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Energie

Energie Trotz Rekordölpreisen: Big Oil geht auf Sparkurs

Trotz Milliardengewinnen zeigen sich die Ölkonzerne bei Investitionen zurückhaltend. Aber die Sparsamkeit dürfte nur von kurzer Dauer sein. 
04.11.2021 - 00:00 Uhr Kommentieren
Milliardenkonzerne auf Sparflamme.  Quelle: dpa
Rohstoffpreise

Milliardenkonzerne auf Sparflamme. 

(Foto: dpa)

Düsseldorf, Zürich Nachdem die großen Ölkonzerne 2020 das schlimmste Jahr ihrer Geschichte erlebt haben, werden die Gewinnmaschinen in diesem Jahr ihrem Spitznamen wieder gerecht. Wo aufgrund der weltweiten Coronakrise zum gleichen Zeitpunkt im November des Vorjahres noch ein Minus von über 35 Milliarden stand, machen die fünf sogenannten Supermajors Exxon Mobil, Chevron, Shell, BP und Total Energies jetzt schon wieder 53 Milliarden Dollar Profit. 

Obwohl das Ende des Ölzeitalters von den fossilen Riesen mitunter selbst eingeläutet wurde, stehen die Zeichen erst mal auf Grau anstatt Grün. Kein Wunder: An den hohen Energiepreisen verdienen die Milliardenkonzerne kräftig.

Seit Anfang Januar ist der Rohölpreis um 60 Prozent gestiegen. Brent-Öl, der Referenzpreis für die europäischen Konzerne, notiert um die Marke von 83 Dollar pro Barrel. Anfang Oktober waren die Ölpreise auf mehrjährige Höchststände geklettert, weil Gas und Kohle in China und Europa zunehmend knapp wurden. Kraftwerke vor allem in Asien verfeuerten daher Öl für die Stromproduktion. Zusammen mit der gestiegenen Nachfrage aus dem Flugverkehr sorgte das sogar für einen Engpass am Ölmarkt. Es müsse aktuell deutlich mehr in den Ausbau der Ölförderung investiert werden, allen Klimaschutzansprüchen zum Trotz, warnte gar der Chef des saudi-arabischen Ölriesen Saudi Aramco. 

Während die westlichen Ölkonzerne den Strategieschwenk hin zu Erneuerbaren angekündigt haben, weitet Aramco die Exploration aus. Tatsächlich geben Shell, BP, Chevron, Exxon und Total Energies in den ersten neun Monaten 2021 deutlich weniger für ihre Explorationsvorhaben aus als noch vor einem Jahr. 

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Obwohl der operative Cashflow durch die massiv gestiegenen Rohstoffpreise bei allen fünf großen Ölkonzernen in diesem Jahr einen Sprung nach oben macht, zeigen sie sich bei den Investitionsausgaben recht verhalten. Im Vergleich zu 2019, also dem Jahr vor der Pandemie, sinken die Gesamtausgaben in den ersten neun Monaten sogar zwischen vier und zehn Milliarden Dollar. Im Gegensatz zu den guten alten Zeiten, in denen steigende Ölpreise die Geldbörsen lockerten, scheinen die Schwergewichte diesmal Ausgabendisziplin zu wahren. 

Ölgewinne sollen in grüne Projekte fließen

Ende der 2000er-Jahre löste eine Rohstoffrally mit Ölpreisen von über 140 Dollar pro Barrel noch eine Welle von Investitionen aus, unter anderem in riesige, komplexe Tiefsee-Ölfelder, gigantische Gasverflüssigungsanlagen und einen Schieferbohrboom in den USA, der die Erdölwelt auf den Kopf stellte. Nachdem 2014 erst die Ölpreiskrise bei den gewinnverwöhnten Konzernen für einen ordentlichen Hausputz gesorgt hat, scheint das coronabedingte Nachfragetief bei den europäischen Multis den Schwenk hin zu alternativen Energieformen zu beschleunigen. 

„Höhere Ölpreise ermöglichen es uns, mehr Wert aus unseren bestehenden Geschäften zu schöpfen, was wiederum mehr Ressourcen für unsere Ausgaben für die Transformation im Einklang mit unserer Energiewende-Roadmap freisetzen wird“, hatte Josu Jon Imaz, CEO des spanischen Erdölkonzerns Repsol, vor wenigen Wochen erklärt.

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Auch BP will an seinem Plan festhalten, die Ölproduktion bis 2030 um 40 Prozent oder etwa eine Million Barrel pro Tag zu reduzieren, auch durch den Verkauf von Öl- und Gasanlagen. „Starke Ölpreise sind sehr positiv für unsere Strategie“, sagte BP-CEO Bernard Looney. 

Aber der Schein trügt, und die Sparsamkeit von Big Oil dürfte nur von kurzer Dauer sein. Experten rechnen damit, dass die Investitionsausgaben schon im nächsten Jahr wieder steigen. Dann nämlich, wenn die Unternehmen sich vollständig von der Pandemie erholt haben und Nachfrage und Preise immer noch hoch sind. Ob die Investitionen dann in neue Öl- und Gasprojekte fließen oder doch zunehmend in erneuerbare Energien, bleibt abzuwarten. Zwar gelobten alle Supermajors, deutlich mehr in Wind, Solar und Bioenergie zu investieren. Ein Großteil ihres Kapitals stecken sie aber heute noch in das Geschäft mit fossilen Energien. 

