Chinesische Solarindustrie Macht der aufgehenden Sonne

Chinas Konzerne bauen weiter gigantische Kapazitäten auf.
Peking/Düsseldorf Pro Stunde 30.000 Passagiere, 24 Gleise, 32 Hektar: Der Pekinger Südbahnhof ist ein Drehkreuz der Superlative. Der gigantische Gebäudekomplex steht für den Aufbruch des einstigen Entwicklungslandes in eine moderne Zukunft. Die Abfahrtshalle soll mit ihrem ovalen Glasdach mit 3 246 Solarzellen für neuen Transport und für den Aufbruch in ein neues Energiezeitalter stehen.
Zur Einweihungsfeier 2008 wurden die Ambitionen international noch belächelt. Mittlerweile ist China aber nicht nur zum größten Produzenten in der globalen Solarindustrie aufgestiegen, sondern ist auch der größte Abnehmer von Modulen. Der einst größte Klimasünder will sich zu einem grünen Vorreiter mausern.
Im vergangenen Jahr hat China Deutschland als größte Solarnation abgelöst. Doch das ist erst der Anfang. Bis zum Jahr 2020 will Peking die Solarkapazitäten auf 143 Gigawatt mehr als verdreifachen. Zum Vergleich: Ein Gigawatt reicht aus, um etwa 350 Haushalte in Peking ein Jahr mit Strom zu versorgen. Und allein im vergangenen Jahr kamen 15 Gigawatt hinzu.
Für dieses Jahr strebt die nationale Energiebehörde NEA ein Ziel von 18,1 Gigawatt neuinstallierten Kapazitäten an. Obwohl Kohle nach wie vor der wichtigste Energielieferant in China ist, steuern Sonne und Wind bereits vier Prozent zum Energiemix bei.
Der Weg dahin war nicht einfach. In staatskapitalistischer Manier rief Peking das Land zum Aufbau einer Solarindustrie auf. Die Provinzregierungen züchteten Dutzende lokalen Firmen. Es wurde produziert ohne Rücksicht auf Effizienz oder Nachfrage. Was folgte waren Überkapazitäten und ein Sterben vieler Firmen.
Doch das hat sich geändert. Mit Yingli Green Energy stand eine der größten Firmen der Branche mit fast 15.000 Mitarbeitern zwischenzeitig vor dem Bankrott. Aber der Konzern erholt sich. Im ersten Quartal dieses Jahres konnte Chairman Miao Liansheng zum ersten Mal seit fünf Jahren einen Profit bekanntgeben.
Chinas Sonnenkönig Gao Jifan ist schon länger in der Gewinnzone. Der Chef von Trina Solar, dem weltgrößten Solarunternehmen, strotzt nur so vor Selbstbewusstsein. Chinas Solarboom sei erst am Anfang, meint er: „Chinas Solarkapazitäten werden bis zum Jahr 2030 vermutlich auf 400 Gigawatt steigen.“ Im ersten Quartal 2016 konnte er mit Trina den Nettogewinn auf rund 27 Millionen Dollar verdoppeln.
Die schwierigste Phase in China sei überwunden, glaubt Han Wenke, Direktor des chinesischen Energy Research Institute (ERI). „Der künftige Energiemix wird nicht fossil sein. Schmutzige und ozonschädliche Energiequellen werden in den nächsten 50 bis 100 Jahren auslaufen“, sagte Han. China sei ein Vorreiter beim Aufbau einer neuen Energieversorgung.
Einen neuen Schub für einen grünen Wandel erwartet Han im kommenden Jahr. Dann will China Europa und den USA vormachen, wie Emissionshandel geht. Das Prinzip ist einfach: Wenn eine Firma Treibhausgase in die Luft schleudert, muss sie dafür mit Emissionszertifikaten zahlen, die auf den Energiebörsen gehandelt werden. Das sollte schmutzige Energiequellen unattraktiv machen und neue Anreize für regenerative Energiequellen und Atomstrom schaffen, vermutet Han.
Je schneller die Nachfrage wächst, desto billiger können die Hersteller ihre Produkte anbieten. Seit Jahresanfang 2015 konnten die weltweit führenden Hersteller ihre Produktionskosten um bis zu 13 Prozent reduzieren. Besonders erfolgreich sind dabei asiatische Hersteller.
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