Jahreszahlen Eon-Chef Teyssen verabschiedet sich mit Ergebnisplus und löst die Probleme in Großbritannien

2021 peilt der Konzern ein bereinigtes Ebit von 3,8 bis 4,0 Milliarden Euro an.
Düsseldorf Ende des Monats übergibt Johannes Teyssen den Vorstandsvorsitz von Eon an Leonhard Birnbaum – und verabschiedet sich mit einer soliden Bilanz: Operativ ist der Gewinn deutlich gestiegen, soll in diesem Jahr weiter klettern – und sogar der größte Problemfall, die britische Vertriebstochter, scheint gelöst.
„Eon ist wetterfest“, sagte Teyssen bei der Präsentation der Bilanz. Und gab seinem Nachfolger Birnbaum als Auftrag mit: „Jetzt gilt es, den Märkten die Stärke des neuen Konzerns zu vermitteln und neue Chancen entschlossen zu nutzen.“ Birnbaum sagte: „Unsere Kernthemen sind klar. Wachstum, Nachhaltigkeit und Digitalisierung.“ Und erklärte: „Eon, davon bin ich fest überzeugt, hat nicht nur das Zeug dazu, sondern geradezu eine Verpflichtung, hier eine führende Rolle zu übernehmen.“
Trotz der Corona-Pandemie kletterte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im vergangenen Jahr um 17 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Für 2021 wird es in einer Bandbreite von 3,8 bis 4,0 Milliarden Euro erwartet. Dazu soll dann auch die britische Vertriebstochter 100 Millionen Pfund beitragen. Eon hatte bei der Übernahme von Innogy 2019 das chronisch verlustreiche Geschäft von Innogy in Großbritannien übernommen, noch 2019 einen Verlust von 200 Millionen Pfund verbucht und die Tochter unmittelbar einer harten Sanierung unterzogen.
Der um Sondereffekte bereinigte Überschuss stieg um sieben Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Er soll 2021 auf 1,7 bis 1,9 Milliarden Euro steigen. Inklusive aller Sondereffekte verringerte sich der Überschuss aber um 34 Prozent auf rund eine Milliarde Euro – unter anderem wegen Wertberichtigungen in Großbritannien und Kosten für die Integration von Innogy.
Die Aktionäre erhalten für 2021 eine Dividende von 47 Cent, einen Cent mehr als im Vorjahr. Bis 2023 soll die Dividende dann jährlich um bis zu fünf Prozent wachsen.
Nach Angaben der Analysten von Bernstein Research waren die Ergebnisse für 2020 weitgehend im Rahmen der Erwartungen und der Ausblick leicht besser. Die Fortschritte in Großbritannien seien gut, hieß es. Die Aktie gab zum Handelsauftakt nach, drehte dann aber deutlich ins Plus.
Teyssen legte am Mittwoch zum letzten Mal seine Bilanz vor, nach mehr als drei Jahrzehnten im Konzern und fast elf Jahren an der Spitze. In seine Amtszeit als Konzernchef fielen die Reaktorkatastrophe von Fukushima, der endgültige Beschluss zum Atomausstieg und im vergangenen Jahr zum Kohleausstieg.
Schulden sind noch sehr hoch
Teyssen musste mit milliardenschweren Abschreibungen und hohen Verlusten kämpfen und baute den Konzern gleich zweimal radikal um. 2016 stieß er zuerst die Kohle- und Gaskraftwerke in das neue Unternehmen Uniper ab. 2019 übernahm Eon dann von RWE die Tochter Innogy, gab im Gegenzug aber unter anderem die erneuerbaren Energien von Innogy und die eigenen ab. Eon ist seither auf Netz und Vertrieb konzentriert.

