war. Viele Partner hätten sich vor allem an seinem dabei gezeigten Führungsstil gestört, wie es in Unternehmenskreisen heißt. Am Kurs der kulturellen Erneuerung werde aber festgehalten.
Das unterstreicht auch Sternfels. In der McKinsey-Mitteilung wird er mit den Worten zitiert: „Ich bin entschlossen, auf den wichtigen Veränderungen aufzubauen, die Kevin angestoßen hat und die unsere Partnerschaft begrüßt.“ Er bezieht dies auf die Arbeit bei den Klienten und auf die gesellschaftliche Verantwortung.
Sternfels rückt im Juli an die Spitze von McKinsey. Der gebürtige Kalifornier ist Senior Partner im Büro in San Francisco. Er ist bereits seit Längerem im globalen Führungsgremium der Gesellschaft vertreten und füllt dort als Leiter der „Client Capabilities“ eine Aufgabe aus, die mit einem „Chief Operating Officer“ in Industrieunternehmen vergleichbar ist.
Sternfels studierte Wirtschaft, Politik und Philosophie an der kalifornischen Stanford University sowie an der University of Oxford in England. Er arbeitet seit 1994 bei McKinsey und gilt deswegen als intern erfahren und gut vernetzt. Sternfels führte lange die Organisations-Practice in Nordamerika, verbrachte aber mehrere Jahre auch in Büros außerhalb der USA.
Schon 2018 wollte er globaler McKinsey-Chef werden, musste sich aber in der Endrunde dem Schotten Sneader geschlagen geben. Nun übernimmt er dessen Erbe – und das wird keine leichte Aufgabe. Denn es ist ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, dass einem McKinsey-CEO von den Partnern keine zweite Amtszeit zugestanden wird. Laut Unternehmenskreisen wollen viele mit dem Wechsel ein „Zeichen der Erneuerung“ setzen.
Verwicklung in Opioid-Skandal trifft McKinsey
McKinsey war in den vergangenen Jahren in mehrere Skandale verwickelt, die dem öffentlichen Ansehen des Unternehmens schadeten. Vor wenigen Wochen schloss die Beratung in den USA einen außergerichtlichen Vergleich über eine halbe Milliarde Dollar mit 40 US-Bundesstaaten sowie Tausenden amerikanischen Gemeinden und Familien.
Sie hatten gegen McKinsey wegen der Rolle im amerikanischen Opioid-Skandal geklagt. Die Gesellschaft hatte das Pharmaunternehmen Purdue beraten, das das süchtig machende Schmerzmittel Oxycontin vermarktete. McKinsey hatte Purdue und anderen Pharmakonzernen unter anderem zu höheren und damit schneller abhängig machenden Dosen der Schmerzmittel geraten sowie dazu, mit anderen Produzenten zusammenzuarbeiten.
In den USA hatten die Schmerzmittelhersteller Millionen Menschen in die Abhängigkeit getrieben. Wider besseres Wissen vermarkteten Firmen Mittel unter anderem mit gefälschten Studien aggressiv und verharmlosten das Suchtpotenzial. Im Zuge der Opioid-Epidemie sind in den USA in den vergangenen zwei Jahrzehnten rund 450.000 Menschen an einer Überdosis gestorben.
Finanziell kann die weltweit führende Strategieberatung mit geschätzt mehr als zehn Milliarden Dollar Umsatz eine solche Vergleichszahlung zwar wegstecken. Doch der Vorfall hat intern bei McKinsey Fragen zur Firmenkultur aufgeworfen.

Der Schotte entschuldigte sich öffentlich für das Fehlverhalten von Mitarbeitern.
In den Jahren zuvor hatte McKinsey schon mehrfach negative Schlagzeilen gemacht: In Südafrika war die Gesellschaft 2017 in den Korruptionsskandal um den damaligen Staatspräsidenten Jacob Zuma und die mit ihm befreundete indische Unternehmerfamilie Gupta verwickelt. Auch im Zusammenhang mit Arbeiten für das saudische Königshaus geriet McKinsey in die Kritik.
Sneader bemühte sich um die Aufarbeitung dieser Skandale. Direkt nach Amtsantritt 2018 flog er nach Südafrika und entschuldigte sich öffentlich – ebenso tat er dies im Opioid-Skandal. Der Schotte hatte danach intern ein neues Compliance-System und ethische Standards eingeführt und die Teams deutlich aufgestockt, die deren Einhaltung kontrollieren sollen.
Diese Entscheidungen wurden von McKinseys Shareholder Council beschlossen, also sozusagen vom Vorstand, dem auch Sternfels angehört. Intern kritisierten die McKinsey-Partner nicht die kulturelle Erneuerung an sich. Sehr wohl aber lasteten sie Sneader dabei schlechtes Führungsverhalten an, wie es in Partnerkreisen heißt.
So wird Sneader vorgeworfen, die neuen internen Strukturen nur im kleinen Kreis und ohne Einbindung der weltweit 2000 Partner entwickelt und durchgesetzt zu haben. Viele hätten sich schlichtweg übergangen gefühlt. Die Partnerschaft von McKinsey gilt als sehr selbstbewusst, die Partner sind wie bei Consultingfirmen üblich die Eigentümer. Eine weitere Reform werde aber voll unterstützt.
Dabei wird der neue CEO feinfühlig vorgehen müssen und sein internes Netzwerk gut brauchen können. Sein Ziel sei es, die Partnerschaft „stärker und integrativer“ zu machen.
Sternfels gilt als Teamplayer, der auch die harten Seiten kennt. Er ist passionierter Wasserball-Spieler und leidenschaftlicher Pilot. Einen Generationswechsel bringt der Austausch an der Spitze allerdings nicht. Sternfels ist mit 51 Jahren fast genauso alt wie sein Vorgänger.
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