Touristik Urlauber sollen ab Mitte Juni für Stornierungen zahlen

Für Dutzende Länder soll die Reisewarnung aufgehoben werden.
Düsseldorf Nur wenige Minuten genügten, um den Kurs der gebeutelten Tui-Aktie am Dienstagmorgen um 19,8 Prozent nach oben zu katapultieren. Ausgelöst hatte das Kursfeuerwerk ein Eckpunktepapier der Bundesregierung, das unter dem Titel „Kriterien zur Ermöglichung des innereuropäischen Tourismus“ womöglich schon am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden soll. Am selben Tag wird sich voraussichtlich auch der Tourismusausschuss des Bundestags mit dieser Angelegenheit befassen.
Was unter Deutschlands Urlaubern für heftige Verwirrung sorgen dürfte, bringt den Reiseanbietern voraussichtlich einen Teil der ersehnten Einnahmen zurück, die wegen der Corona-Pandemie vielerorts schon als verloren galten.
Die weltweite Reisewarnung, seit Mitte März auf Anordnung von Außenminister Heiko Maas (SPD) ein faktisches Betriebsverbot für internationale Touristikveranstalter, wird zum 15. Juni aller Wahrscheinlichkeit wieder aufgehoben. Zumindest für 31 Länder Europas. An dessen Stelle sollen nun einzelne „Reisehinweise“ des Auswärtigen Amts treten.
Nach Meldungen der Nachrichtenagentur dpa werden ab Mitte Juni Trips in die 26 EU-Partnerländer Deutschlands von der Reisewarnung befreit. Hinzu kommen mögliche Urlaube in Großbritannien, Island, Norwegen, Schweiz und Lichtenstein.
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Ein ausdrückliches Reiseverbot für diese Länder bedeutete die Reisewarnung der Bundesregierung zwar nicht, sie erlaubte Urlaubern aber die kostenlose Stornierung der für diesen Zeitraum gebuchten Urlaube. In der Folge cancelten Pauschalanbieter wie Tui, DER Touristik, FTI oder Alltours sämtliche Angebote bis Mitte Juni – und zum Teil sogar darüber hinaus.
Damit aber ist es voraussichtlich nach dem 14. Juni vorbei. „Wer wegen gesundheitlicher Bedenken seinen ab Mitte Juni geplanten Urlaub storniert, für den würden dann laut den üblichen AGBs wieder Stornokosten fällig“, erklärt Marija Linnhoff vom Verband Unabhängiger Selbstständiger Reisebüros (VUSR). Streitfälle seien dann womöglich vor Gericht zu klären.
Unzählige Rechtsstreitigkeiten erwartet
Schon jetzt erwartet etwa der Verbraucherschutzverband Brandenburg, dass dem geplanten Aus der weltweiten Reisewarnung unzählige Rechtsstreitigkeiten folgen. „Der Urlauber hat in einem solchen Fall zwar nicht mehr das Recht, kostenfrei zu stornieren“, sagt Sabine Fischer-Volk von der Reiserechtskanzlei Karimi, „er kann im Zweifel jedoch Reisemängel geltend machen“.
Und die fallen in diesem Sommer womöglich erheblich aus. So wird es die in vielen Katalogen versprochene Animation in den Hotelanlagen aus Hygienegründen kaum geben, das Strandleben ist vielerorts eingeschränkt, im schlimmsten Fall droht dem Urlauber sogar eine Quarantäne, falls es im Flugzeug einen Corona-Verdachtsfall gab.
Die Ansprüche an die Reiseveranstalter können in solchen Fällen umfangreich sein, erklärt die Brandenburger Reiserechtsexpertin: „Allein der Ausfall der zunächst versprochenen Kinderbetreuung mindert den Reisepreis unter Umständen um 30 bis 40 Prozent.“
Die Pauschalreiseveranstalter schreckt dies offenbar nicht auf. In einem internen Rundschreiben an deutsche Reisebüros teilte Tui mit: „Wir bauen auf das Verständnis unserer Kunden, dass wir zu diesen Leistungseinschränkungen, die in Verbindung mit den behördlichen Auflagen stehen, keine Preisnachlässe gewähren können.“ Die Agenturen ermahnte Deutschlands größter Pauschalanbieter dabei: „Bitte sehen Sie daher von Kulanzanfragen ab.“
Aktien legen zu
Worum es geht, machte Konzernchef Fritz Joussen schon am Wochenende klar. „Nach dem Ende der Reisewarnung Mitte Juni geht es jetzt darum, Reisen zu verkaufen“, kündigte der Tui-Chef gegenüber der „Rheinischen Post“ an. „Wir wollen Mitte/Ende Juni den Flugverkehr nach Mallorca wieder aufnehmen. Österreich, Griechenland, Zypern, Kroatien, Bulgarien sind ebenfalls sehr gut vorbereitet.“
Auch der Deutsche Reiseverband begrüßte die Ankündigung aus Berlin. „Reisehinweise erlauben differenzierte Einschätzungen und geben mehr Planungssicherheit für Reisende, egal ob geschäftlich oder privat“, ließ Verbandspräsident Norbert Fiebig twittern.
Nicht nur Tui profitierte an der Börse von der Ankündigung aus Berlin. Auch die Aktien von Easyjet lagen bis Dienstagmittag mit 19 Prozent im Plus. Um knapp neun Prozent legten die Werte des Onlineanbieters Holidaycheck zu, ebenso viel wie die Aktien des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport und des Billigfliegers Ryanair.
Selbst Europas größte Hotelkette Accor („Ibis“, „Mercure“, „Pullman“) gehörte zu den Gewinnern. Die Aktien des Pariser Konzerns legten zeitweise um mehr als sieben Prozent zu.
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