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Energie

Klimawandel Der Ölindustrie könnte ein milliardenschwerer Klimaschock drohen

Die Branche setzt auch für die Zukunft massiv auf fossile Energien. Das Analysehaus Carbon Tracker warnt vor einer zu späten Wende – zum Schaden der Anleger.  
31.01.2020 - 00:02 Uhr 1 Kommentar
Der Ölindustrie könnte ein milliardenschwerer Klimaschock drohen Quelle: dpa
Ölindustrie

Londoner Finanzmarktexperten warnen die Branche vor einer verlustreichen Zukunft. 

(Foto: dpa)

Düsseldorf Damit die Ziele des Weltklimaabkommens von Paris eingehalten werden, müsste die CO2-intensive Ölbranche ihre Produktion eigentlich massiv drosseln. Und zwar nicht nur im Interesse der Umwelt, sondern auch, um die eigenen Aktionäre vor finanziellen Verlusten zu schützen. Stattdessen bauen die fossilen Riesen ihre Ölproduktion von Jahr zu Jahr weiter aus. Das könnte sich als Fehler erweisen. 

Machen Exxon Mobil, Shell, Chevron und Co. weiter wie bisher, drohen Verluste in Milliardenhöhe. Der Wert neu geplanter Ölprojekte könnte sich in den nächsten fünf Jahren halbieren. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des Londoner Analysehauses Carbon Tracker. 

Darin rechnen die Finanzmarktexperten ein Szenario durch, in dem die Weltgemeinschaft eine härtere Gesetzgebung in Sachen Klimaschutz vorgibt, um die Pariser Ziele doch noch zu erreichen. Grundlage ist das von den Vereinten Nationen entwickelte IPR-Szenario (Inevitable Policy Response). Die IPR geht davon aus, dass bis 2025 zwangsläufig eine harte Reaktion der Politik auf den Klimawandel erfolgen wird. 

„In den letzten Monaten hat sich eine große Dynamik in Sachen Klimaschutz entwickelt. Der Druck aus der Gesellschaft steigt, Erneuerbare werden immer günstiger und auch die Finanzbranche interessiert sich immer mehr für das Thema“, erklärt Andrew Grant, Autor der Studie. Je länger die Politik keine drastischen Maßnahmen ergreife, desto länger investiere die Ölindustrie in fossile Energien.

„Die Politik muss jetzt ein Signal senden, sonst kommt das Big Oil seine Anleger teuer zu stehen“, sagt der Experte. Carbon Tracker wurde 2009 von Finanzanalysten, Fondsmanagern und Energieexperten gegründet und ist spezialisiert auf Auswirkungen des Klimawandels auf die Finanzmärkte. 

Und genau deren Akteure machen den Ölkonzernen schon seit einem Jahr immer mehr Druck. Die Gruppe „ClimateAction 100+“, deren Mitglieder ein Vermögen von 33 Billionen Dollar in Fonds verwalten, setzen sich auf den Hauptversammlungen der Ölkonzerne immer öfter für eine klimafreundlichere Strategie der fossilen Giganten ein – und sie sind lange nicht die einzigen. 

Krisen haben große Auswirklungen

Erst vor kurzem verschickte Blackrock-Chef Larry Fink einen Brandbrief an die CEOs großer Konzerne und mahnte, „wir stehen vor einer fundamentalen Umgestaltung der Finanzwelt“.  Fink, bekennender Anhänger der demokratischen Partei, schreibt in seinem Brief, es werde angesichts der Klimarisiken früher als von den meisten erwartet zu einer erheblichen Umverteilung von Kapital kommen. Der 67-Jährige spricht von dem tiefsten Einschnitt in jenen 40 Jahren, in denen er in der Finanzbranche arbeitet.

Die Analysten von Carbon Tracker rechnen vor, dass die Ölkonzerne bei Investitionen in neue Projekte weder CO2-Preis, noch sonstige regulatorische Veränderungen mit einpreisen, die wirklichen Gefahren würden nicht berücksichtigt.

