Autogipfel Kehrtwende der Autobauer: BMW, Daimler und VW setzen auf den Green Deal

Volkswagen hat bereits angekündigt, 2030 EU-weit 70 Prozent seines Absatzes mit rein elektrischen Fahrzeugen bestreiten zu wollen.
Berlin Mit strengeren Grenzwerten, mehr Ladesäulen und einem CO2-Preis will die Bundesregierung gemeinsam mit der Automobilindustrie und der Industriegewerkschaft Metall den Wandel hin zur Elektromobilität schaffen. Das geht aus dem Bericht einer Arbeitsgruppe hervor, der am Dienstagabend beim virtuellen Treffen der Bundesregierung mit der Branche im Rahmen der Konzertierten Aktion Mobilität auf der Tagesordnung steht.
„Vor dem Hintergrund zunehmender Akzeptanz der E-Mobilität erscheint das Erreichen ambitionierterer Flottengrenzwerte machbar, wenn die nötigen Rahmenbedingungen gegeben sind“, heißt es in dem Papier. Es liegt dem Handelsblatt vor.
Zu den Mitgliedern der Arbeitsgruppe mit dem Titel „Dekarbonisierung und Wertschöpfung“ gehören der Verband der Automobilindustrie, die IG Metall, der Chef der Plattform Zukunft der Mobilität, Henning Kagermann, sowie die Bundesministerien. Sie soll Wege aufzeigen, wie der Abschied vom Verbrennungsmotor gelingen kann, ohne dabei zugleich Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden.
„Deutschland soll ein global führender Standort für die Automobilindustrie der Zukunft bleiben“, heißt es in dem Bericht. Bis 2050 müsse dies klimaneutral geschehen. Mit entsprechenden Initiativen auf europäischer Ebene und umfassender staatlicher Hilfe will die Bundesregierung dieses Ziel sicherstellen.
Zu den Maßnahmen gehört, die Flottengrenzwerte der Hersteller zu verschärfen – und damit den Anteil elektrischer Fahrzeuge deutlich zu erhöhen. Wie stark die Reduktion ausfallen soll, steht noch nicht fest.
Schärfere Grenzwerte mit synthetischen Kraftstoffen
Bisher müssen die Hersteller die CO2-Grenzwerte bis 2030 um 37,5 Prozent im Vergleich zu 2020 senken. Dies hatten die Unternehmen lange kritisiert.
Die Arbeitsgruppe spricht dem Grenzwert nun „eine zentrale Rolle“ zu, um die Klimaziele zu erreichen. Er beschleunige auch notwendige Innovationen. Bisher plant Deutschland, bis 2030 sieben bis zehn Millionen E-Fahrzeuge auf die Straßen zu bringen. EU-weit sollen es laut EU-Kommission 30 Millionen sein.
Im Rahmen ihrer Green-Deal-Initiative will die Brüsseler Behörde die Ziele noch einmal verschärfen. Je nachdem, ob das Ziel auf 40, 50 oder sogar 60 Prozent erhöht werde, müsse der Staat entsprechend beim Wandel helfen und den Druck auf die Unternehmen abfedern, heißt es in dem Bericht.
So ist davon die Rede, etwa auch synthetische Kraftstoffe anzurechnen, was die Hersteller seit Längerem fordern – auch wenn die Kraftstoffe noch nicht abschließend erforscht sind und frühestens „ab der zweiten Hälfte der Dekade mit einem schrittweisen industriellen Hochlauf von synthetischen Kraftstoffen zu rechnen“ sei. E-Fuels seien aber eine wichtige Option, besonders im Luft- und Schifffahrtsverkehr und „gegebenenfalls für den Schwerlastverkehr“.
Lkw, die schwerer als 26 Tonnen sind, verursachen die Hälfte der Emissionen bei Nutzfahrzeugen. Das Bundesverkehrsministerium will ab 2023 die Lkw-Maut entsprechend anheben und fördert den Kauf emissionsarmer Fahrzeuge. Auch auf europäischer Ebene rechnet die Branche damit, dass die EU-Kommission die Flottenziele verschärfen wird. Dies sei „klimapolitisch und vor dem Hintergrund des Green Deals sinnvoll“, heißt es freimütig in dem Abschlussbericht.
Autobauer wollen den Kurs „konstruktiv unterstützen“
Und damit nicht genug: Wenn der Vorschlag „ökologisch-ökonomisch ausgewogen“ sei, sollte er „konstruktiv unterstützt werden“. Nur eine Bedingung stellt die Branche: Es müsse bis 2025 Technologieoffenheit herrschen und somit Batterieantriebe, Wasserstoff-Brennstoffzellen sowie Oberleitungs-Hybrid-Lkw möglich sein. Danach könne „eine Entscheidung über Technologiefokussierung sinnvoll sein“.
Je ambitionierter die Ziele seien, desto stärker sollten die Anreize sein. So sollten etwa wie bei Elektroautos jene mit geringen Emissionen doppelt in die Bewertung der Flottenziele eingerechnet werden.
