Windkraft Siemens Gamesa verspricht besseres Krisenmanagement

Bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr hatten Probleme bei der Abwicklung von Projekten in Indien und Nordeuropa dazu geführt, dass der Konzern seine Ziele verfehlt hat.
Madrid Die Siemens-Windkraft-Tochter Gamesa will ähnliche unliebsame Überraschungen wie jüngst bei einem Großprojekt in Norwegen mit einem besseren Krisenmanagement verhindern. „Wir nehmen diesen Rückschlag nicht auf die leichte Schulter“, sagte Vorstandschef Markus Tacke am Dienstag. „Wir müssen unser Risikomanagement verbessern, um sicher sein zu können, dass wir unsere Projekte in aller Welt im Griff haben.“
Der frühe Wintereinbruch in Skandinavien hatte fünf Windpark-Projekte von Siemens Gamesa verzögert. Sonderbelastungen von 150 Millionen Euro rissen das Unternehmen deshalb im ersten Quartal 2019/20 mit 174 Millionen Euro in die roten Zahlen. „Dort, ganz oben in Norwegen, können die Wetterbedingungen hart sein“, sagte Tacke.
Das Unternehmen mit Sitz im baskischen Zamudio musste wegen der Extrakosten seine Gewinnprognose für das laufende Jahr (per Ende September) zum zweiten Mal binnen drei Monaten senken. Finanzchef David Mesonero gab sich aber zuversichtlich, dass die Renditen bei Siemens Gamesa schon im zweiten Quartal (Januar bis März) wieder steigen: „Wir sind mit unseren weniger profitablen Onshore-Verträgen fast durch und erwarten bessere Margen bei den Neuaufträgen.“
Von Oktober bis Dezember waren allein Orders über 4,6 Milliarden Euro eingegangen, 82 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Ende des Jahres saß Siemens Gamesa auf Aufträgen im Wert von 28,1 Milliarden Euro.
„Nach der neuen Gewinnwarnung fange ich langsam an, mich zu fragen, ob Siemens Gamesa ein Managementproblem hat, sagte Angel Pérez von der spanischen Investmentbank Renta 4. „Die jüngste Warnung begründen sie mit ungünstigen Wettbedingungen in Norwegen, aber jeder weiß doch, dass es dort kalte Winter gibt – das muss man doch einkalkulieren können.“
Bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr hatten Probleme bei der Abwicklung von Projekten in Indien und Nordeuropa dazu geführt, dass der Konzern seine Ziele verfehlt hat.
Der Aktienkurs basiere auf dem Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Unternehmens und seines Managements, so Pérez. Doch mehrere Gewinnwarnungen zerstören ebendieses Vertrauen. „Ich bewerte die Aktie inzwischen sehr vorsichtig, nachdem ich anfangs überzeugt war von den blendenden Geschäftsaussichten des Konzerns“, so der Analyst.
Volatile Nachfrage in Schwellenländern
Pérez sieht drei grundsätzliche Probleme bei Siemens Gamesa. Dazu gehört die Unsicherheit durch den nun erfolgten Brexit. Siemens Gamesa baut große Offshore-Windparks im Vereinigten Königreich und es ist unklar, inwieweit der Austritt Großbritanniens aus der EU diese Geschäfte womöglich beeinflusst.
Hinzu kommt, dass der Handelskrieg zwischen den USA und China mitsamt den dadurch folgenden Strafzölle auf das wichtige Vorprodukt Aluminium dem Konzern zu schaffen machen könnte.
Schließlich ist auch die Nachfrage nach Windenergie in Schwellenändern wie Brasilien, Indien und Mexiko volatil. „Das kann für Siemens Gamesa in beide Richtungen gehen und entweder für eine positive oder negative Überraschung sorgen“, so Pérez. „Das wichtigste ist jetzt aber, dass der Konzern seine selbst gesteckten Ziele erfüllt. Im Moment stellt sich die Frage, ob die Zukunft des Konzerns so hoffnungsvoll ist wie man das zunächst erwartet hat.“
Siemens Gamesa soll Teil von Siemens Energy werden, der Energietechnik-Sparte, die der Münchner Konzern im September an die Börse bringen will. Siemens hält 59 Prozent an Gamesa, acht Prozent der Anteile liegen bei der spanischen Iberdrola, mit der es immer wieder Spannungen gegeben hatte.
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