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Autobauer „Wir warten nicht auf Veränderung“ – Daimler zieht Ende des Verbrenners vor

Der Autobauer schwenkt schneller auf E-Mobilität um als bisher geplant. CEO Ola Källenius will eine CO2-neutrale Flotte noch deutlich vor 2039 – und macht eine Kampfansage an die Konkurrenz.
31.03.2021 Update: 31.03.2021 - 19:00 Uhr 5 Kommentare
Insbesondere mit dem neuen Elektroflaggschiff, der Luxuslimousine EQS, will Daimler die Konkurrenz technologisch in den Schatten stellen. Quelle: Daimler AG
Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Bischoff (li.), Vorstandschef Ola Källenius

Insbesondere mit dem neuen Elektroflaggschiff, der Luxuslimousine EQS, will Daimler die Konkurrenz technologisch in den Schatten stellen.

(Foto: Daimler AG)

München Es ist eine Frage, die Daimler spaltet: Wann soll der Erfinder des Automobils den Verbrennungsmotor beerdigen? Vor zwei Jahren hat der Stuttgarter Dax-Konzern die Marschrichtung vorgegeben, ab 2039 nur noch Neuwagen zu verkaufen, die kein klimaschädliches Kohlendioxid mehr ausstoßen. Doch angesichts immer strengerer Umweltvorgaben und rasant steigender Verkaufszahlen von Elektroautos mehren sich intern die Stimmen, die eine schnellere Stromwende fordern.

Mitte Februar enthüllte das Handelsblatt, dass der Mercedes-Hersteller erwägt, schon Anfang oder Mitte des kommenden Jahrzehnts nur noch Elektroautos anzubieten. Bereits die nächste Generation der S-Klasse, die gegen 2028 auf den Markt kommt, würde es demnach nur noch mit einem Batterieantrieb geben. Es wäre eine Operation am offenen Herzen, intern gibt es viele Skeptiker.

Nun ist aber offenbar eine Grundsatzentscheidung gefallen: Daimler bestätigte am Mittwoch im Zuge seiner Hauptversammlung offiziell das vorzeitige Ende von Fahrzeugen, die mit Diesel und Benzin befeuert werden.

„Wir wollen die Elektrifizierung unseres Produktportfolios beschleunigen“, erklärte Konzernchef Ola Källenius. Er habe den Ehrgeiz, das selbst gesteckte Ziel, bis 2039 klimaneutral zu werden, „früher zu erreichen“, sagte der 51-Jährige. Um wie viele Jahre früher, erläuterte Källenius zwar nicht, aber er richtete eine Kampfansage an Konkurrenten wie Tesla: „Wir warten nicht auf Veränderung – wir sind diejenigen, die verändern“, tönte der Schwede. Sein Konzern habe „keine Angst vor Herausforderung – wir sind die Herausforderer“.

Insbesondere mit dem neuen Elektroflaggschiff, der Luxuslimousine EQS, will Källenius die Konkurrenz technologisch in den Schatten stellen. Das erste Modell der Schwaben auf der eigens für Stromkarossen konzipierten Plattform EVA feiert Mitte April Weltpremiere und soll eine Reichweite von bis zu 770 Kilometer nach Wltp-Norm bieten. Laut Daimler ist der EQS das aerodynamischste Serienauto der Welt mit einem sogenannten Cw-Wert für den Luftwiderstand von lediglich 0,20.

3000 neue Softwareingenieure bei Daimler

Auch bei der Fahrzeugsoftware will Daimler neue Maßstäbe in der Branche setzen. „Wir stellen 3000 Softwareingenieurinnen und -ingenieure neu ein“, sagte Källenius.

Im EQS protzt die Marke mit dem Stern zudem erstmals mit einem Riesenbildschirm. Der 1,41 Meter breite „Hyperscreen“ erstreckt sich von der linken bis zur rechten A-Säule. Dank dem Einsatz Künstlicher Intelligenz sollen Kunden zudem ein personalisiertes Infotainmentsystem bekommen.

