Elektromobilität Genug gelangweilt – Der Skoda Octavia Combi IV im Handelsblatt-Autotest

Der Skoda Octavia weiß auch als Plug-in-Hybrid zu überzeugen.
Düsseldorf Skoda hat bei mir bislang einen so hohen Pulsschlag ausgelöst wie ein lauwarmes Fußbad. Das Design der Marke empfand ich – vorsichtig ausgedrückt – als ziemlich konservativ. Auf Automessen machte ich immer einen Bogen um den tschechischen Hersteller. Zwischen den ganzen emotionalen Marken aus dem Volkswagen-Reich wie Porsche, Bentley und, nun ja, selbst VW wirkte Skoda oft wie die graue Maus.
Dabei ist Skoda – oder „Schkoda“, wie der Profi sagt – hierzulande längst der inoffizielle Volkswagen. Mit 6,2 Prozent Marktanteil haben die Tschechen alle anderen Importmarken wie Renault, Peugeot oder Hyundai weit hinter sich gelassen. Der Octavia verkaufte sich in der Kompaktklasse zuletzt häufiger als der Opel Astra, die Mercedes A-Klasse oder der 1er BMW.
Dass die Tschechen sich viel Technologie mit der Kernmarke von Volkswagen teilen, ist kein Geheimnis. Skoda ist die Marke für Menschen, die gerne einen VW fahren möchten, aber etwas weniger bezahlen wollen.
Damit die Kernmarke darunter nicht zu sehr leidet, versucht man, sich optisch abzugrenzen. Das endete meist mit einem massentauglichen, aber auch unglaublich biederen Design – das mich lange abgeschreckt hat. Die erste Überraschung ist darum gleich der erste Blick auf den Skoda Octavia Combi IV. Mit den klobigen Autos aus meiner Erinnerung hat die neue Generation wenig zu tun. Und so fällt das Design zuerst auf, nicht die moderne Technik. Der IV ist nämlich ein Plug-in-Hybrid.
Auch als Kombi ist der Tscheche mit seinen dynamischen Linien und der abfallenden Front optisch aggressiver und deutlich moderner als seine Vorgänger. Unterstützt wird dieser Eindruck durch die zackigen LED-Leuchten. Der Schwiegervater wirft einen Blick auf das Logo, um erstaunt festzustellen: „Das ist ein Skoda? Die haben sich aber gemacht.“
Ein Eindruck, den ich durchaus teile – und der sich im Innenraum fortsetzt. An der Verarbeitung gibt es nichts zu meckern. Die Stoffapplikationen und Nähte machen was her. Die schwarzen Ledersitze lassen sich individuell einstellen und erweisen sich als ziemlich bequem. Warum sich bei jedem Start automatisch Sitz- und Lenkradheizung einschalten, ganz unabhängig von der Außentemperatur, kann ich mir nur damit erklären, dass ein Vortester diese Funktion eingeschaltet hat.

Optisch wurde der Skoda Octavia deutlich überarbeitet.

Vieles im Skoda Octavia erinnert an den VW Golf 8 – aber nicht alles.
Die Lautstärke des Multimediasystems wird im Octavia genauso über eine Touchleiste gesteuert wie das Panoramadach und der Sonnenschutz. Das funktioniert weitgehend intuitiv. Nur kurz nach dem Start hat die Lautstärkeregelung oft noch sehr viel Verzug, weil der Rechner wohl noch mit dem Hochfahren der Systeme beschäftigt ist. Macht nichts: Die Anlage ist für die Mittelklasse außerordentlich kraftvoll und präzise.
Manches im Innenraum – wie die indirekte Beleuchtung per LED-Leiste – erinnert an den VW Golf 8. Na klar, denn mit dem Bestseller teilt sich der Octavia die technische Basis. Doch auch hier ist man einen eigenen Weg gegangen, an einigen Stellen ist das sogar praktischer. Anders als beim volldigitalen Konzernbruder hat Skoda mehr tatsächliche Tasten verbaut – nicht nur für die Klimaanlage, sondern auch für Assistenten.
So lässt sich bei der Parkplatzsuche ein Assistent einschalten, der links und rechts nach freien Lücken sucht und souverän einparkt. Sonderlich neu ist das nicht, aber selten funktioniert der kleine Helfer so problemlos wie im Octavia. Bei der Parkplatzsuche in der Stadt schont es die Nerven, sich nicht durch ein Multimedia-System zu wühlen, um ein bisschen Hilfe zu bekommen. Das bieten zwar auch mehrere andere Hersteller einfach per Knopfdruck, ist aber meist mit größeren Schweißausbrüchen verbunden.
Wie es sich für ein Familienauto gehört, bietet der teilelektrische Octavia mit 490 Litern zwar weniger Stauraum als der reine Benziner, der auf 640 Liter kommt. Ein Kinderwagen und der gesamte Wocheneinkauf finden aber problemlos Platz – und dabei habe ich noch nicht mal die Rücksitze umgeklappt, was per Seilzug denkbar einfach wäre und den Stauraum auf 1555 Liter vergrößert.
Die größte Schwäche teilt sich der Octavia IV mit vielen Plug-in-Hybriden: Die Ladezeiten sind alles andere als berauschend. Die 13-kWh-Batterie kann mit maximal 3,6 kW geladen werden. An einer gängigen Wallbox dauert eine volle Ladung 3,5 Stunden, an einer Schuko-Steckdose sind es 4,5 Stunden. Für Pendler, die ihr Auto über Nacht in ihrer Garage oder tagsüber am Arbeitsplatz laden, ist das vollkommen okay. Unterwegs wird man sich die Ladung der Batterie so eher sparen.

