Vattenfall-Bieter CEZ: „Die Preise sind im freien Fall“
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Vattenfall-Bieter CEZ„Die Preise sind im freien Fall“
Der tschechische Versorger CEZ bietet für das Braunkohle-Geschäft von Vattenfall. Im Interview spricht Konzernchef Daniel Benes über seine Pläne für Deutschland, den fallenden Strompreis und erneuerbare Energien.
Der CEZ-Chef fordert eine verlässliche Perspektive bis 2040 für Kohlekraftwerke.
(Foto: PR)
PragDer Energiekonzern CEZ residiert in einem hypermodernen Bürokomplex im Süden Prags. Daniel Benes führt das Unternehmen, das mehrheitlich im Staatsbesitz ist und 26.000 Mitarbeiter in Tschechien und südosteuropäischen Ländern hat, seit viereinhalb Jahren. Der Vorstandschef hat ehrgeizige Expansionspläne. Im Mittelpunkt steht dabei der deutsche Energiemarkt.
Herr Benes, Sie bieten für den Kauf der Braunkohle-Aktivitäten von Vattenfall, während in Deutschland die Debatte über einen Kohleausstieg läuft. Warum wollen Sie ein Auslaufmodell kaufen? Natürlich wollen wir auch weg von den Kohlendioxidemissionen. Wir sind aber davon überzeugt, dass Kohlekraftwerke auch in Deutschland noch eine ganze Weile als Brückentechnologie eingesetzt werden.
Wie lange? Das möchten wir auch gern von der deutschen Politik wissen.
Solange es keine Entscheidung gibt, erscheint ein Kauf deutscher Kohlekraftwerke aber ziemlich riskant, oder? Das ist zweifellos ein Problem. Wir sind aber davon überzeugt, dass der Politik in Deutschland bewusst ist, wie sehr die Energiebranche eine präzise, seriöse und nachvollziehbare Planung braucht. Es muss einen verlässlichen und transparenten Fahrplan für den Betrieb von Kohlekraftwerken geben, damit ein Investment lohnenswert ist.
Wie weit muss diese Planung reichen? Es muss eine klare Perspektive bis 2035, besser noch bis 2040 geben. Die betroffenen Regionen, die Mitarbeiter und die Wirtschaft brauchen eine klare Kalkulationsgrundlage. Ich bin davon überzeugt, dass sich die deutsche Politik dessen bewusst ist.
Erhalten Sie Ihr Kaufangebot für das Vattenfall-Paket auch aufrecht, wenn sich kein solcher Plan abzeichnet? Die Probleme liegen auf den Tisch. Früher oder später wird es einen Plan geben, davon bin ich zutiefst überzeugt.
Nicht nur die energiepolitische Situation ist für Sie schwierig. Auch die extrem niedrigen Preise für die Stromerzeugung sind für Sie doch ein Riesenproblem, oder? In der Tat verläuft die Entwicklung an der Strombörse katastrophal. Die Preise sind im freien Fall.
Wann kommt es zu einer Bodenbildung? Es gibt in dieser Frage leider keinen Anlass für Optimismus. Derzeit habe ich den Eindruck, dass es keine Bodenbildung gibt. Wenn nichts Grundsätzliches passiert, sind fossile Kraftwerke nach 2020 nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Dieser Erkenntnis wird sich die Politik nicht verschließen können.
Unterschätzen die Deutschen die Bedeutung fossiler Kraftwerke für die Versorgungssicherheit? Das kann ich nicht beurteilen. Wir bei CEZ sind jedenfalls davon überzeugt, dass fossile Kraftwerke noch für eine ganze Weile unerlässlich sein werden. Die Frage ist, wie man die Übergangsphase politisch organisiert. Und wie lange diese Übergangsphase dauert.
Was schlagen Sie vor? Eine Sicherheitsstabilisierungsreserve wäre eine gute Lösung.
Wie soll die aussehen? Die Betreiber fossiler Kraftwerke erhalten eine Prämie dafür, dass sie ihre Anlagen in Bereitschaft halten. Wenn die erneuerbaren Energien keinen Strom liefern, weil der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, werden die fossilen Kraftwerke eingeschaltet. Diese Back-up-Funktion ist noch auf viele Jahre alternativlos. Wir dürfen den Wert einer verlässlichen, unterbrechungsfreien Stromversorgung nicht unterschätzen. Das gilt gerade in einem hochentwickelten Industrieland wie Deutschland.
Der Energieriese aus Tschechien
CEZ ist mit mehr als acht Milliarden Euro Marktkapitalisierung das größte börsennotierte Unternehmen in Tschechien. Bislang hat sich der Konzern aus Prag vor allem auf den Heimatmarkt und Südosteuropa konzentriert. Das soll sich mit der geplanten Übernahme der deutschen Braunkohlesparte des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall ändern.
CEO Daniel Benes, Jahrgang 1970, gilt als pragmatischer Manager, der die Internationalisierung und Modernisierung des Konzerns vorantreibt. Der studierte Ingenieur der Technischen Universität Ostrava muss allerdings Rücksicht auf seinen Mehrheitsaktionär, den tschechischen Staat, nehmen. Denn während der Vorstandschef mehr Geld für künftige Akquisitionen ausgeben will, bevorzugt der Staat angesichts des enttäuschenden Aktienkurses eine hohe Dividende. Weil der Preis an den Strombörsen unter Druck geraten ist, hat sich der Aktienkurs der CEZ innerhalb eines Jahres fast halbiert.
Warum wäre gerade Ihr Unternehmen der geeignete Investor? Es gibt zwei Aspekte, die für uns sprechen. Einerseits verfügen wir über eine tiefgreifende Expertise im Aufschluss und im Betrieb von Braunkohletagebauen sowie in deren anschließender Rekultivierung. Wir sind da keine Neulinge. Ganz im Gegenteil. Das gilt auch für den Betrieb von Kraftwerken.
Und der andere Aspekt? CEZ gehört zu den zehn größten Energieversorgern in der EU. Wir können ein sehr verlässlicher Bestandteil der Energiewende in Deutschland werden. Unser Verschuldungsgrad ist im Vergleich zu anderen Energiekonzernen niedrig. Unser Rating gut. Wir können uns problemlos ausreichend Geld für den Kauf leihen. Künftig wollen wir vor allem in Mitteleuropa investieren. Die erneuerbare Energie soll in Zukunft eine sehr viel wichtigere Rolle spielen.