Unterdessen kritisiert Mercedes-Frontmann Källenius die Politik. Der Aufbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität gehe zu langsam, bis Ende des Jahreszehnt brauche es europaweit drei Millionen öffentliche Ladepunkte. „Heute haben wir nicht einmal ein Zehntel davon“, rügt Källenius. Allein in Deutschland müssten künftig pro Woche 2000 Ladesäulen ans Netz gehen, aktuell seien es aber nur 200.

„Der Ausbau muss beschleunigt werden“, fordert Källenius. Zugleich kündigte der Manager an, das Netzwerk des Ladenetzwerks von Ionity, einer Gemeinschaftsfirma mehrerer Autobauer, zu vergrößern.

In seiner Rede bei der digitalen Hauptversammlung würdigte Källenius die Lebensleistung von Manfred Bischoff. Dass Daimler gut für die Zukunft gerüstet sei, wäre „zu großen Anteilen“ das Verdienst des scheidenden Aufsichtsratsvorsitzenden. Bischoff verabschiedete sich nach 14 Jahren an der Spitze des Kontrollrats in den Ruhestand.

„Für alles, was du in den vergangenen 45 Jahren für ‚den Stern‘ getan hast: Danke“, sagte Källenius. Viele Aktionäre kreiden Bischoff dagegen Reformunwillen und eine verkorkste Nachfolgeplanung an.

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So hatte sich Bischoff ursprünglich dafür eingesetzt, dass Dieter Zetsche ihn an der Spitze des Aufsichtsrats beerbt. Doch der Ex-Daimler-Chef verzichtete am Ende freiwillig auf den Posten – viele Investoren kreideten dem Manager die Milliardenzahlungen im Dieselskandal an. Als neuer Aufsichtsratschef wurde am Mittwoch Bernd Pischetsrieder gewählt.

Doch der 73 Jahre alte Ex-Chef von VW und BMW stehe für die „alte Verbrennerwelt und nicht für Internationalität, Elektromobilität und Digitalisierung“, rügt Ingo Speicher von Deka Investment. „Die aus der Not geborene Personalie Pischetsrieder kann nur eine Übergangslösung sein.“

Dennoch verjüngt Daimler seinen Aufsichtsrat deutlich. Neben Bischoff verlassen nämlich die ehemalige Nestlé-Managerin Petraea Heynike (74) und Ex-BASF-Chef Jürgen Hambrecht (74) das Gremium. Die offenen Stellen übernehmen die Cisco-Managerin Elizabeth Centoni, der BASF-Chef Martin Brudermüller (59) sowie Ben van Beurden (62), CEO des Ölkonzerns Shell.

Reduzierte Zukunftsaufwendungen als „Warnsignal“

Daimler wies die teils scharfe Kritik an der Erhöhung der Dividende für das Geschäftsjahr 2020 zurück. „Die Unterstellung, dass die Dividende ausbezahlt würde aus Steuergeldern, die wir als Subventionen in der Krise erhalten haben, ist schlicht und einfach falsch“, sagte der scheidende Aufsichtsratschef Bischoff. Statt 90 Cent wie im Vorjahr will Daimler dieses Jahr 1,35 Euro pro Aktie an seine Anteilseigner ausschütten.

Gleichzeitig konnte der Konzern aber 700 Millionen Euro durch Kurzarbeitergeld sparen. Bischoff betonte freilich, dass es sich bei den Kurzarbeitergeldern um eine Versicherungsleistung aus der Arbeitslosenkasse handle, in die Daimler zuvor viel Geld eingezahlt habe.

