Mineralölkonzern expandiert Total strebt gen Süden

Neue Möglichkeiten an der Zapfsäule.
Düsseldorf Der französische Ölkonzern Total forciert den Ausbau seines Deutschland-Geschäfts – insbesondere in Süddeutschland. Um seinen Marktanteil am Tankstellenmarkt weiter zu vergrößern, fährt der Konzern eine mehrgleisige Strategie: Das Netz wird ausgebaut, die Stationen verbessert und an ersten Tankstellen hält die Digitalisierung Einzug. Unter Führung des Geschäftsführers Hans-Christian Gützkow, 52, hat Total trotz harten Wettbewerbs seinen Anteil am deutschen Tankstellenmarkt seit 2009 von sieben auf neun Prozent gesteigert, Ziel sind zehn Prozent bis 2018. „Der letzte noch fehlende Prozentpunkt wird auch erreicht“, sagte Gützkow dem Handelsblatt. Diese Aufgabe überlässt er aber dem neuen Geschäftsführer von Total Deutschland Bruno Daude-Lagrave, 49. Gützkow selbst übernimmt einen Posten in der Pariser Zentrale. Daude-Lagrave war bereits von 2006 bis 2011 Tankstellen-Chef von Total Deutschland.
Eine weitere Steigerung des Marktanteils geht nur über Verdrängung. Seit 1990 ist die Zahl der Tankstellen laut Energie Informationsdienst (EID) von 19.000 auf nur noch gut 14.000 geschrumpft. Zwar haben die etwas niedrigeren Benzinpreise das Geschäft im vergangenen Jahr belebt, doch brauchen die modernen Autos immer weniger Sprit. Neue Tankstellen werden daher nur noch an hochfrequentierten Orten eröffnet. Total ist mit rund 1200 Stationen nach Aral (2350) und Shell (1960) heute die Nummer drei und vor Esso. „Im Tankstellengeschäft von Total ist der deutsche Markt neben Frankreich ganz klar am wichtigsten“, sagte Daude-Lagrave dem Handelsblatt. Dafür nehme der Konzern viel Geld in die Hand. Allein von 2006 bis 2011 wurden die Investitionen nahezu verdoppelt und erreichten inzwischen jährlich einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Neben Tankstellen gehört die Raffinerie Leuna zu Total.
Die Investitionen fließen zunehmend in die Umrüstung der alten Stationen auf das neue Design. Dazu gehört das buntere Logo der Kette ebenso wie die Gestaltung des wichtigen Shopgeschäfts. „Der deutsche Markt hat die Besonderheit, dass das Shopgeschäft extrem stark ist“, sagt Daude-Lagrave. Ausgezahlt habe sich die Kooperation mit Lavazza; rund 40.000 Tassen Kaffee verkauft Total täglich. Branchenkreisen zufolge trägt das Shopgeschäft fast 60 Prozent zum Gewinn der Pächter bei. Alle Anbieter bauen es daher aus. Zuletzt hat Marktführer Aral die Zusammenarbeit mit Rewe beschlossen. 1000 Aral-Stationen sollen einen Rewe-to-go-Shop erhalten.
Total forciert trotz des schrumpfenden Marktes auch den Ausbau des Tankstellennetzes. „Der Süden bildete eine Lücke“, erklärte Daude-Lagrave. Zur Steigerung des Marktanteils werden auch Tankstellen von mittelständischen Anbietern übernommen. Interesse besteht auf beiden Seiten. „Wir suchen nach mittelständischen Partnern“, sagt Gützkow. „Aber es melden sich auch Mittelständler aus den Regionen.“ In Deutschland gibt es immer noch eine Vielzahl kleiner Tankstellenbetreiber. Die Mitglieder des Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen repräsentieren mit etwa 3400 Stationen über 66 Prozent der freien Tankstellen in Deutschland.
Stärker als etwa Aral setzt Total dabei auf ein Multienergieangebot. Wie Shell beteiligt sich der Konzern an H2 Mobility, einem Zusammenschluss von sechs Unternehmen aus der Gase-, Mineralöl- und Automobilindustrie. Das Gemeinschaftsunternehmen will stufenweisen das Wasserstoff-Tankstellennetz bis 2023 auf 400 Stationen ausweiten. Gerade erst hat Shell in Wuppertal die erste Wasserstoff-Tankstelle eröffnet. Total testet zudem die Einrichtung von Schnellladestationen für Elektroautos.
Zweifel, dass es künftig überhaupt noch Tankstellen geben wird, haben die beiden Geschäftsführer nicht. „Die Technologie wird sich verändern und wir werden ein Teil davon sein“, sagte Daude-Lagrave. Ein erster Schritt könnte die Digitalisierung sein. Hier arbeitet Total mit Drive-Now, dem Carsharing-Joint-Venture von BMW und Sixt zusammen. Seit Juni wird eine digitale Bezahlfunktion in Berlin an 30 Total-Stationen angeboten. Noch in diesem Jahr sollen weitere Tankstellen in Hamburg, München, Köln und Düsseldorf folgen. Damit werde die technische Basis geschaffen, um Kunden künftig weitere digitale Bezahlkonzepte – etwa mit dem Smartphone – anzubieten. Der Vorteil des neuen Systems: „Das Auto verbindet sich über die digitale Tankkarte direkt mit der Tankstelle“, sagt Daude-Lagrave. Der Fahrer betankt das Auto wie gewohnt und gibt dann per Bordcomputer die Nummer der Zapfsäule ein. Die Abrechnung wickeln Auto- und Kassensystem automatisch ab.
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