Johannes Teyssen hat Eon fast elf Jahre lang geführt. Ende des Monats verlässt er den Energiekonzern.
Teyssen betonte, dass er vor der Übergabe an seinen Nachfolger Birnbaum „alle wesentlichen unternehmerischen Herausforderungen“ abgearbeitet habe, damit der sich jetzt auf Wachstum konzentrieren könne. So habe Eon die Auflagen, die die EU-Kommission bei der Übernahme von Innogy gemacht hatte, umgesetzt, und Innogy integriert. Die geplanten Synergieziele – bis 2024 sollen dauerhafte Einsparungen von 780 Millionen Euro pro Jahr gemacht werden – würden erreicht. Ende 2020 habe Eon schon 130 Millionen Euro realisiert.
Gleichzeitig sei der Ausstieg aus der Kernenergie weitgehend abgeschlossen und auch die Verschuldung habe Eon im Griff. Zwar stiegen die Nettoschulden im vergangenen Jahr um fünf Prozent auf 40,7 Milliarden Euro. Eon habe aber bereits im vierten Quartal Fortschritte erzielt und 1,4 Milliarden Euro an Schulden abgebaut – unter anderem dank eines starken operativen Cashflows. Der Verschuldungsfaktor, der das Verhältnis von Nettoschulden zum Ebitda misst, soll von aktuell 5,9 auf 4,8 bis 5,2 „spürbar“ sinken. Das Ziel wird Eon nach Teyssens Worten „sicher“ im nächsten Jahr erreichen, eventuell „sogar schon in diesem Jahr“.
Besonders wichtig für Birnbaum dürfte sein, dass Eon nach Teyssens Worten in Großbritannien den „Turnaround“ geschafft hat. Eon hatte dort bei der Übernahme von Innogy ein großes Problem übernommen. Die britische Vertriebstochter, wie die damalige Tochter von Eon eine der größten des Landes, war schwer angeschlagen. Der britische Markt ist besonders umkämpft und die Versorger stehen wegen harter Vorgaben der Regulierungsbehörde unter Druck. Während Eons Tochter die Probleme einigermaßen im Griff hatte, häufte die Innogy-Tochter N-Power regelmäßig Verluste an – unter anderem wegen einer veralteten IT.
Teyssen griff aber unmittelbar nach der Übernahme von Innogy im Herbst 2019 durch. Schon im vergangenen Jahr wurden 90 Prozent der N-Power-Kunden auf eine neue digitale Kundenplattform übertragen, die die Kosten senken und den Kundenservice verbessern soll. Bis Ende 2022 sollen dann auch die bisherigen Eon-Kunden auf der neuen Plattform integriert werden. Das Ergebnisplus von 100 Millionen Pfund hatte Eon eigentlich erst 2022 erwartet. Den Turnaround in zwei Jahren zu schaffen sei „eine ganz steile Leistung“, sagte Teyssen: „Darauf sind wir unverschämt stolz.“
Die Eon-Aktie kommt nicht in Schwung
Der 54-jährige Birnbaum, der im Vorstand die Integration von Innogy verantwortet hat, kann solche Nachrichten gebrauchen. Die Aktionäre sehen die Übernahme und die neue Strategie von Eon, sich auf Vertrieb und Netze zu konzentrieren, bislang skeptisch.
Während sich der Aktienkurs von RWE seit Bekanntgabe der Transaktion vor drei Jahren fast verdreifacht hat, dümpelt der Kurs von Eon noch etwa auf dem Niveau von damals – rund neun Euro – herum.

Leonhard Birnbaum übernimmt am 1. April die Führung von Eon.
Birnbaum verspricht aber „ungeahnte Investitionsmöglichkeiten“ durch die deutsche und europäische Energiewende. „Jedes neue Elektroauto, jede Wärmepumpe, jedes Windrad und jede Solaranlage muss ans Stromnetz angeschlossen werden – und 95 Prozent davon ans Verteilnetz“, sagte Birnbaum und will mit den 1,5 Millionen Kilometern an Strom- und Gasleitungen, die der Konzern seit der Übernahme von Innogy besitzt, kräftig mitverdienen. „Neben der Elektrifizierung durch Wärmepumpen haben auch grünes Gas und grüner Wasserstoff das Zeug, die Wärmewende ökologisch und sozialverträglich voranzubringen. Unsere Netze sind bereit, sie zum Kunden zu bringen!“
Weiteres Wachstumspotenzial ergebe sich zudem durch den Green Deal der EU-Kommission. Eon habe rund 200 konkrete Projekte in seinen Märkten identifiziert, etwa in den Bereichen intelligenter und digitalisierter Netze, Breitband, Wasserstoff und dekarbonisierte Fernwärme.
Wie Finanzvorstand Marc Spieker erklärte, soll das Ebit schon zwischen 2021 und 2023 um acht bis zehn Prozent wachsen. „Unser starkes operatives Geschäft ist die Basis für unsere verlässliche Dividendenpolitik“, sagte Spieker.
Mehr: Interview Eon-Chef Teyssen: „Die kommerziell genutzte Kernkraft hat sich erledigt“
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