Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke
Energie

Solarboom in China Ein unsinniger Abwehrkampf

Die Solarenergie boomt in China. Doch was machen die Europäer? Sie schotten sich mit Strafzöllen ab. Dabei könnten die Unternehmen, auch deutsche, davon profitieren. Die Politik muss umdenken. Eine Analyse.
25.07.2016 - 17:49 Uhr Kommentieren
Die riesigen Stückzahlen chinesischer Produzenten lassen die Preise für die Solar-Technologie weiter fallen. Quelle: Reuters
Solarzellen in Dunhuang, 950 Kilometer im Nordwesten von Lanzhou, Gansu-Provinz

Die riesigen Stückzahlen chinesischer Produzenten lassen die Preise für die Solar-Technologie weiter fallen.

(Foto: Reuters)

Peking China steigt zur Großmacht für regenerative Energien auf. Bei Solarenergie ist die Volksrepublik Weltmeister in der Produktion und im Konsum. Nirgendwo auf der Welt wird in so gigantischen Maßstäben gedacht und gebaut wie in China. Das Geschäft dort boomt. Doch es ist ein Boom, an dem wichtige Unternehmen nicht teilnehmen.

Anstatt auf clevere Kooperationen im Solarsektor mit den Chinesen zu setzen, schotten sich die Europäer mit Strafzöllen ab. Das ist der falsche Weg. Die EU-Kommission prüft die Praxis derzeit. Mit einem Abschied von überholten Zöllen könnten die Beamten in Brüssel den Weg für künftige Geschäftsfelder frei machen.

Nach Jahren der Krise ist Sonnenenergie weltweit gefragt wie nie. Auf der globalen Landkarte finden sich Solarfirmen außer in China nur in wenigen anderen Ländern. Von den 15 größten Unternehmen der Branche stammen zehn aus der Volksrepublik. Aus Europa finden sich nur die norwegische REC Group auf Platz 14 in der Liste und – auf dem letzten Platz – Solarworld aus Deutschland.

Sicher, noch fällt es schwer, die große Zukunft von Solarenergie in China zu erkennen. Denn noch ist China der größte Klimasünder der Welt. Aber die Führung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nimmt viel Geld in die Hand, um die Volksrepublik weniger abhängig von Kohle als Energieträger zu machen. Regenerative Energien werden unterstützt wie niemals zuvor. Nahezu im Monatsrhythmus werden neue Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen bekanntgegeben. Noch liegt der Anteil von Solar- und Windenergie am chinesischen Energiemix bei rund vier Prozent. Aber das soll und wird sich künftig gewaltig ändern.

Getrieben von den Regierungsprogrammen, stocken die Solarriesen in der Volksrepublik ihre Kapazitäten auf. Chinas Solarkönig Gao Jifan hat die größte Fabrik der Welt mit einer Fertigungskapazität von 3.200 Megawatt bauen lassen. Seine Firma Trina ist unangefochtener Weltmarktführer in der Solarindustrie. Aber auch andere Anbieter ziehen nach. Die riesigen Stückzahlen lassen die Preise für die Technologie weiter fallen.

Europas Käufer merken davon jedoch wenig. Die Mindestpreise der Europäischen Union verzerren die Kosten für Module. Was als Schutz der europäischen Industrie gegen chinesisches Dumping gedacht war, zwingt Kunden, tiefer in die Tasche zu greifen.

Abgesehen von der Frage, ob diese Abschottung wirklich hilft, hemmt sie de facto den Umstieg auf die Sonne als Energielieferanten. Während in China weiter massiv Kapazitäten zugebaut werden, liegt das Wachstum in Europa deutlich unterhalb dem in der Boomphase 2011. Günstigere Preise könnten jedoch helfen, mehr Investoren vom Umstieg auf Solarenergie zu überzeugen.

