Tepco scheitert in Fukushima Verstrahlte Zukunft

Havarie mit ungelösten Folgen.
Tokio Es war eine Nuklearkatastrophe, die Japan traumatisierte und den Kraftwerksbetreiber Tepco erschütterte: Am 11. März 2011 suchte ein Erdbeben mit anschließendem Tsunami das Kernkraftwerk Fukushima heim. Jetzt, mehr als fünf Jahre nach der Kernschmelze, zeigt sich: Die verseuchte Ruine wird für Tepco zum Fluch, zur Dauerbaustelle, dessen Ende niemand mehr vorherzusagen wagt. Dabei hatten die Manager noch vor kurzem die Illusion verbreitet, man mache Fortschritte auf dem verstrahlten Kraftwerksgelände. Der Abtransport der Brennstäbe aus Reaktor 4, die Sicherheitsbedingungen für die Arbeiter auf dem Gelände, die leckenden Kanister für das verseuchte Abwasser, die Vermischung der verstrahlten Kühlflüssigkeit mit dem Grundwasser: alles brisante Probleme, zugegeben, aber man bekomme sie mehr und mehr in den Griff.
Jetzt aber weicht in Japan die Zuversicht, dass der größte Stromversorger des Landes die Lage tatsächlich unter Kontrolle hat. Denn die 400 Millionen US-Dollar teure unterirdische Eiswand, die eine Verseuchung des Grundwassers eigentlich verhindern soll, funktioniert offenbar nicht richtig, wie Offizielle in der vergangenen Woche bei einem Treffen der Atomaufsichtsbehörde zugeben mussten. Plötzlich heißt es: Man habe nie behauptet, dass die Mauer aus Eis eine Vermischung mit dem Grundwasser völlig aufhalten könne.

Hohe Gewinne, aber Fukushima nicht im Griff.
Politik und Verwaltung reagierten irritiert angesichts dieses Eingeständnisses. Ein Atomexperte der Präfekturregierung in Fukushima sagte, Tepco offenbare damit erstmals, dass seine Fähigkeiten zur Problemlösung begrenzt seien. Zudem forderte Toyoshi Fuketa, ein Offizieller der Atomaufsichtsbehörde, der Konzern müsse nun mit hohem Tempo nach Alternativen suchen. „Wir können die Gefahr, die von diesem hochverseuchten Wasser ausgeht, nicht länger zulassen“, sagte er nach dem Treffen.
Transparenz in kleinen Schritten
Seit am 11. März 2011 drei der sechs Atomreaktoren des Kraftwerks Fukushima Daiichi havarierten und ein vierter Reaktor kurz vor der Kernschmelze stand, kühlt Tepco die ersten drei Reaktoren täglich mit Wasser. Die verseuchte Flüssigkeit summiert sich mittlerweile auf rund 60.000 Tonnen. Gift, das in großen Kanistern auf dem Gelände lagert.
Allerdings lecken diese ebenso wie die Reaktoren selbst, so dass radioaktive Flüssigkeit ins Grundwasser und ins Meer gelangt. Die schlechten Nachrichten über die Lage in Fukushima Daiichi kamen bisher nur stückchenweise ans Licht. So galt es fast schon als Überraschung, dass der Konzern diesmal unumwunden einen Rückschlag einräumte.
Tatsächlich deutet einiges darauf hin, dass der Konzern schrittweise transparenter wird. Seit der Strommarkt im Frühjahr liberalisiert wurde, hat Tepco seinen Status als Monopolist für die Region um Tokio verloren und muss erstmals um Kunden kämpfen. Daraufhin verpasste sich der Konzern einen neuen Auftritt samt Logo, Maskottchen und Werbespruch. Zudem erhöhte die Regierung, die Tepco nach Beginn der Reaktorkrise quasi verstaatlichte, den Druck auf das Management.
Und das ist um eine Erkenntnis reicher: Eine Atomkatastrophe lässt sich nicht im Handumdrehen ungeschehen machen. Einen Monat nach der Havarie hatte Tepco noch verkündet, das Kraftwerk innerhalb von höchstens neun Monaten unter Kontrolle zu bringen. Mittlerweile behauptet das niemand mehr. Dass im Tepco-Management dennoch keine Untergangsstimmung herrscht, hat mit Geschäftszahlen zu tun. Machte der Konzern in seinem Katastrophen-Geschäftsjahr 2010/2011 noch einen Verlust von elf Milliarden Euro, liegt der Gewinn mittlerweile wieder bei über einer Milliarde Euro – mehr als vor der Katastrophe.
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