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Energie

Versorgungssicherheit In Niedersachsen gibt es ein Erdgasfeld – doch das Land will das Gas nicht fördern

Erdgas ist gefragt wie nie, die Preise bewegen sich auf hohem Niveau. Die heimische Erdgasförderung gewinnt dementsprechend neue Bedeutung. Doch Niedersachsen sperrt sich.
12.11.2021 - 12:32 Uhr 2 Kommentare
Erdgasfeld in Niedersachsen: Land will kein Gas fördern Quelle: imago images/Priller&Maug
Dünenlandschaft in Niedersachsen

Das Erdgasfeld liegt in der Nähe des EU-Vogelschutzgebiets „Niedersächsisches Wattenmeer“.

(Foto: imago images/Priller&Maug)

Berlin Das Erdgasfeld N05-A im deutsch-niederländischen Grenzgebiet der Nordsee hat keine gigantischen Ausmaße. Mit einem geschätzten Volumen von 60 Milliarden Kubikmetern (bcm) könnte es aber einen nützlichen Beitrag leisten, um die Situation auf dem Erdgasmarkt etwas zu entspannen. 60 bcm entsprechen immerhin annähernd 70 Prozent des deutschen Erdgasjahresverbrauchs von knapp 90 bcm.

Doch im Moment deutet viel darauf hin, dass zumindest der Teil des Erdgases, der im deutschen Teil des Feldes liegt, nicht gefördert wird. Der niedersächsische Landtag und die niedersächsische Landesregierung sprechen sich dagegen aus, Erdgas aus dem Grenzgebiet zu fördern. Auf Antrag der Regierungsfraktionen von SPD und CDU fassten die Landtagsabgeordneten Mitte Oktober den entsprechenden Beschluss.

Zu Begründung heißt es darin, das Erdgasfeld liege „in direkter Nachbarschaft“ zum EU-Vogelschutzgebiet „Niedersächsisches Wattenmeer“, zu dem auch das niedersächsische Naturschutzgebiet „Borkum Riff“ gehöre. Auch wenn die Erdgas- und Erdölindustrie um immer bessere Sicherheitsstandards bemüht sei, blieben Restrisiken bestehen. Schadstoffemissionen sowie Unfälle seien nicht auszuschließen.

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) schließt sich dieser Argumentation an. Die Schutzwürdigkeit der betroffenen Naturlandschaften stehe außer Frage. „Das öffentliche Interesse an Umwelt- und Klimaschutz ist in diesem Fall höher einzuschätzen als wirtschaftliche Interessen – gerade vor dem Hintergrund des Ausstiegs aus den fossilen Energieträgern“, sagte Althusmann dem Handelsblatt.

Der Hinweis auf den Ausstieg aus fossilen Energieträgern ist überraschend. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte noch in ihrer Sommerpressekonferenz Ende Juli darauf verwiesen, Deutschland könne „nicht aus der Atomenergie, aus der Kohle und aus dem Erdgas gleichzeitig aussteigen“.

Kritik an Niedersachsens Entscheidung

Insbesondere Erdgas gilt als wichtige Brücke auf dem Weg zur Klimaneutralität. Fachleute gehen davon aus, dass der Erdgasbedarf in Deutschland und auch global betrachtet in den kommenden Jahren zunächst noch eher steigt als sinkt. Umso sinnvoller erscheint es, zusätzliche Bezugsquellen zu erschließen.

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Chris de Ruyter van Steveninck, CEO des niederländischen Unternehmens ONE Dyas, übt daher Kritik an der Festlegung Niedersachsens. Sein Unternehmen will in den kommenden Jahren Erdgas aus dem Feld N05-A fördern und hat den entsprechenden Genehmigungsantrag gestellt.

Das Feld biete „hervorragende Möglichkeiten für eine effiziente und umweltschonende Erdgasförderung“, sagte er dem Handelsblatt. „Solange wir Erdgas brauchen, ist es nachhaltiger, Erdgas regional zu fördern und zu nutzen, statt es mit großem Energieaufwand aus anderen Regionen der Welt heranzutransportieren“, ergänzte der Unternehmenschef.

Erdgas, das vor der deutschen und der niederländischen Küste gefördert und auch in den Niederlanden und Deutschland verbraucht werde, sei im Vergleich zu importiertem Gas mit einem um 30 Prozent kleineren Treibhausgas-Fußabdruck belastet.

„Gerade in Zeiten eines anhaltend hohen Preisniveaus und wachsender Sorgen um die Versorgungssicherheit kann unser Projekt einen Beitrag zur Entspannung der Preissituation und zur Diversifizierung der Bezugsquellen leisten“, sagte de Ruyter van Steveninck.

In dem Land gibt es bereits eine Erdgasförderanlage – „Völkersen Nord Z6“, diese löste in der Vergangenheit ein Beben aus. Quelle: dpa
Erdgasförderung in Niedersachsen

In dem Land gibt es bereits eine Erdgasförderanlage – „Völkersen Nord Z6“, diese löste in der Vergangenheit ein Beben aus.

(Foto: dpa)

Das gelte besonders auch vor dem Hintergrund, dass die Förderung aus dem niederländischen Gasfeld in Groningen bald komplett eingestellt werde. „Zusätzliche regionale Bezugsquellen in der Nordsee haben vor diesem Hintergrund einen besonders hohen Wert“, sagte er.