Nun soll das hier keine Verteidigungsrede für die chinesische Wirtschaftspolitik werden. Zwar behaupten die Solarfirmen in China, keine Subventionen zu erhalten. Aber natürlich ist der Solarmarkt in der Volksrepublik staatlich getrieben. Es gibt nur wenige Hausbesitzer, die sich Module für ihre Dächer kaufen. Die wichtigsten Abnehmer sind staatlich unterstützte Großanlagen in besonders sonnenreichen Regionen.

Aber ein Abwehrkampf bringt Europa langfristig nicht weiter. Er schadet europäischen Verbrauchern. Und er verstellt den Blick auf künftige Geschäftsfelder. Denn Europa hat gute Chancen, von Chinas Solarboom zu profitieren.

China hat zwar gigantische Anlagen zur Energiegewinnung aus Sonne gebaut. Aber viel Strom wird vergeudet, weil die Anlagen nicht richtig angeschlossen sind und gesteuert werden. Ausgereifte Konzepte aus Europa sind gefragt.

So groß sind die Solar-Marktführer
Platz 15: Solarworld (Deutschland)
1 von 15

Solarworld-Chef Frank Asbeck ist der letzte Überlebende aus der Glanzzeit der deutschen Solarindustrie. Während beinahe alle anderen heimischen Photovoltaikkonzerne in den vergangenen Jahren im Kampf gegen die asiatische Billigkonkurrenz pleitegingen, existiert die Firma des Bonner Ökopioniers immer noch. Dennoch ist die Zukunft von Solarworld ungewiss. Ein 770-Millionen-Dollar schwerer Rechtsstreit mit dem Siliziumhersteller Hemlock Semiconductor bedroht den Fortbestand des Unternehmens. Die drei Fabriken von Solarworld liefen 2015 ungeachtet der Klage aber auf Hochtouren. Nach Berechnungen des Analysehauses IHS produzierte Solarworld Paneele mit einer Kapazität von mehr als tausend Megawatt.

Jahresproduktion: 1.117 Megawatt

(Foto: dpa)
Platz 14: REC Group (Norwegen)
2 von 15

Neben Solarworld ist REC die größte verbliebene Photovoltaik-Marke in Europa. Richtig europäisch ist REC freilich nicht. Das Unternehmen hat zwar seinen Hauptsitz in Norwegen, aber produziert wird vorrangig in Singapur. Anfang 2015 wurde REC zudem von der Elkem Group übernommen. Elkem ist eine Tochter des chinesischen Konzerns Bluestar und stellt Silizium her – das Ausgangsmaterial für die Erzeugung von Photovoltaikzellen. REC beschäftigt rund 2000 Mitarbeiter weltweit und erwirtschaftete 2015 einen Umsatz von rund 755 Millionen Dollar.

Jahresproduktion: 1.188 Megawatt

(Foto: PR)
Platz 13: Sunpower (USA)
3 von 15

Amerikas zweitgrößter Photovoltaikkonzern ist 2015 wieder in die roten Zahlen gerutscht. Bei einem Umsatz von rund 1,4 Milliarden Dollar meldet Sunpower Verluste in der Höhe von fast 300 Millionen Dollar. 2016 soll es aber wieder aufwärts gehen. Das kalifornische Unternehmen rechnet mit Erlösen von bis zu drei Milliarden Dollar. Sunpower fertigt nicht nur Module, sondern errichtet und betreibt auch eigene Solarparks. In Deutschland erlangte der Konzern als Haupt- und Trikotsponsor des Fußballvereins Bayer 04 Leverkusen Bekanntheit. Die Partnerschaft endete 2013 aber bereits nach zwei Jahren, weil Sunpower wirtschaftlich in Probleme geriet.
Jahresproduktion: 1.253 Megawatt

(Foto: Imago)
Platz 12: Shanghai Aerospace Automobile (China)
4 von 15

In keinem anderen Land der Welt werden so viele Solarmodule hergestellt und Photovoltaikanlagen ans Stromnetz angeschlossen wie in China. Das Reich der Mitte hat Deutschland 2015 als größte Solarnation abgelöst. Und kein Land schickt sich derzeit an, China wieder vom Thron zu stoßen. Im Gegenteil. Bis 2020 will die Staatsregierung in Peking die Solarkapazitäten sogar auf 143 Gigawatt ausbauen. Das wäre eine Verdreifachung der bisherigen Kapazitäten. Einer der größten Profiteure der fernöstlichen Ökorevolution ist schon jetzt die chinesische Firma Shanghai Aerospace Automobile.