Dank zahlreicher Assistenten ist die Fahrt im Octavia sehr entspannt.

Das Handy kann einfach am Vordersitz verstaut werden.
Die Reichweite beziffert Skoda auf 61 Kilometer. Und tatsächlich ist der elektrische Verbrauch bei zurückhaltender Fahrweise für ein Auto dieser Größe – samt Mehrgewicht durch doppelten Antrieb – vollkommen in Ordnung. Bei frühlingshaften zehn Grad erreiche ich bei Stadtfahrten um die 15,4 kWh Verbrauch.
Das Zusammenspiel zwischen Verbrennungsmotor und Elektroantrieb haben die Skoda-Ingenieure gut hinbekommen. Solange die Batterie voll ist, fährt der Skoda bevorzugt elektrisch – und entsprechend geräuschlos. Zusammen bringen es der 1,4-Liter-Vierzylinder-Benziner mit seinen 150 PS und der Elektromotor mit seinen 85 kW (115 PS) auf eine Systemleistung von 202 PS. Das ist weder über- noch untermotorisiert.
Wer es sportlicher mag, kann den Elektromotor als Boost nutzen. Nur warum sollte man das tun? Einen Familienkombi muss man nicht mit 210 Stundenkilometern fahren – aber im Octavia könnte man das zumindest.
Trotzdem ist der Kombi kein Rennwagen, dafür gibt es als Sportvariante des Benziners den RS. Das gilt vor allem, wenn die Batterie leer ist. Drückt man nun zu hart aufs Gas, quittiert der Octavia diese Unverschämtheit mit einem aufheulenden Motor und kurzfristigen Verbräuchen von mehr als 30 Litern Benzin pro 100 Kilometern. Natürlich nur für die Sekunden der Beschleunigung. Danach fängt er sich schnell und gleitet wie gewohnt sparsam dahin.
Vom Normverbrauch – auch das ist leider keine Überraschung – ist auch dieser Plug-in-Hybrid aber meilenweit entfernt. 1,1 Liter Super oder 14,3 Kilowattstunden veranschlagt der Hersteller nach WLTP-Standard. Und die erreiche ich im Test niemals. Aber selbst bei einem kurzen Wochenendausflug über Autobahn und Landstraße ist der Verbrauch durchaus okay: 3,9 Liter Super und 7,7 kWh stehen auf dem Display.
Mit einem Einstiegspreis von rund 38.000 Euro ist der halbelektrische Skoda selbst nach Abzug der 6750 Euro Kaufprämie noch gut 10.000 Euro teurer als die Einstiegsvarianten mit Verbrennungsmotor. Der Testwagen mit Vollausstattung kommt auf fast 48.000 Euro, was die preisbewusste Kundschaft abschreckt. Allerdings dürfte sich das Auto für Familien, die vor allem in der Stadt unterwegs sind und eine eigene Garage haben, über die gesamte Laufzeit als gutes Investment erweisen.

An der Steckdose braucht der Skoda 4,5 Stunden, um aufzutanken.