Um Arbeitsplätze zu sichern, soll der Staat helfen, die gesamte Wertschöpfungskette der Elektromobilität in Deutschland anzusiedeln, etwa weitere Batterieproduktionen, das Recycling und auch etwa die Produktion synthetischer Kraftstoffe.
Im Dezember 2020 waren bereits 26,3 Prozent der Neuzulassungen E-Fahrzeuge, also Plug-in-Hybride und reine Stromer. Volkswagen hat bereits angekündigt, 2030 EU-weit 70 Prozent seines Absatzes mit rein elektrischen Fahrzeugen bestreiten zu wollen. Aus dem Abschlussbericht geht nun auch erstmals hervor, dass die Autobauer ihre Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge hinterfragen. So fahren Privatpersonen diese Autos nur zu 43 Prozent elektrisch, bei Dienstwagen sogar nur zu 18 Prozent. Trotzdem werden sie beim Flottengrenzwert wie rein elektrische Fahrzeuge angerechnet. Dabei wird unterstellt, dass sie zu 70 bis 80 Prozent der Zeit elektrisch fahren. Selbstkritisch heißt es, dass Plug-ins „derzeit noch deutlich unterhalb ihres Potenzials zur Reduzierung von CO2 im Verkehr beitragen“.
Plug-ins sollen ökologisch werden
Dies soll gelingen, indem die Autos mindestens 80 bis 100 Kilometer rein elektrisch fahren und schneller laden. Wenn zugleich die Ladeinfrastruktur ausgebaut werde, könne dies den elektrischen Fahranteil erhöhen „und das Potenzial gehoben werden“. Gelingt dies nicht, so sollen sie weniger großzügig auf den Flottengrenzwert angerechnet werden. Allerdings gäbe es dann auch keine „Glättung der Beschäftigungswirkungen“, also den sanfteren Übergang von der Produktion von Verbrennungsmotoren hin zu rein elektrischen Fahrzeugen.
Entsprechend pocht die Branche darauf, parallel auch die Ladeinfrastruktur deutlich auszubauen. Derzeit befinden sich drei Viertel der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Daher empfiehlt die Arbeitsgruppe, auf europäischer Ebene „verbindliche Ziele für den Ausbau der Ladeinfrastruktur“ festzulegen. Der Ausbau sei „essenziell für Akzeptanz und Markthochlauf von E-Fahrzeugen“.
In Deutschland sollen Automobilhersteller, Energie- sowie Mineralölwirtschaft mit freiwilligen Selbstverpflichtungen das Ladesäulennetz ausbauen. Unwirtschaftliche Standorte soll der Staat finanzieren.
Ab 2030 lenkt der CO2-Preis
Die in der Europäischen Kommission diskutierte neue Abgasnorm Euro 7 sieht die Arbeitsgruppe kritisch. Sie verweist darauf, dass die diskutierten Optionen „technisch erreichbar“ sein müssen. So sollte weniger auf strengere Grenzwerte gepocht werden als darauf, die Kontrolle im Realbetrieb sicherzustellen. Auch solle „Sicherstellung der Dauerhaltbarkeit der Abgasminderungssysteme im Fokus stehen“. Dies zusammen habe „positive Effekte auf Innovationen“.
Nach 2030 könnte aus Sicht der Branche der CO2-Preis das entscheidende Lenkungsinstrument werden. Würde der Verkehrssektor in den Emissionshandel einbezogen, dann sollten die Einnahmen eingesetzt werden, um die Unternehmen beim Wandel zu unterstützen, Arbeitsplätze zu sichern, Energiekosten zu senken und den globalen Wettbewerbsdruck zu mildern, heißt es in dem Bericht.
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Die Erklärungen der Autoindustrie sind der anscheinend gewollten Einstieg in die Staatswirtschaft. Der Sinn und die Machbarkeit der politischen Vorgaben werden gar nicht mehr kritisch hinterfragt. Wie gleichgeschaltete Lemminge wird nach massiven staatlichen Subventionen gerufen, also unseren Steuergeldern, um willkürlichen politischen Zielen nachzueifern.
Wenn es beim Fahrzeugabsatz hakt, bei der Ladeinfrastruktur, der Batterieproduktion oder beim provozierten Strukturwandel mit nachfolgendem Belegschaftsabbau soll selbstverständlich der Staat einspringen. Dies wird er auf Dauer aber nur zu seinen planwirtschaftlichen Bedingungen mit politisch geleiteten Entscheidungen tun.
Die unternehmerischen Freiheiten und die gesamte freie Wirtschaftskultur wird dadurch schweren Schaden nehmen mit entsprechenden Folgen für unseren Wohlstand.
Die jetzigen Vorstände der Autoindustrie, die das sehenden Auges durch ihren feigen Opportunismus gesellschaftlich zu verantworten haben, werden dann wieder mittels "golden handshake "abgefunden.
Der kleine Mittelstandsbetrieb wird aber in die Pleite verabschiedet, wenn er nicht politisch korrekt handelt.