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Vonovia im Bilanzcheck Die Größe macht den Unterschied

Rolf Buch hat Vonovia in drei Jahren zum Top-Vermieter Europas gemacht. Inzwischen ist der Konzern sogar im Dax vertreten. Der Chef will weiter zukaufen – drei Kriterien hat er dafür. Häufig bleibt ihm nichts anderes übrig.
12.05.2016 - 12:36 Uhr Kommentieren
Der Konzern ist erst im Herbst in den Dax aufgestiegen und dort in diesem Jahr der zweitbeste Wert. Quelle: dpa
Vonovia-Firmenzentrale in Bochum

Der Konzern ist erst im Herbst in den Dax aufgestiegen und dort in diesem Jahr der zweitbeste Wert.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Zwei Jahre vom Börsenstart bis zum Dax: So rasant wie der im Juli 2013 noch unter dem Namen Deutsche Annington an die Börse gekommene Wohnungsriese Vonovia sind nicht viele Gesellschaften in den deutschen Aktienleitindex aufgestiegen. Als die Bochumer auf dem Frankfurter Parkett debütierten, vermieteten sie 180.000 Wohnungen. Am Jahresende 2015 waren es fast doppelt so viele. Das schnelle Wachstum verzerrt allerdings den Vergleich mit dem Vorjahr. Der Jahresüberschuss wurde auf 995 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Dasselbe gilt für andere, noch weit aussagekräftigere Kennzahlen. Ursache sind die 2015 integrierten Großakquisitionen der Unternehmen Gagfah und Süwedo mit zusammen 164.000 Wohnungen.

Wäre es nach Vonovia-Chef Rolf Buch gegangen, würde die Bilanz 2016 erneut von krassen Ergebnissprüngen geprägt. Doch die Aktionäre des 150.000 Wohnungen großen Konkurrenten Deutsche Wohnen haben dem expansiven Vonovia-Manager einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Eigner der Nummer zwei im Markt gaben ihre Aktien nicht her. Buch hat daraus seine Lehre gezogen: „Ich habe gelernt, dass feindliche Übernahmen in der deutschen Wohnungswirtschaft nicht möglich sind.“

Auch wenn die Jagd nach börsennotierten Vermietern vorläufig abgesagt ist, wird Vonovia weiter zukaufen, um sein Immobilienvermögen von aktuell 24,2 Milliarden Euro zu vergrößern. Buch hat eine klare Vorstellung davon, in welchem Revier er auf die Pirsch geht. Statistisch sind es jene 14 Prozent von 23,3 Millionen deutschen Wohnungen, die in der Hand professioneller privater Vermieter sind. Dahinter verbergen sich beispielsweise angelsächsische Finanzinvestoren mit ihren während des Immobilienbooms der Jahre 2004 bis 2007 landauf, landab zusammengekauften Portfolios. Auch so manche Kaufmannsfamilie hat über die Jahre eine vierstellige Zahl an Wohnungen erworben.

Buch hat drei Kriterien für Zukäufe aufgestellt. Der operative Gewinn muss steigen, der Nettovermögenswert je Aktie (NAV je Aktie) darf nicht sinken und die Verschuldung darf nicht das gute Rating „BBB+“ gefährden. Das Verhältnis von Nettoschulden zum Verkehrswert der Immobilien, in der Branche LTV (Loan to Value) abgekürzt, will Buch bei maximal 50 Prozent halten. Trotz der Zukäufe 2015 sank es von 49,7 auf 47,3 Prozent. Was Schulden betrifft, sind die Manager von Vonovia aufgrund der Erfahrung mit den Vorläufern Annington und die übernommene Gagfah gebrannte Kinder. Beide Gesellschaften wären von ihren Schulden fast zu Fall gebracht worden. Eine Vorschau auf das Jahr 2018, das Jahr, in dem nach Ansicht führender Ökonomen die Zinsen wieder steigen werden, lässt dennoch Böses ahnen. In dem Jahr werden bei Vonovia 4,6 Milliarden Euro, fast ein Viertel der aktuell 19,1 Milliarden Euro Schulden fällig. Gläubiger sind die Inhaber von mit Immobilien besicherten Anleihen, CMBS abgekürzt. Vonovia deutet die Lösung des Problems an: Die Anleihen könnten vorzeitig zurückgezahlt werden.

Wohnungen in ganz Deutschland

Ob sich die geplanten Wohnungskäufe auszahlen, ist nicht nur eine Finanzierungs-, sondern auch eine Standortfrage. Keine deutsche Wohnungsgesellschaft hat ein geografisch so breit gestreutes Portfolio wie Vonovia. Ihre Wohnungen sind quer über Deutschland auf 770 Kommunen in 16 Bundesländern – einschließlich 26 Wohnungen im Saarland – verteilt. Das ist Fluch und Segen zugleich. Denn Vonovia ist so theoretisch in der Lage, auch geografisch einem Flickenteppich gleichende Portfolios zu integrieren. Auf der anderen Seite muss Vonovia die Zahl der verwalteten Einheiten pro Standort steigern, damit sich die von Buch immer wieder beschworenen Skaleneffekte einstellen. Die auf Nordrhein-Westfalen (NRW) konzentrierte Wohnungsgesellschaft LEG und erst Recht die Deutsche Wohnen, die zwei Drittel ihres Bestandes in Berlin betreut, sind in diesem Punkt im Vorteil. Kritiker behaupten deshalb: Vonovia muss weiter kaufen! Oder verkaufen, etwa dort, wo die kritische Größe nicht erreicht wird.

