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Elektromobilität Der Kombi als Künstler – der VW Arteon Shooting Brake im Handelsblatt-Autotest

Als Shooting Brake soll der VW Arteon die biedere Kombi-Klasse aufmischen. Das halbelektrische Modell erweist sich im Test als aufregend, aber exzentrisch.
10.03.2021 - 10:30 Uhr Kommentieren
Anders als beim klassischen Kombi ist das Heck weniger wuchtig.
Dynamischer gezeichnet

Anders als beim klassischen Kombi ist das Heck weniger wuchtig.

Düsseldorf In der Marke Volkswagen steckt auch ein bisschen Tragödie. Denn obwohl der deutsche Hersteller trotz aller Dieselskandale weiterhin extrem erfolgreich ist, arbeiten sie in Wolfsburg immer wieder vergeblich daran, auch ein bisschen in der Oberklasse mitspielen zu dürfen. Experimente wie der Phaeton floppten. Wer VW wollte, kaufte einen Passat. Wer edler unterwegs sein wollte, griff direkt zur Schwestermarke Audi.

Dienstwagenfahrer auf der Suche nach einer extravaganten Alternative entschieden sich eher selten für einen VW. Der Arteon ist angetreten, um dieser Tragödie ein Ende zu bereiten – und als halbelektrischer Plug-in-Hybrid könnte ihm das sogar gelingen. Denn bei den halbelektrischen Modellen müssen nur 0,5 Prozent des Kaufpreises als geldwerter Vorteil versteuert werden. Da fällt der Aufpreis zum normalen Passat gleich weniger ins Gewicht.

Auch die neue Karosserieform ist zielgruppengerecht: Der deutsche Dienstwagenfahrer bevorzugt den Kombi. Also ist der Arteon, der zu Beginn als reines Coupé unter dem Namen Passat CC verkauft wurde, nun auch als sogenannter Shooting Brake erhältlich, also als Coupé mit Steilheck. Das bietet mehr Platz als die flache Coupé-Karosserie – und soll sich deutlich vom VW Passat Variant abheben.

Wo der Passat auf eher biedere Verlässlichkeit setzt, trägt der Arteon ein bisschen dicker auf. Auffällig verchromte Lufteinlässe und eine LED-Leiste sorgen für eine aggressive Front. Die Linienführung sorgt dafür, dass das Auto länger wirkt. Unterstützt wird dieser Eindruck durch den Spoiler am Heck. Die Kunst steckt beim Arteon eben nicht nur im Namen. Würde das VW-Emblem an Front, Heck, Rädern und Lenkrad fehlen, könnten glatt Zweifel aufkommen, ob das noch ein VW ist.

Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass es einen VW-Kombi mit rahmenlosen Fenstern gibt? Der Vater meiner Freundin, ein Passat-Fahrer der ersten Stunde, ist beeindruckt. „Sehr elegant“, sagt er, während er auf dem Beifahrersitz die Innenausstattung begutachtet. Die kann sich tatsächlich sehen lassen. Im Gegensatz zum Konzernbruder misst sich der Arteon hier mit der Oberklasse.

Anstrengende Bedienung von Multifunktionslenkrad und Klimaanlage

Aluminium mit Kreuzschliff, Sitze in Carbon-Optik und sogar die Lufteinlässe sind verchromt. Die Sitze sind gemütlich und bieten zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten. Von der Sitzposition und der Größe des Innenraums hat man beinah das Gefühl, in einem SUV zu sitzen. Sehr angenehm ist auch die Massagefunktion für den Fahrersitz.

An der Front hat VW deutlich mehr Chrom verbaut als im Passat.
Aggressive Front

An der Front hat VW deutlich mehr Chrom verbaut als im Passat.

Auch innen hebt sich der Arteon vom Passat ab.
Aufgewerteter Innenraum

Auch innen hebt sich der Arteon vom Passat ab.