Rein elektrisch kommt der Skoda Octavia auf 55 Kilometer.
Überzeugen können auch die Sicherheitsassistenten: Der adaptive Tempomat erkennt Hindernisse souverän, bremst automatisch ab und bringt einen stressfrei durch den Stau. Über ein Head-up-Display warnt der Octavia vor Geschwindigkeitsbegrenzungen und Kreuzungen, die man als Fahrer beim Blick durch die Frontscheibe nur erahnen kann – und empfiehlt rechtzeitig, den Fuß vom Gas zu nehmen. Das regelmäßige Ausgleiten spart nicht nur Sprit, sondern lädt die Batterie und verhindert unnötige Bremsmanöver.
Wie in der Vergangenheit bringt auch dieser Tscheche die kleinen Extras mit, mit der die Marke sich von der Masse abheben will. In Fahrer- und Beifahrertür sind Regenschirme versteckt. In der Tankklappe findet sich ein Eiskratzer. Das beste Extra ist nur von der Rückbank sichtbar.
Statt lästige Netze zu verbauen, in denen sich bei Familienautos ja ohnehin nur Verpackungen sammeln, hat dieser Skoda Halter für Smartphones an den Sitzen und oben an der Nackenstütze. Klar kann man sich dieses Extra auch günstig nachrüsten. Auf längeren Fahrten mit Kindern erspart es mitunter die lästige „Wann sind wir da?“-Frage.
Nicht nur mein dreijähriger Sohn ist am Ende des Tests offen enttäuscht, dass dieser Skoda schon wieder gehen muss. Und auch ich finde es fast ein bisschen schade. Obwohl ich mir alle Mühe gegeben habe, diesen Tschechen langweilig zu finden, will es mir am Ende einfach nicht gelingen. Richtig große Schwächen hat dieser Octavia nicht – und das ist ja auch schon fast wieder ein bisschen langweilig.
Technische Daten
Kompakt-Kombi der Mittelklasse
- Länge: 4,69 Meter
- Breite: 1,83 Meter (mit Außenspiegeln: 2,00 Meter)
- Höhe: 1,50 Meter
- Radstand: 2,68 Meter
- Batteriekapazität: 13 kWh
- Kofferraumvolumen: 490 – 1555 Liter
- Antrieb: Vierzylinder-Benzinmotor: 150 PS (110 kW), Elektromotor: 85 kW (115 PS)
- gemeinsame Leistung 150 kW/204
- maximales Drehmoment: 250 Nm ab 1 U/min
- Sechs-Gang-Doppelkupplung-Getriebe
- 0-100 km/h: 7,8 s
- Vmax: 220 km/h (rein elektrisch: 130 km/h)
- Reichweite elektrisch: 65 km
- Normverbrauch: 1,1 Liter/100 Kilometer, 14,3 kWh (WLTP)
- CO2-Ausstoß: 24 g/km
- Preis: ab 38.990 Euro
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Der 100ste, 1.000ste Test eines Hybriden. Und was kann daraus folgern? Nichts. Gut, das bisschen weniger Kofferraum - ist ja kein Vergleichstest (Parkplätze gibt es überall, da wählt man lieber ein größeres Auto als Hybrid, damit es reicht. Der Mehrpreis? Keine Frage. Was braucht er denn täglich auf typischen Pendlerstrecken? Bei 130 km/h? Ist er den Mehrpreis wert und rechnet es sich? Oder könnte man die Differenz in Windenergie anlegen, ein kleineres Auto wählen und trotzdem günstiger fahren und auch leichter einparken?
Wenn man jeden Tag 140 km pendelt - wie lange fährt man denn elektrisch? Und eine eigene Steckdose - natürlich. Wie hoch sind die Ladeverluste? Ich gehe also bei einem "normalen" Gebrauch von 6 Litern plus 14,3 kwh aus. Für tägliche Fahrten von ein paar Kilometern (bis 40 km) würde ich mir ein Elektroauto kaufen.
Und: "Allerdings dürfte sich das Auto für Familien, die vor allem in der Stadt unterwegs sind und eine eigene Garage haben, über die gesamte Laufzeit als gutes Investment erweisen." Ein etwas seltsames Rentabilitätsverständnis.
Hochschreiben nutzt nichts, ist immer noch bieder. Evtl. haben sich ja die Erwartungshaltungen des Schreibers verändert (z.B. wegen Familiengründung etc.).