Niederländische Regierung will Förderung einstellen

Tatsächlich hat die niederländische Regierung beschlossen, das Groninger Feld nicht weiter auszubeuten. Bereits im kommenden Jahr soll die Förderung dort eingestellt werden. Vorausgegangen waren mehreren Erdbeben, die auf die Erdgasförderung zurückgeführt werden. Sie sorgten für massive Schäden an Gebäuden.

Deutschland ist von der Entscheidung direkt betroffen. Etwa zehn Millionen Menschen in rund drei Millionen Haushalten, vornehmlich im Nordwesten Deutschlands, werden mit niederländischem Gas versorgt. Hinzu kommen zahlreiche Unternehmen aus Industrie und Gewerbe.

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Die Niederlande waren bislang – nach Russland und Norwegen – Deutschlands drittwichtigster Erdgaslieferant. Künftig werden sie deutlich weniger liefern. Zugleich sinkt die Eigenproduktion von Erdgas in Deutschland, die überwiegend in Niedersachsen stattfindet, seit Jahren kontinuierlich.

Nach Angaben des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) liegt der Anteil der Eigenproduktion am deutschen Erdgasmarkt derzeit bei rund fünf Prozent. Laut BVEG entsprach die deutsche Erdgasförderung 2011 etwa 14 Prozent der Nachfrage im Land, 2001 waren es demnach sogar noch 21 Prozent.

„Die politische Resolution des niedersächsischen Landtages übersieht, dass das Projekt eine verbrauchsnahe Produktion von Erdgas mit höchsten Sicherheitsstandards absichert und damit die sonst erforderlichen Erdgas-Importe aus großer Entfernung“ mit schlechterer CO2-Bilanz vermeide, sagte BVEG-Geschäftsführer Ludwig Möhring dem Handelsblatt. „Natürlich muss der Schutz des Wattenmeers und des Naturschutzgebietes ‚Borkum Riff‘ gewährleistet sein. Das Konzept des Projektes, in dem die Bohrungen außerhalb dieser schützenswerten Gebiete niedergebracht werden, leistet genau das“, sagte er.

Zuständigkeit liegt beim Land Niedersachsen

Die Initiatoren verweisen außerdem darauf, dass sie bei der Entwicklung der Bohrplattform, die auf niederländischem Gebiet dicht an der Grenze zu deutschen Hoheitsgewässern errichtet werden soll, Neuland betreten: Die Förderplattform soll durch den deutschen Offshore-Windpark Riffgat mit Strom versorgt werden, was die CO2-Bilanz des Vorhabens deutlich verbessert: Die Erdgasförderung würde fast ohne CO2-Emissionen erfolgen.

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Er gehe davon aus, dass die für den deutschen Teil der Lagerstätte zuständige niedersächsische Bergbehörde (LBEG) den Antrag von ONE Dyas positiv bescheide, sagte Möhring. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie sich die Landesregierung verhält, wenn sich die zuständige Landesbehörde gegen die Positionierung des Landeswirtschaftsministers stellt.

Der Bund erklärt sich in der Angelegenheit für unzuständig. „Die Entscheidung über konkrete Förderanträge trifft das jeweils betroffene Bundesland. Alle Schritte, die zur Genehmigung des genannten Vorhabens nötig sind, liegen daher in der Zuständigkeit des Landes Niedersachsen“, teilte das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage des Handelsblatts mit.

In der Antwort von Wirtschaftsstaatssekretär Andreas Feicht auf eine entsprechende Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Otto Fricke heißt es allerdings, die Bundesregierung stehe mit der niederländischen Regierung „auf Fachebene hinsichtlich völkerrechtlicher Aspekte im Austausch“. Dies betreffe nicht Fragen der bergrechtlichen Genehmigungskompetenz durch die Länder.

Das Bundeswirtschaftsministerium lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass es die Eigenproduktion von Erdgas grundsätzlich begrüßt: „Die heimische Erdgasförderung stützt die Versorgungssicherheit und generiert inländische Wertschöpfung“, schreibt Staatssekretär Feicht.

Mehr: Gaspreisschock für die Weltwirtschaft

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2 Kommentare zu "Versorgungssicherheit: In Niedersachsen gibt es ein Erdgasfeld – doch das Land will das Gas nicht fördern"

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  • Ist wie beim Strom. Wenn wir unsere Kraftwerke abgeschaltet haben, beziehen wir unsere Energie eben aus dem Ausland.

  • Hier wird unmittelbar anschaulich, weshalb die Erde in den Klimakollaps steuert bzw. welche Kräfte dabei am Wirken sind. Angefangen bei den "Investoren", die noch schnell ein paar Millionen verdienen wollen, über die Bundesregierung mit ihrem CDU-geführten Wirtschaftsministerium, das diese Geschäftemacherei zum Preis der Zerstörung der Zukunft bzw. den Wahnsinn der weiteren fossilen Verbrennung aus ganzem Herzen bei ebenfalls vollkommener Realitätsverweigerung unterstützt und befördert. Bis hin zum Redakteur, der sein Bedauern über das Nichtzustandekommen dieses schönen, angeblich doch so gemeinnützigen Geschäfts nicht verbergen kann, wird der Ernst der Lage nicht begriffen, wird mit absurden Nachhaltigkeits-, CO2-Spar- und Naturschutzargumenten versucht, diesen weiteren Baustein zum Untergang schönzureden und doch noch realisieren zu können.

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