Das geschieht hin und wieder, wie im Dezember 2015, als Vonovia 13.570 Wohnungen in NRW an die LEG veräußerte. Es werden nicht die letzten sein, denn die Bochumer werten es als Teilerfolg der gescheiterten Übernahme der Deutschen Wohnen, dass „die LEG eigenständig bleibt und somit auch in Zukunft ein wichtiger strategischer Partner für uns sein wird.“ Womit auch das Desinteresse der Bochumer an der LEG geklärt ist.

Sie würden schließlich bloß Teile ihres alten Bestandes zurückkaufen. Wenn aber Buch von Skaleneffekten spricht, hat er noch viel mehr Einkaufsvorteile im Blick. Je größer die Mengen, desto größer sind die Rabatte bei Händlern. Als Beispiel dafür nennt Buch immer wieder den Einkauf von Fenstern. Die bezieht Vonovia direkt beim rumänischen Hersteller und spart so die Marge des Importeurs. Dass die erwünschten Skaleneffekte eingetreten sind, lässt sich daran ermessen, dass das operative Ergebnis aus der Immobilienbewirtschaftung, branchenüblich ausgedrückt als Funds from Operations 1 (FFO 1), stärker gestiegen ist als die Mieteinnahmen. Der FFO 1, der keine Ergebnisse aus der Veräußerung berücksichtigt und eine der wesentlichen Kennzahlen für Immobilienunternehmen ist, kletterte auf 112 Prozent auf 608 Millionen Euro. Besondere Bedeutung kommt dem FFO 1 je Aktie von 1,30 Euro zu, denn er bestimmt die Ausschüttung.

Berichte über Mängel in Vonovia-Wohnungen

Vonovia hat sich verpflichtet, 70 Prozent des FFO 1 als Dividende auszuzahlen. In diesem Jahr wird die Quote bei angekündigten 0,94 Euro Dividende je Aktie sogar ein wenig höher sein. Neue Fenster, attraktivere Bäder, bessere Dämmung, effizientere Heizungen fallen unter Investitionen in Instandhaltung und Modernisierung. Dafür wendete Vonovia im vergangenen Jahr knapp 690 Millionen Euro auf, mehr als 30 Euro je Quadratmeter. Eine Zahl, mit der sich Buch gern schmückt. Einerseits, weil sie wesentlich höher ist als die der Konkurrenten Deutsche Wohnen und LEG. Andererseits steht sie für den Wandel von der kurzfristig die Ausschüttungen maximierenden Tochter eine Private-Equity-Gesellschaft zum langfristig an der Zufriedenheit seiner Kunden orientierten Wohnungsvermieter.

Mietervertreter sind vom Strategiewechsel noch nicht überzeugt. Immer wieder kommt es zu Berichten über Mängel in Vonovia-Wohnungen oder Kritik an Betriebskostenabrechnungen. Auch die Konkurrenz lästert: Dass die Ausgaben für Instandhaltung und Investitionen so hoch seien, liege am schlechten Zustand des Portfolios. Der hohe Instandsetzungsaufwand frisst auf jeden Fall nicht den zur Ausschüttung vorgesehenen Gewinn. Der AFFO je Aktie, der das operative Ergebnis (FFO I) nach Abzug der Instandhaltungsaufwendungen zeigt, ist mit 1,12 Euro deutlich höher als die angekündigte Dividende. Im FFO I bleibt außer den Verkaufserlösen auch das Ergebnis der Nebengeschäfte, von Vonovia „Extension“ genannt, außen vor. Die brachten 37,6 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Er kommt etwa aus der Verwaltung von Wohnungen für Dritte und Serviceleistungen für Mieter.

Das Geschäft will Buch weiter ausbauen. Eine Idee von vielen ist es, mit Pflegediensten zu kooperieren, die sich den alternden Mietern annehmen. Hinter dem „Extension“-Aufbau stecken zwei Erkenntnisse: Die Skaleneffekte werden im Laufe der Jahre kleiner werden und die Mietsteigerungen sinken in einem Konzern, der nicht nur in Ballungszentren vermietet, ohnehin nicht üppig aus. Die Monatsmiete pro Quadratmeter kletterte 2015 im Vonovia-Schnitt um drei Prozent auf 5,75 Euro. Zudem weiß Buch, dass der Staat auch weiterhin die Mieten deckeln wird, wo sie zu explodieren drohen.

„Stabiler, nachhaltiger Cashflow und attraktive Ausschüttungsquote“, lautet das Versprechen, das Vonovia seinen weit überwiegend institutionellen Aktionären gibt. Die Stabilität kommt nicht von ungefähr. „Wohnen müssen die Menschen immer“, lautet ein Spruch in der Immobilienbranche. Deswegen gelten Wohnungsgesellschaften als wenig konjunkturanfällig und zwar umso weniger, wenn sie wie Vonovia an Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen vermieten. Die großen Vermögensverwalter überzeugt das Geschäftsmodell, nach dem auch Konkurrenten arbeiten, wie die Kursgewinne zeigen. Für Pensionsfonds sind Wohnungsvermieter-Aktien quasi ein Ersatz für die inzwischen wenig rentierlichen Staatsanleihen.

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