Solarboom in China Ein unsinniger Abwehrkampf

Die riesigen Stückzahlen chinesischer Produzenten lassen die Preise für die Solar-Technologie weiter fallen.
Peking China steigt zur Großmacht für regenerative Energien auf. Bei Solarenergie ist die Volksrepublik Weltmeister in der Produktion und im Konsum. Nirgendwo auf der Welt wird in so gigantischen Maßstäben gedacht und gebaut wie in China. Das Geschäft dort boomt. Doch es ist ein Boom, an dem wichtige Unternehmen nicht teilnehmen.
Anstatt auf clevere Kooperationen im Solarsektor mit den Chinesen zu setzen, schotten sich die Europäer mit Strafzöllen ab. Das ist der falsche Weg. Die EU-Kommission prüft die Praxis derzeit. Mit einem Abschied von überholten Zöllen könnten die Beamten in Brüssel den Weg für künftige Geschäftsfelder frei machen.
Nach Jahren der Krise ist Sonnenenergie weltweit gefragt wie nie. Auf der globalen Landkarte finden sich Solarfirmen außer in China nur in wenigen anderen Ländern. Von den 15 größten Unternehmen der Branche stammen zehn aus der Volksrepublik. Aus Europa finden sich nur die norwegische REC Group auf Platz 14 in der Liste und – auf dem letzten Platz – Solarworld aus Deutschland.
Sicher, noch fällt es schwer, die große Zukunft von Solarenergie in China zu erkennen. Denn noch ist China der größte Klimasünder der Welt. Aber die Führung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nimmt viel Geld in die Hand, um die Volksrepublik weniger abhängig von Kohle als Energieträger zu machen. Regenerative Energien werden unterstützt wie niemals zuvor. Nahezu im Monatsrhythmus werden neue Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen bekanntgegeben. Noch liegt der Anteil von Solar- und Windenergie am chinesischen Energiemix bei rund vier Prozent. Aber das soll und wird sich künftig gewaltig ändern.
Getrieben von den Regierungsprogrammen, stocken die Solarriesen in der Volksrepublik ihre Kapazitäten auf. Chinas Solarkönig Gao Jifan hat die größte Fabrik der Welt mit einer Fertigungskapazität von 3.200 Megawatt bauen lassen. Seine Firma Trina ist unangefochtener Weltmarktführer in der Solarindustrie. Aber auch andere Anbieter ziehen nach. Die riesigen Stückzahlen lassen die Preise für die Technologie weiter fallen.
Europas Käufer merken davon jedoch wenig. Die Mindestpreise der Europäischen Union verzerren die Kosten für Module. Was als Schutz der europäischen Industrie gegen chinesisches Dumping gedacht war, zwingt Kunden, tiefer in die Tasche zu greifen.
Abgesehen von der Frage, ob diese Abschottung wirklich hilft, hemmt sie de facto den Umstieg auf die Sonne als Energielieferanten. Während in China weiter massiv Kapazitäten zugebaut werden, liegt das Wachstum in Europa deutlich unterhalb dem in der Boomphase 2011. Günstigere Preise könnten jedoch helfen, mehr Investoren vom Umstieg auf Solarenergie zu überzeugen.
Nun soll das hier keine Verteidigungsrede für die chinesische Wirtschaftspolitik werden. Zwar behaupten die Solarfirmen in China, keine Subventionen zu erhalten. Aber natürlich ist der Solarmarkt in der Volksrepublik staatlich getrieben. Es gibt nur wenige Hausbesitzer, die sich Module für ihre Dächer kaufen. Die wichtigsten Abnehmer sind staatlich unterstützte Großanlagen in besonders sonnenreichen Regionen.
Aber ein Abwehrkampf bringt Europa langfristig nicht weiter. Er schadet europäischen Verbrauchern. Und er verstellt den Blick auf künftige Geschäftsfelder. Denn Europa hat gute Chancen, von Chinas Solarboom zu profitieren.
China hat zwar gigantische Anlagen zur Energiegewinnung aus Sonne gebaut. Aber viel Strom wird vergeudet, weil die Anlagen nicht richtig angeschlossen sind und gesteuert werden. Ausgereifte Konzepte aus Europa sind gefragt.
Außerdem sollten europäische Firmen ihr Fachwissen stärker als Kapital nutzen. Dünnschichtzellen können die nächste Generation in der Solarenergie einleiten. Wie lukrativ das Geschäft sein kann, zeigt nicht eine Firma aus China, sondern eine aus den USA. First Solar fertigt statt klassischer Module aus Silizium Paneele mit einer hauchdünnen Schicht aus Kupfer, Indium, Gallium und anderen Materialien. Die sind leichter, flexibler und können günstiger in großen Massen gefertigt werden.
Der konstante Fokus auf die Zukunftstechnologie macht First Solar zu einem der profitabelsten Unternehmen der gesamten Branche. Im vergangenen Jahr konnten die US-Amerikaner einen Gewinn von mehr als einer halben Milliarde Dollar bekanntgeben – bei einem Umsatz von 3,6 Milliarden Dollar.
Anstatt Firmen aus der Volksrepublik auszusperren, sollte Europa darüber nachdenken, ob eine Zusammenarbeit mit China nicht die bessere Alternative ist. Ein Abschied von den Zöllen würde Käufer entlasten und könnte den Umstieg auf Sonnenenergie in Europa beschleunigen. Gleichzeitig könnte das den europäischen Firmen neue Geschäftsfelder in Kooperation mit China eröffnen.
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