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Energie

Versorger EDF Hat Vorstandschef Lévy den Verwaltungsrat belogen?

Der geplante Bau von Atomreaktoren in Großbritannien könnte zum persönlichen Fiasko für EDF-Chef Lévy werden. Arbeitnehmer werfen ihm vor, seinen Verwaltungsrat in die Irre geführt zu haben. Es geht um viel Geld.
08.08.2016 - 17:59 Uhr Kommentieren
EDF will zwei Drittel der Baukosten stemmen, der Rest kommt aus China. Quelle: AFP
Entwurf für die Reaktoren in Hinkley Point

EDF will zwei Drittel der Baukosten stemmen, der Rest kommt aus China.

(Foto: AFP)

Paris Der geplante Bau von neuen Atomreaktoren in Großbritannien hat dem französischen Energiekonzern EDF schon viel Ärger eingebracht. Jetzt könnte das Projekt für Konzernchef Jean-Bernard Lévy auch noch zum persönlichen Fiasko werden. Die eigenen Arbeitnehmer werfen ihm vor, zu lügen. Und die französische Börsen-Polizei AMF untersucht, ob der EDF-Vorstand die Aktionäre korrekt über die Kosten der geplanten Atomkraftwerke im britischen Hinkley Point informiert hat.
Lévy persönlich muss sich gegen den Vorwurf wehren, er habe den Verwaltungsrat in die Irre geführt, als der noch am 28. Juli die Entscheidung pro Hinkley Point getroffen hat. Die britische Regierung hatte zu diesem Zeitpunkt schon beschlossen, das Milliardenprojekt noch einmal zu prüfen und die Verträge zunächst einmal nicht zu unterschreiben.

Die Kernfrage lautet: Wusste Levy damals schon von dem Beschluss der britischen Regierung? Am 29. Juli hatte der EDF-Chef in einem Conference Call mit den Medien gesagt, er habe vor der Sitzung des Verwaltungsrates am 28. Juli nichts von der Verschiebung gewusst.

Lévy hat nun zunächst auf Angriff geschaltet: EDF teilte am Wochenende mit, dass der Konzernchef die Gewerkschaft Sud Energie verklage. Diese habe zu Unrecht behauptet, Lévy habe die Presse belogen. Die angegriffene Gewerkschaft aber keilt zurück: „Es ist eine Tatsache, dass Lévy gelogen hat, diesem Gerichtsverfahren sehen wir mit großer Gelassenheit entgegen“, sagte Jerôme Schmitt von Sud Energie dem Handelsblatt. Die Verhandlungen über Hinkley Point ziehen sich seit Jahren hin.

Unter Beschuss. Quelle: Reuters
Jean-Bernard Lévy

Unter Beschuss.

(Foto: Reuters)

Für EDF geht es möglicherweise um die eigene Existenz. Denn die Kosten von voraussichtlich 21,5 Milliarden Euro muss das staatliche Unternehmen zu zwei Dritteln auf die eigene Bilanz nehmen. Die schon jetzt hohe Verschuldung nähert sich damit der Grenze von 60 Milliarden Euro – für die Gewerkschaften, aber auch für die Ratingagenturen Grund zu großer Sorge. Frankreichs Regierung dagegen sieht Hinkley Point als Prestigeprojekt, zumal der strategische chinesische Partner CGN mit von der Partie ist. Der allerdings passt der neuen britischen Regierung unter Theresa May nicht. Sie war schon als Innenministerin unter David Cameron dem Projekt gegenüber kritisch eingestellt, weil sie Sicherheitsbedenken hat, wenn China Zugriff auf den britischen Nuklearsektor erhält. Irgendwann in den Tagen vor dem 28. Juli hat May deshalb beschlossen, Hinkley Point erneut zu prüfen – und das den Franzosen offenbar auch mitgeteilt.

EDF zufolge hat Lévy aber lediglich gewusst, dass die Unterzeichnung der Verträge für Hinkley Point verschoben werde und nicht am 29. Juli stattfinde. An dem Tag sollten die britische Regierung, EDF und CGN ihre Unterschrift unter die Vereinbarung setzen. Da der Termin aber nicht ganz festgestanden habe und nicht kommuniziert worden sei, habe man auch die Verschiebung nicht mitteilen müssen, argumentiert EDF.

Jean-Luc Magnaval, für den EDF-Betriebsrat Mitglied des Verwaltungsrates, sieht den Vorgang anders. „Lévy hat in einer Mail an die Vorstandsmitglieder geschrieben, die britische Regierung verzögere, deshalb könne die Vertragsunterzeichnung nicht stattfinden.“ Die Mail habe er selber gesehen. Davon habe man in der Verwaltungsratssitzung am 28. Juli jedoch überhaupt nichts erfahren. Stattdessen hätten Lévy und auch die Staatsvertreter Druck gemacht auf eine sofortige Beschlussfassung: „Da fielen Formulierungen wie ‚andernfalls ist der Zug abgefahren‘.“ sagte Magnaval dem Handelsblatt. Seiner Einschätzung nach kann nun jeder Kleinaktionär vor dem Handelsgericht klagen. Die Untersuchung der Finanzmarktwächter könne auch auf eine Klage vor dem Handelsgericht hinauslaufen.

Juristischen Verstrickungen von EDF

EDF will nicht genau sagen, was Lévy wusste oder nicht wusste. „Wir äußern uns nicht zum Hintergrund und gehen nicht über das veröffentlichte Komuniqué hinaus“, sagte eine Sprecherin. Kann man aber annehmen, dass der Chef eines Großkonzerns die Verschiebung einer Vertragsunterzeichnung als Fußnote im eigenen Kalender ansieht? Hat er sich nicht mal veranlasst gesehen, sich bei den Briten nach den Hintergründen zu erkundigen?

Die juristischen Verstrickungen von EDF gehen noch weiter. Der Betriebsrat klagt gegen den Vorstand, weil er vom Management zusätzliche Unterlagen zu Hinkley Point erhalten will, die ihm nicht ausgehändigt werden. Er hatte versucht, per Eilverfügung die Herausgabe der Dokumente zu erreichen. Die wurde vergangene Woche abgelehnt: Angesichts der Verzögerung durch die britische Regierung sei die Sache nicht eilbedürftig. Das dürfte dann allerdings auch auf den Verwaltungsratsbeschluss vom 28. Juli zutreffen. Ende September kommt es zur Verhandlung in der Hauptsache, dann entscheiden die Richter, ob EDF den Betriebsrat besser über Hinkley Point informieren muss.

Die Gewerkschaften CGT, CFE-CGC und FO kritisierten am Montag „einen Skandal in der Unternehmensführung bei EDF.“ Die drei sind zusammen mit der CFDT die entscheidenden Arbeitnehmervertreter bei dem Versorger.

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