Grafik

„Das aber die kleinste unerwartete Veränderung Big Oil ins Wanken bringen kann, haben wir 2014 bis 2016 erlebt“, mahnt Grant. Damals war der Ölpreis aufgrund eines Überangebots zeitweise auf unter 30 Dollar eingebrochen und hatte die Branche in die größte Krise seit Jahrzehnten gestürzt. Milliarden an Investitionen wurden gekürzt, Beteiligungen verkauft und Tausende Stellen gestrichen.

In der gesamten Branche verloren mehr als 400.000 Beschäftigte ihren Job. „Und das war gerade mal ein Überangebot von knapp zwei Prozent. Das hat ausgereicht, um den Ölpreis kurzerhand zu halbieren“, sagt Grant. Die Studie solle aber nicht nur die Ölkonzerne für die Folgen einer abrupten CO2-armen Welt sensibilisieren. Der Politik solle vor Augen geführt werden, dass sie jetzt handeln muss, damit fossile Industrien besser planen können. 

„Klimaschutz ist ein Thema, das gerade auf die Ölbranche massive Auswirkungen hat“, sagt auch Ölmarktexpertin Cornelia Meyer. Zwar glaube sie nicht, dass in den kommenden Jahren insgesamt ein finanzielles Risiko für die großen Ölkonzerne besteht. „Ob die Investitionen der Multis in neue Projekte aber so wertvoll bleiben wie sie heute annehmen, bleibt abzuwarten.“

Erste Schritte sind gemacht 

Die Europäische Union hat mit ihrem Green Deal erst neulich ein großes Vorhaben auf den Tisch gelegt. Und das auch Länder außerhalb von Europa schnell handeln können, wenn es darauf ankommt, war gerade erst in China zu beobachten. 

China entschied 2018, kein gebrauchtes Plastik aus anderen Ländern mehr zu verarbeiten, um die eigene Umweltbilanz zu verbessern. Nun ging die Volksrepublik in ihrem Kampf gegen die Plastikflut noch einen Schritt weiter. Die Regierung verbot Plastiktüten in Supermärkten und den Einsatz von Einwegprodukten aus Kunststoff in Hotels und Restaurants – Besteck, Zahnbürsten oder Kämme zum Beispiel. Ein radikaler und unerwarteter Schritt, der die Planung der globalen Plastikindustrie hart treffen dürfte.

Für die Ölindustrie rechnet Carbon Tracker in seinem Szenario mit einem 20-prozentigen Preisverfall nach 2025. „Die Unternehmen, die in besonders kostspielige Projekte investieren, haben dabei das höchste Verlustrisiko“, erklärt Grant. Der Analyse nach haben von allen Ölriesen Exxon Mobil, Chevron und Conoco Phillips die risikoreichsten Projekte geplant. Exxon sei demnach bei einem Ölpreisverfall 40 Prozent anfälliger als der Durchschnitt der Branche. Das sei gegenüber den Investoren unverantwortlich. 

Die Autoren fordern zwar vor allem die Politik zum Handeln auf. Aber auch Ölkonzerne, Investoren und die Finanzbranche müssten sich auf die großen Veränderungen vorbereiten. „Einige Ölkonzerne investieren zwar mittlerweile auch in Erneuerbare Energien, aber gleichzeitig erhöhen sie von Jahr zu Jahr ihre Ölproduktion“, sagt Grant. Von einer wirklichen Wende könne also keine Rede sein. 

Mehr: Nach den Rekordzahlen im vergangenen Jahr muss Big Oil 2019 einen Dämpfer einstecken. Und das liegt dieses Mal nicht nur am Ölpreis.

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1 Kommentar zu "Klimawandel: Der Ölindustrie könnte ein milliardenschwerer Klimaschock drohen"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Den Schock hätte nicht nur die Ölindustrie zu verkraften.
    Ich denke eher Regierungen und Bevölkerungen die ihr gesamtes Daseinsmodell auf fossile Rohstoffe ausgerichtet haben, werden massiv betroffen sein. Die Zeit ist einfach zu kurz um in dieser Größenordnung irgendwelche Änderungen zu erzwingen.
    Wir werden wohl eher lernen müssen damit zu leben, als das noch irgendetwas verhindert werden könnte.

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