Für das laufende Geschäftsjahr bleibt Daimler trotz des Engpasses bei der Versorgung mit Computerchips zuversichtlich. „Im ersten Quartal 2021 setzt sich der positive Trend der vorherigen Quartale fort“, teilte der Autobauer am Mittwoch mit. Absatz und Umsatz im Hauptgeschäftsfeld Mercedes-Benz Cars & Vans dürften im Auftaktquartal vor allem dank hoher Nachfrage in China über dem Vorjahreszeitraum liegen.

In der Factory 56 im Werk in Sindelfingen wird die elektrische Luxuslimousine künftig produziert. Quelle: Daimler AG
Ein Mercedes EQS in der Factory 56

In der Factory 56 im Werk in Sindelfingen wird die elektrische Luxuslimousine künftig produziert.

(Foto: Daimler AG)

Auch blicke der Autobauer zuversichtlich auf die Profitabilität, da er gute Preise durchsetzen könne und die Kosten weiter strikt unter Kontrolle halte. Daimler erwartet demnach weiter, dass Absatz, Umsatz und operatives Ergebnis im Jahr 2021 deutlich über dem Vorjahresniveau liegen werden.

Daimler will weiter seine Kosten senken und Personal abbauen. 2020 optimierte der Konzern vor allem seinen Free Cashflow. Der freie Mittelzufluss im Industriegeschäft konnte von 1,4 auf 8,3 Milliarden Euro gesteigert werden.

Dieser Zuwachs ging allerdings zulasten der Zukunftsaufwendungen. Konkret reduzierte der Mercedes-Hersteller seine Sachinvestitionen um ein Fünftel auf 7,5 Milliarden Euro und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung um elf Prozent auf 5,7 Milliarden Euro.

Diese Werte seien ein „Warnsignal“, kritisiert Marc Tüngler. „So bedeutend der Free Cashflow als Kennzahl sein mag und so gern die Aktionäre eine hohe Dividende wünschen, so entscheidend ist es, genau jetzt in die Zukunft zu investieren“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) dem Handelsblatt.

Daimler hatte im vergangenen Jahr trotz eines zweistelligen Rückgangs von Absatz und Umsatz aufgrund der Coronakrise den Gewinn gegenüber dem schwach ausgefallenen Vorjahr gesteigert. Das auf die Daimler-Aktionäre entfallende Konzernergebnis stieg um 50 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro.

Mehr: Mercedes-Tochter AMG schwört auf E-Antriebe und Achtzylinder

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5 Kommentare zu "Autobauer: „Wir warten nicht auf Veränderung“ – Daimler zieht Ende des Verbrenners vor"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.


  • Die Frage, wann Daimler sein Grundkapital (§ 3 der Satzung) erhöhen wird,
    kam wohl auf der 2.digitalen HV gar nicht zur Sprache. Warum denn nicht?

    Der im verrgangenen Jahr von der HV ermächtigte Vorstand,
    das Grundkapital bis zum 4.April 2023 mit Zustimmung des AR
    ganz oder in Teilbeträgen einmal oder mehrmals um bis zu
    1.000.000.000, 00 Euro zu erhöhen braucht für die Zukunftsinvestitonen
    Geld, auch wenn die Herren des Vorstands dies in Anbetracht erhöhten
    "Free Cash Flows" und bilanzierter Liquidität im Industriegeschäft argumentativ
    für gar nicht notwendig erachten.

    Wenn dem so wäre, hätte man ja die Satzung der Daimler AG zum August 2020
    gar nicht im § 3 "Grundkapital" neu fassen bzw. auf 3 Seiten ausdehnen müssen.

    Natürlich spielt die vorgesehene Trennung bzw.Ausgründung der Sparte "Trucks"
    eine große Rolle, den nun "stolzen" Kurs der Daimler Aktie nicht in die Tiefe zu
    lenken. Aber bei einer Eigenkapitalquote von21,8 Prozent des Daimler-Konzerns

    und bei noch immer 223 Milliarden Euro Konzernschulden und somit Eingeständnis, dritthöchst verschuldeter Konzern der Welt zu sein, spielt die Refinanzierungsmöglichkeit
    doch eine Rolle und sollte auch an einer digitalen HV Gegenstand von Fragen sein,
    die Antworten zur Foge gehabt hätten.
    Oder wollte man das "Geschenk" für die Aktionäre, "Truck-Aktien" "kostenlos" zu
    erhalten mit der Ausgründungm -wie angekündigt- nicht vorher schon zu Grabe tragen?