Anstrengend ist dagegen die Bedienung des Multifunktionslenkrads und der Klimaanlage. Statt auf bewährte haptische Knöpfe setzt Volkswagen im Arteon auf eine kapazitive Touchbedienung. Die Folge: Die Temperatur der Klimaanlage während der Fahrt umzustellen, ohne den Blick von der Straße abzuwenden, wird unmöglich. Man spürt schlichtweg nicht, ob der Regler umgestellt wurde oder nicht.

Beim Lenkrad ist es noch schlimmer. Denn hier können die Knöpfe sowohl per Touch als auch per Tastendruck bedient werden.

Das führt zum Beispiel bei der Lautstärkenregelung des Radios unweigerlich dazu, dass die Lautstärke manchmal doppelt „angewählt“ wird, einmal durch den Tastendruck, und wenn man mit dem Finger dabei leicht abrutscht, noch einmal durch die Touchoberfläche. Dann wird es laut in einem Auto mit einer 700-Watt-Anlage.

Deutlich höherer Verbrauch als angegeben

Ruhig bewegt sich der Arteon dagegen auf der Straße – dank Doppelherz. Als E-Hybrid surrt der Arteon beinah lautlos über die Straßen. Der 1,4-Liter-Benziner mit 156 PS wird nämlich durch einen Elektromotor mit 85 kW (116 PS) komplettiert. Kombiniert kommen beide auf 218 PS. Der Normverbrauch von 1,1 Litern ist – wie bei vielen PHEVs – ein theoretischer Wert.

Nach zwei Wochen Testfahrten über Landstraßen, im Stadtverkehr und der Autobahn reichten dem Motor bei meiner zügigen Fahrweise knapp acht Liter Superbenzin, um den großen und schweren Kombi fortzubewegen. Im Alltag gönnt sich der Elektroantrieb wiederum zwischen 17 und 20 Kilowatt die Stunde, was für ein Fahrzeug mit fast zwei Tonnen Leergewicht durchaus in Ordnung geht.

Der Arteon lässt es beim Anfahren eher gemütlich angehen und benötigt knapp acht Sekunden für die Beschleunigung von null auf 100 Kilometer pro Stunde. Wenn man es darauf anlegt, lässt sich der Wagen mit bis zu 222 Stundenkilometern bewegen. Aber das dürfte Fahrern der Hybrid-Version des Arteon eh unwichtig sein. Denn der Edel-Kombi ist ohnehin nicht für eine sportliche Klientel gedacht. Im Vordergrund stehen Gemütlichkeit und Erhabenheit.

Im Vergleich zu anderen Hybriden bietet der Arteon relativ viel Stauraum.
Großer Kofferraum

Im Vergleich zu anderen Hybriden bietet der Arteon relativ viel Stauraum.

Die digitalen Helfer im Arteon sind verlässlich.
Alles digital

Die digitalen Helfer im Arteon sind verlässlich.

Die Reichweite der 13-Kilowatt-Batterie langt nach WLTP-Norm für 57 Kilometer. Mit meinem Fahrstil komme ich nicht ganz auf 50 Kilometer. An einer Ladesäule mit einer Leistung von 3,7 Kilowatt Wechselstrom ist die Batterie in etwa drei Stunden aufgeladen. An der Haushaltssteckdose kommen noch mal rund zwei Stunden dazu.

Das sehr gute Fahrwerk, das beinah jede Bodenwelle für die Fahrzeuginnensassen unbemerkt schluckt, lässt sich auch in schnellen Kurven nicht aus der Ruhe bringen. Der Kombi schwebt praktisch über die Straße. Das macht sich vor allem auf der Langstrecke bezahlt.

Diva bei leerer Batterie

Sind die Batterien geleert, hat der Fünf-Meter-Kombi allerdings hörbare Mühe, das eigene Gewicht zu bewältigen. Auf der Autobahn wird jede Beschleunigung mit einem lauten Dröhnen quittiert. Das harmonische Zusammenspiel von Verbrenner und Elektromotor wird immer wieder gestört. Manchmal drückt man mit dem Gaspedal ins Leere, wenn die Batterie leer ist. Nach einer halben Sekunde schaltet sich dann der Verbrennungsmotor dazu. Dann macht der Wagen einen leichten Satz nach vorn. Komischerweise passiert das nicht immer. Wie es sich für einen echten Künstler gehört, ist der Arteon hier eine Diva.