Und die meisten planen auch in den nächsten sieben Jahren noch die Entwicklung neuer Erdölreserven. Das ist das Ergebnis einer neuen Datenbank, die rund 887 Öl- und Gaskonzerne, und damit knapp 95 Prozent der gesamten Branche, und ihre Ausgaben und Investitionspläne analysiert. Erstellt wurde sie von Urgewald in Zusammenarbeit mit über 20 weiteren Nichtregierungsorganisationen. Die Ergebnisse sind ernüchternd. „Unsere Zahlen belegen, dass Öl- und Gasfirmen weiterhin auf Expansionskurs sind, obwohl unser Treibhausgas-Budget es nicht erlaubt“, sagt Nils Bartsch, Öl- und Gasexperte bei Urgewald.

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Allein in den vergangenen drei Jahren wurden insgesamt 168 Milliarden US-Dollar für die Exploration neuer Öl- und Gasfelder ausgegeben. Mehr als die Hälfte des Betrags ist auf nur 16 Unternehmen zurückzuführen. Unter ihnen befinden sich auch Shell, BP, Total, Exxon Mobil und Chevron. 

Aktuell haben allein diese fünf Unternehmen Projekte mit einem potenziellen Volumen von knapp 23 Milliarden Barrel Öläquivalent in Planung. Dabei müsse die Entwicklung neuer Öl- und Gasreserven sofort beendet werden, fordert Bartsch. Ähnlich hatte sich auch die Internationale Energieagentur im Sommer geäußert. „Wir brauchen klare Enddaten für die Förderung von fossilen Brennstoffen.“ 

Die Ölmultis machen derweil allen Versprechungen zum Trotz noch immer knapp 90 Prozent ihres Umsatzes mit der Förderung, der Produktion und dem Verkauf von Öl und Gas. Und das wird sich auch auf absehbare Zeit nicht ändern. Mit einer Ölknappheit ist auf lange Sicht also kaum zu rechnen.

Rohöl bleibt vorerst knapp

Aber auch wenn die neu entdeckte Kostendisziplin keiner grünen Wende gleichkommt, so sorgt sie doch zumindest kurzfristig für ein Angebotstief. Die Ölkonzerne in den USA und Europa können die hohe Nachfrage so aktuell nämlich nicht füllen. Die US-Schieferölproduzenten fahren ihre Bohrtätigkeit nach der Pandemie nur langsam wieder hoch. Die Zahl der aktiven Bohrungen liegt Daten des Ölausrüsters Baker Hughes zufolge weiterhin deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Das liegt auch daran, dass die schuldengeplagten US-Schieferölproduzenten ihren Investoren versprochen haben, ihre Ausgaben im Jahr 2021 unter Kontrolle zu halten.

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Viele Großbanken haben ihre Ölpreisprognosen zuletzt deutlich angehoben. Die Bank of America (BofA) erwartet etwa, dass der Preis für Brent-Öl in den kommenden sechs Monaten auf bis zu 120 Dollar springt, bevor sich die Märkte wieder beruhigen. „Wir erwarten, dass die Verschiebung von Gas zu Öl die Nachfrage nach Öl in den Wintermonaten deutlich erhöht“, schreiben die BofA-Analysten in einer aktuellen Studie. Zudem öffnen die USA ihren Luftraum für geimpfte Reisende, was die Ölnachfrage weiter steigen lasse.  

Gleichzeitig hält die Allianz der staatlichen Ölexporteure, Opec plus, das Angebot künstlich knapp. Warren Patterson, Rohstoffexperte der ING Bank erwartet, dass die Opec-plus-Staaten um Saudi-Arabien und Russland bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag die Ölförderung um moderate 400.000 Barrel pro Tag erhöhen wollen. „Momentan sieht es so aus, als ob die Gruppe dem Druck widersteht, die Ölproduktion aggressiver auszuweiten“, so Patterson. In den vergangenen Tagen hatte unter anderem die US-Regierung die Opec-plus-Allianz aufgefordert, mehr Öl zu pumpen. 

Auf dem Papier verfügt der Opec-plus-Verbund noch über gewaltige Reservekapazitäten. Die Allianz produziert derzeit durchschnittlich fünf Millionen Barrel pro Tag weniger als im Herbst 2018. Doch immer mehr Marktteilnehmer haben Zweifel, dass die Opec-Staaten tatsächlich in der Lage wären, die Produktion stark auszuweiten. 

Vor allem die Ölbranche in Nigeria, Angola und dem Kongo leide unter chronischem Investitionsmangel, so die BofA-Experten. Auch Russland hat in den vergangenen Monaten weniger Öl produziert, als es der geltende Opec-plus-Deal erlaubt hätte. Kurzfristig bleibt die Versorgungslage also angespannt. 

Mehr: Ölkonzerne pflanzen Bäume zur CO2-Kompensation: Gut fürs Klima – oder Greenwashing?

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