Jahresproduktion: 1.282 Megawatt

(Foto: Reuters)
Platz 11: Risen Energy (China)
5 von 15

In der ostchinesischen Provinz Zheijang ist Risen Energy beheimatet. Das Unternehmen wurde 1986 gegründet und beschäftigt aktuell etwa 3000 Mitarbeiter. Seine Solarmodule verkauft Risen überwiegend direkt im Reich der Mitte. Einen Grund daran etwas zu ändern, gibt es ohnehin nicht. Schließlich wächst der chinesische Solarmarkt aktuell um gut 48 Prozent pro Jahr.

Jahresproduktion: 1.292 Megawatt

(Foto: Imago)
Platz 10: EGing PV (China)
6 von 15

Allein 2015 war der chinesische Markt für 32 Prozent der weltweit neu installierten Photovoltaikkapazität verantwortlich. Von diesem gigantischen Wachstum profitiert auch die Firma EGing PV überproportional. Das Unternehmen existiert seit 2003 und ist in Schanghai an der Börse notiert. Das Geschäftsmodell der chinesischen Firma umfasst nach eigenen Angaben die Produktion sämtlicher Solarprodukte – von Ingots, Wafern und Zellen bis hin zu Photovoltaikmodulen und der kompletten Errichtung von Solaranlagen.

Jahresproduktion: 1.324 Megawatt

(Foto: Imago)
Platz 9: GCL (China)
7 von 15

Von den 15 weltgrößten Solarkonzernen kommen gleich zehn Unternehmen aus China. Die Staatsregierung rief vor mehr als einem Jahrzehnt zum Aufbau einer eigenen Photovoltaikindustrie auf. GCL zählt zu den führenden Modulproduzenten in China und könnte künftig noch größer werden. Der Konzern ist zuletzt bei dem angeschlagenen Konkurrenten Chaori Solar eingestiegen.

Jahresproduktion: 1.722 Megawatt

(Foto: Imago)

Außerdem sollten europäische Firmen ihr Fachwissen stärker als Kapital nutzen. Dünnschichtzellen können die nächste Generation in der Solarenergie einleiten. Wie lukrativ das Geschäft sein kann, zeigt nicht eine Firma aus China, sondern eine aus den USA. First Solar fertigt statt klassischer Module aus Silizium Paneele mit einer hauchdünnen Schicht aus Kupfer, Indium, Gallium und anderen Materialien. Die sind leichter, flexibler und können günstiger in großen Massen gefertigt werden.

Der konstante Fokus auf die Zukunftstechnologie macht First Solar zu einem der profitabelsten Unternehmen der gesamten Branche. Im vergangenen Jahr konnten die US-Amerikaner einen Gewinn von mehr als einer halben Milliarde Dollar bekanntgeben – bei einem Umsatz von 3,6 Milliarden Dollar.

Anstatt Firmen aus der Volksrepublik auszusperren, sollte Europa darüber nachdenken, ob eine Zusammenarbeit mit China nicht die bessere Alternative ist. Ein Abschied von den Zöllen würde Käufer entlasten und könnte den Umstieg auf Sonnenenergie in Europa beschleunigen. Gleichzeitig könnte das den europäischen Firmen neue Geschäftsfelder in Kooperation mit China eröffnen.

Startseite
Mehr zu: Solarboom in China - Ein unsinniger Abwehrkampf
0 Kommentare zu "Solarboom in China: Ein unsinniger Abwehrkampf"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%