Bei höheren Geschwindigkeiten fehlt zudem ein siebter Gang, was bei einem Auto der Oberklasse, der in der getesteten Version über 64.000 Euro kostet, ärgerlich ist. Auf den zweiten Blick erkennt man an manchen Stellen im Arteon den etwas zu ausgeprägten Sparenthusiasmus von Volkswagen. So sind beispielsweise die Türen vorn mit einem weichen Lederimitat verkleidet, hinten jedoch hat VW Hartplastik verbaut.

Weniger elegant machen sich offene Schweißnähte.
Sichtbare Nähte

Weniger elegant machen sich offene Schweißnähte.

Trotz E-Kennzeichen hat VW gleich vier Auspuffe angedeutet – und auch noch verchromt.
Chrom am Heck

Trotz E-Kennzeichen hat VW gleich vier Auspuffe angedeutet – und auch noch verchromt.

Öffnet man den Kofferraum, sieht man an der Stelle, an der das Dach mit der D-Säule verbunden wird, eine unschöne Schweißnaht. Und im Kofferraum sind zwar die Stellen in der Plastikverkleidung angedeutet, an der normalerweise Seilzuggriffe verbaut werden, um die Rücksitzbank umzuklappen. Allein: Es gibt diese Griffe im Arteon Shooting Brake nicht.

Unabhängig von der teilweise schwierigen Bedingung und kleineren Nachlässigkeiten ist die Verarbeitungsqualität des Arteon über jeden Zweifel erhaben. Wenn der Passat „Brot und Butter“ ist, dann liegt beim Arteon noch mindestens ein Scheibchen Lachs drauf.

Doch der Künstler kann auch praktisch: Der Kofferraum umfasst ein Volumen von 565 Litern. Das ist für Hybrid-Verhältnisse sehr groß. Familien sollten mit diesem Sporting Brake genug Stauraum haben.

Das Infotainment-System ist okay, und auch die Sprachsteuerung ist zu gebrauchen. Hier scheinen die Autohersteller langsam den Rückstand auf die Techindustrie aufzuholen, die bislang deutlich verlässlichere Systeme baut. Das System hat sowohl die Navigationsansagen meiner Freundin als auch von mir fast ausnahmslos verstanden. Von der flüssigen Bedienung eines Smartphones ist das zwar noch weit entfernt, aber immerhin erfüllt alles seinen Zweck.

In der sonst eher biederen Kombi-Klasse ist der Arteon eine Erscheinung. Und viele Schwächen hat er sich im Test auch nicht erlaubt. Ob er tatsächlich die gutbetuchte Kundschaft am Ende doch zu Volkswagen lockt? Es wäre ein Kunststück.

Technische Daten

Kombi mit fünf Sitzen

  • Länge: 4,87 Meter
  • Breite: 1,87 Meter
  • Höhe: 1,43 Meter
  • Radstand: 2,84 Meter
  • Kofferraumvolumen: 565 Liter
  • Benzinmotor: 1,4-Liter-Vierzylinder, 115 kW/156 PS
  • Elektromotor; 85 kW/116 PS
  • Systemleistung: 180 kW/218 PS
  • maximales Drehmoment: 400 Nm
  • Frontantrieb
  • Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe
  • Vmax: 222 km/h, 0-100 km/h: 7,8 s.
  • Normverbrauch nach WLTP: 1,1 l/100 Kilometer
  • Stromverbrauch: 14,8 kWh/100 km
  • CO2-Ausstoß: 27 g/km
  • Effizienzklasse: A+
  • Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
  • Preis: ab 51.064 Euro
  • Preis des Testwagens: ca. 64.175 Euro

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