Energiewirtschaft Überraschender Abschied: Frank Mastiaux hört bei EnBW auf

„Im Ergebnis bin ich dazu gekommen, dass ich im Rahmen meiner ganz persönlichen Lebensplanung ein anderes Kapitel aufschlagen will.“
Düsseldorf, Stuttgart Die Nachricht war so überraschend, dass der Energiekonzern EnBW sie am Donnerstagabend per Ad-hoc-Mitteilung verbreiten musste: Vorstandschef Frank Mastiaux hört auf. Der 57-jährige wird seinen Vertrag, der im September 2022 endet, nicht noch einmal verlängern. Nach dann zehn Jahren an der Spitze der EnBW ist Schluss.
Und weil auch kaum ein Mitarbeiter mit der Nachricht gerechnet hatte, sah sich der Vorstandschef am Freitagmorgen zu einer Videobotschaft an die Belegschaft veranlasst, die dem Handelsblatt vorliegt: „Ich habe mich entschieden, mein Amt im September 2022, also in 15 Monaten, in neue Hände zu legen“, sagte Mastiaux.
Er habe sich frühzeitig Gedanken gemacht, wie es nach diesem Vertrag weitergehen solle. „Im Ergebnis bin ich dazu gekommen, dass ich im Rahmen meiner ganz persönlichen Lebensplanung ein anderes Kapitel aufschlagen will und mich neuen Dingen zuwenden will, in denen ich was lernen kann und bei denen ich einen Beitrag leisten kann“, erklärte Mastiaux.
Tatsächlich ist es nach Informationen aus Kreisen des Konzerns Mastiaux' persönliche Entscheidung. Der promovierte Chemiker hätte verlängern können und im Aufsichtsrat sei eigentlich auch damit gerechnet worden, heißt es. Man habe deshalb frühzeitig Klarheit schaffen wollen.
EnBW hat Atom- und Kohleausstieg gemeistert
Seit seinem Amtsantritt 2012 hat es der ehemalige Manager von BP und Eon schließlich geschafft, die EnBW trotz Atom- und Kohleausstieg zukunftsfähig zu machen. Mastiaux hatte dem Energiekonzern schon 2013 eine klare Fokussierung auf die Energiewende vorgegeben. Inzwischen ist das Unternehmen einer der größten Investoren in Offshore-Windparks und sieht sich beispielsweise als Marktführer beim Betrieb von Ladesäulen für Elektroautos.
In der neuen Strategie EnBW 2025 hat der Konzern den Betrieb kritischer Infrastruktur als Kernkompetenz identifiziert – auch über den Energiemarkt hinaus. Dazu will das Unternehmen die Aktivitäten bei erneuerbaren Energien, Stromnetzen, Elektromobilität sowie Telekommunikation ausbauen und neue Geschäfte aufbauen. Dafür sind Investitionen von zwölf Milliarden Euro vorgesehen.
„Unter der Führung von Frank Mastiaux hat die EnBW einen sehr schwierigen Umbau erfolgreich und beispielhaft umgesetzt und sich gleichzeitig neue vielversprechende Zukunftsperspektiven eröffnet“, sagte Aufsichtsratschef Lutz Feldmann. Der Aufsichtsrat bedauere deshalb die Entscheidung von Mastiaux sehr. „Wir werden den Prozess der Nachfolge zeitnah auf den Weg bringen, wofür ausreichend Zeit gegeben ist“, sagte Feldmann.
Mastiaux hat beide Großaktionäre hinter sich
Seine Vorgänger Utz Claassen und Hans-Peter Villis waren jeweils nur eine Periode im Amt. Mastiaux hatte aber beide großen Aktionärsgruppen hinter sich, den Zweckverband oberschwäbischer Kommunen und das Land Baden-Württemberg, das während Mastiaux' Amtszeit vom grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann geführt wird.
„Mit großem Bedauern habe ich die Ankündigung von Herrn Mastiaux zur Kenntnis genommen“, sagte Kretschmann. „Unter seiner Führung ist es sehr erfolgreich gelungen, die EnBW mit einer nachhaltigen Unternehmensstrategie vielversprechend neu auszurichten und die Energiewende zu einem strategisch wichtigen Zukunftsthema zu machen.“ Daher bedauere der Ministerpräsident dessen Entscheidung sehr, respektiere sie aber.
Mastiaux betonte in der Videobotschaft, dass er noch nicht wisse, was er als Nächstes machen wolle. Und wie es in Konzernkreisen heißt, gibt es auch noch kein konkretes Angebot. Nach zehn Jahren sei Mastiaux ein weiterer Fünf-Jahres-Vertrag zu lange gewesen, die Neuausrichtung in seinen Augen gelungen – und er wolle auch dem Privatleben mehr Raum geben.
Gegenüber den Mitarbeitern stellte Mastiaux aber klar, dass er seinen Vertrag bis zum letzten Tag erfüllen will: „Das ist kein Farewell, sondern eine Information für Sie.“
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