    Unter dieser Perspektive muss man auch die Dividenenerhöhung für 2020 sehen,
    denn wie soll man Aktiionäre für eine anstehende Kapitalerhöhung gewinnen, wenn
    man diesen zuvor eine Null-Dividende placiert hätte?

    Aber das Thema dürfe noch in 2021 ein Thema werden, auch wenn es darum geht,
    wie denn "diese Ermächtigung für eine Kapitalerhöhung" eventuell auch unter Ausschluss des Bezugsrechts abgewickelt werden könnte? Es lohnt also für Aktionäre, Einblick in die Satzung -Stand 20,August -Seiten 6-8- zu nehmen und nachzufragen.



  • "Allein in Deutschland müssten künftig pro Woche 2000 Ladesäulen ans Netz gehen, aktuell seien es aber nur 200. „Der Ausbau muss beschleunigt werden“, fordert Källenius. "
    Heisst in der Praxis. Mercedes macht sich stark abhängig von externen, nicht beeubflussbaren Entwicklungen. Eher ein schlechte als eine gute Strategie."

    @Günter Mempel: Die Ladeinfrastruktur brauchen alle Hersteller, nicht nur Mercedes-Benz. Was wäre denn Ihr Vorschlag? Soll etwa jeder Hersteller seine eigenen Ladesäulen installieren und Bund, Länder und Kommunen schauen zu?

  • Die Politik hat sichs etwas einfach gemacht. Wollte Wähler und Menschen mit dem Ökoschwenk bei Laune halten. Jetzt kommt die Infrastruktur nicht ihn Fahrt und man steht zwischen zwei Konzepten. Zumden gibt es keine Optionen den Strom zur Verfügung zu stellen. Was bringen die hübschesten Ladesäulen oder Steckdosen zuhause wenn gar nicht genug Energie in Form von Strom da ist.
    Demnach ist die effiziente Strategie der Unternehmen sich auf eine Art Antrieb zu fixieren ein extremes Risiko. Momentan weiß vermutlich noch niemand wie das endet. Klar ist nur dass viel Geld verbrannt wird. Fakt ist auch wenn der Strompreis weiter so steigt (nur durch Ökosteuern) wird das Stromtanken bald so teurer als Kraftstoff...

    Wie auch immer, volles Risiko, niemand weiß wie das ausgeht.

  • Jetzt wird es ungemütlich für Tesla. Die deutsche Autoindustrie war bisher ein schlafender Riese, der endlich aufgewacht ist. Wenn sie erstmal so richtig Fahrt aufgenommen haben, ist Tesla nur noch einer unter "ferner liefen". Die günstigen E-Autos werden aus China kommen und die hochwertigen aus Deutschland/Europa. Für Tesla ist da kein Platz.

  • "Unterdessen kritisiert Mercedes-Frontmann Källenius die Politik. Der Aufbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität gehe zu langsam, bis Ende des Jahreszehnt brauche es europaweit drei Millionen öffentliche Ladepunkte. „Heute haben wir nicht einmal ein Zehntel davon“, rügt Källenius. Allein in Deutschland müssten künftig pro Woche 2000 Ladesäulen ans Netz gehen, aktuell seien es aber nur 200. „Der Ausbau muss beschleunigt werden“, fordert Källenius. "
    Heisst in der Praxis. Mercedes macht sich stark abhängig von externen, nicht beeubflussbaren Entwicklungen. Eher ein schlechte als eine gute Strategie.

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