Energiewirtschaft Neuer Spieler bei Windenergie: Enercon und EWE bündeln ihre Kräfte

Mitarbeiter von Enercon demontieren eine Rotornabe bei Wartungsarbeiten auf einem Feld in der Region Hannover. Das Unternehmen gründet jetzt ein Joint Venture mit EWE.
Düsseldorf Enercon und EWE gehören in Deutschland zu Pionieren beim Geschäft mit Windenergie. Jetzt bündeln die beiden Unternehmen ihre Kräfte – und haben gleich ehrgeizige Ziele: In den kommenden Jahren wollen sie zu einem der größten Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Quellen in Deutschland und Frankreich aufsteigen und auch international expandieren.
Die Aloys Wobben Stiftung (AWS), Alleingesellschafterin des Auricher Windenergieanlagenherstellers Enercon, und der Oldenburger Regionalversorger EWE gründen ein Gemeinschaftsunternehmen zum Ausbau der Windenergie an Land. Nachdem die beiden Partner im Frühjahr bereits eine Absichtserklärung veröffentlicht hatten, unterzeichneten sie am Dienstag nun eine Gesellschafter- und Investitionsvereinbarung.
Beide Seiten wollen je 50 Prozent der Anteile halten. Enercon und EWE bringen sowohl ihre bestehenden Windparks als auch ihre Projekte für weitere Onshore-Anlagen in das künftige Gemeinschaftsunternehmen ein. Bis 2030 sind Investitionen mit einem Gesamtvolumen von rund vier Milliarden Euro geplant.
Sitz der Gesellschaft soll Aurich sein. Geplant ist jedoch, dass die rund 200 Mitarbeiter in den Kernmärkten dezentral an mehreren Standorten, darunter Oldenburg, arbeiten. Mit dem Abschluss der Transaktion rechnen die beiden Unternehmen für das Frühjahr 2021.
Das Joint Venture wird mit Bestandsanlagen mit einer jährlichen Leistung von rund 2300 Megawatt (MW) starten und über eine Projektpipeline von mehr als 9400 MW verfügen. Es sieht sich damit als „Marktführer im Bereich Onshore Wind in Deutschland“.
Ziel sei es, mehr als 200 Megawatt Zubau jährlich zu realisieren und den Bestand auf bis zu fünf Gigawatt im Jahr 2030 zu steigern. Die unternehmerische Führung liegt bei EWE, den Vorsitz des Aufsichtsrats stellt die Aloys Wobben Stiftung.

Heiko Janssen (links), Vorstandsvorsitzender der Aloys Wobben Stiftung, und EWE-Chef Stefan Dohler haben nach langen Verhandlungen eine Gesellschafter- und Investitionsvereinbarung unterzeichnet
Gemeinsam wolle man einen „neuen starken Akteur im Erneuerbaren-Sektor“ schaffen, sagte Heiko Janssen, Vorstandsvorsitzender der Aloys Wobben Stiftung. Das Gemeinschaftsunternehmen gründe auf einem Bestand, der zu den größten der Branche zähle, und einem soliden Fundament „aus erstklassiger Expertise und jahrzehntelanger Erfahrung in beiden Häusern“.
„Wir haben in den vergangenen Monaten die Grundlagen für ein gemeinsames Unternehmen geschaffen, das ein entscheidender Akteur beim dringend nötigen Ausbau der Windenergieerzeugung in Deutschland und Europa sein wird“, sagte EWE-Chef Stefan Dohler: „Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien sektorenübergreifend, signifikant und dauerhaft erhöhen, weil der nachhaltige Umbau unserer Gesellschaft und ein klimaneutrales Europa ohne ausreichend grünen Strom nur ein frommer Wunsch bleibt.“
AWS und EWE hatten ihre Pläne für eine Zusammenarbeit Ende April öffentlich gemacht und angekündigt, wesentliche Eckpunkte bis Jahresende klären und vertraglich fixieren zu wollen. EWE gehört zu den größten Regionalversorgern in Deutschland und hat sich als eines der ersten Unternehmen hierzulande beim Bau von Offshore-Windparks engagiert. Der Versorger beteiligte sich 2010 neben den Energiekonzernen Eon und Vattenfall am ersten deutschen Offshore-Windpark Alpha Ventus.
Enercon war in die Verlustzone gerutscht
Vor Kurzem beschloss EWE aber, sich auf den Bau von Windenergieanlagen an Land zu konzentrieren, und verkaufte die Projektentwicklungstochter für Offshore-Windparks an eine Tochter des französischen Baukonzerns Vinci. Vorstandschef Dohler will die Investitionen des Unternehmens auf Onshore-Windanlagen konzentrieren, aber auch auf den Glasfaserausbau und Wasserstoff.
Der ostfriesische Turbinenhersteller Enercon ist seit 35 Jahren in der Windbranche aktiv, war aber zuletzt in Schwierigkeiten geraten. Das Unternehmen hatte sich zu lange auf den deutschen Heimatmarkt verlassen, der in den vergangenen Jahren immer schwieriger wurde, weil die Förderung gedrosselt wurde. 2018 schrieb das Unternehmen zum ersten Mal in seiner Geschichte rote Zahlen, hatte einen Verlust von 200 Millionen Euro Verlust verbucht und musste einen harten Sanierungskurs einschlagen.
Dabei hat sich der Eigentümer AWS entschieden, den Betrieb und die Entwicklung von Windparks in das Joint Venture mit EWE auszulagern. Enercon selbst kann sich dann künftig im Wesentlichen auf die Kernkompetenzen in den Bereichen Entwicklung und Bau sowie Vertrieb und Service von Windenergieanlagen konzentrieren, wie AWS-Vorsitzender Janssen im Frühjahr betont hatte.
Mehr: EWE plant ersten unterirdischen Wasserstoffspeicher Deutschlands.
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