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Energie

Ölkonzern Konflikte mit Aufsichtsrat und Umweltschützern: Rainer Seele gibt Chefposten bei OMV ab

Der deutsche Chemiker wird den Ölkonzern höchstens noch bis zum Sommer 2022 leiten. Er unterzog OMV einer Transformation, tat sich aber mit den Gepflogenheiten in Österreich schwer.
26.04.2021 Update: 26.04.2021 - 16:15 Uhr Kommentieren
Der Ölkonzern steht in der Kritik von Umweltschützern und wegen des milliardenschweren Kaufs des Petrochemiekonzerns Borealis. Quelle: Reuters
OMV-Chef Rainer Seele

Der Ölkonzern steht in der Kritik von Umweltschützern und wegen des milliardenschweren Kaufs des Petrochemiekonzerns Borealis.

(Foto: Reuters)

Wien Gerüchte hat es schon seit einiger Zeit gegeben, nun haben sie sich bestätigt: Rainer Seele, 60, wird den österreichischen Erdölkonzern OMV spätestens am 30. Juni 2022 verlassen. Ursprünglich wurde erwartet, dass der Aufsichtsrat im Juni über die Vertragsverlängerung entscheidet. Der gebürtige Deutsche Seele, der seit Mitte 2015 an der OMV-Spitze steht, hat dies nun vorweg genommen.

Seele habe, so schreibt das Unternehmen, dem Aufsichtsratsvorsitzenden Mark Garrett mitgeteilt, dass er die Verlängerungsoption nicht in Anspruch nehmen werde. Seele selbst sagt, das geschehe aus „persönlichen Gründen“. In Wien ist es ein offenes Geheimnis, dass Seele und der Chemiefachmann Garrett jüngst häufig Konflikte miteinander ausgetragen haben. Entsprechend nüchtern fällt die Mitteilung von OMV zur absehbaren Trennung aus. Der Aufsichtsrat äußert weder sein Bedauern, noch dankt er Seele für dessen Arbeit.

Seele gilt als Alphatier, und lange Zeit konnte er bei OMV schalten und walten, wie es ihm gefiel. Das missfiel vor allem der staatlichen Beteiligungsfirma Öbag. Nach wie vor besitzt sie für Österreich einen Anteil von 31,5 Prozent am Erdölunternehmen. Um Seele enger zu kontrollieren, berief die Öbag im vergangenen Herbst in einer Blitzaktion den in Basel lebenden Manager Garrett in den Aufsichtsrat. Er hatte einst die Wiener Chemiefirma Borealis geleitet.

Seele tat sich offenbar schwer mit einem Vorgesetzten, der ebenfalls klare Vorstellungen darüber besitzt, wie das Geschäft laufen soll. Der ehemalige Wintershall-Chef Seele hatte aber auch sichtlich Mühe mit gewissen österreichischen Gepflogenheiten. Weil sich OMV teilweise in staatlichem Besitz befindet, sind Management- sowie Strategiefragen häufig ein Politikum und werden von Intrigen begleitet.

Das schränkt den Handlungsspielraum des Managements ein und rückt Führungskräfte stärker ins Scheinwerferlicht, als es den meisten lieb ist. Die österreichische Rechercheplattform „Dossier“ warf Seele etwa vor einem Jahr vor, er nutze zu ausgiebig einen eigens gecharterten Privatjet. 

Interne Streitigkeiten bei OMV

Die Verdächtigungen stammten offenkundig von OMV-Managern, denen Seele Privilegien weggenommen hatte, um Kosten zu sparen. Wie die Konkurrenz auch litt das österreichische Unternehmen 2020 unter dem niedrigen Rohölpreis und musste darauf reagieren.

Darüber hinaus ist Seele in den vergangenen Wochen vonseiten der Politik zusätzlich unter Druck geraten. Die Umweltorganisation Greenpeace und die Bewegung „Fridays for Future“ beschuldigen die OMV-Führung, sie ausspioniert zu haben. Der grüne Vizekanzler Werner Kogler verlangte von der Firmenleitung daraufhin eine Erklärung. Seele wies die Anschuldigungen zurück. Man habe, so sagte er, bloß öffentliche Informationen zusammentragen lassen, um die Mitarbeiter und Anlagen der Firma vor Demonstranten zu schützen.

All diese typisch österreichischen Ränkespiele täuschen etwas darüber hinweg, dass Seele bei OMV eine umfangreiche Transformation eingeleitet hat. Sie gefällt zwar nicht allen, weil davon auch österreichische Aktivitäten betroffen sein könnten, ist mittelfristig gesehen aber wohl angebracht.

Denn reine Rohölfirmen haben bei vielen Investoren mittlerweile einen schweren Stand: Zwar verbrauchen Unternehmen und Konsumenten weiterhin Erdöl in allen möglichen Verarbeitungsformen, die Förderung des Rohstoffs gilt aber vor allem bei ökologisch ausgerichteten Anlegern fast ein wenig als anrüchig. 

Seele hatte ehrgeizige Ziele

Fondsfirmen und Asset-Manager stehen deshalb unter Druck, ihre Anteile an Rohstoffunternehmen zu reduzieren. Die betroffenen Firmen müssen diesen Trend aufnehmen, sonst laufen sie Gefahr, an der Börse an Wert zu verlieren. OMV hat sich deshalb unter Seele ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Die Firma reduziert den Anteil des reinen Ölfördergeschäfts an den Gesamtaktivitäten. Zudem will sie einen Teil des gewonnenen Rohöls nicht mehr nur als Kraftstoff verkaufen, sondern ihn zu Kunststoff veredeln. Dieser kommt dann beispielsweise als Mantel für Glasfaser- und Stromkabel zum Einsatz.

OMV wandelt sich so unter Seele zumindest teilweise zum Petrochemieunternehmen. Im Zuge dessen hat OMV beispielsweise den Anteil an Borealis von 36 auf 75 Prozent aufgestockt und dafür rund vier Milliarden Euro bezahlt. Im Gegenzug veräußerte das Unternehmen im vergangenen Jahr sein Tankstellennetz in Deutschland und die Erdölaktivitäten in Kasachstan

Bei den Investoren hat Seele mit diesem Umbau Anklang gefunden: Seit seinem Amtsantritt 2015 hat die Aktie 70 Prozent an Wert gewonnen, womit sie eine bessere Performance erzielte als etwa Royal Dutch Shell und auch den Wiener Gesamtindex ATX übertraf.

Mehr: Rekordverluste im vergangenen Jahr: Coronakrise zwingt Öl-Multis zur radikalen Wende

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