Elektromobilität Koalition senkt Hürden für private E-Ladestation – Was Eigentümer und Mieter beachten müssen

Wenn sich mehrere Eigentümer für eine private Ladestation aussprechen, können die Kosten geteilt werden.
Berlin Die Ambitionen sind beachtlich. Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen bringen. Dieses Ziel dürfte jedoch nur dann realistisch sein, wenn den Bundesbürgern genügend Ladepunkte zur Verfügung stehen, um ihre Fahrzeuge mit Strom zu versorgen.
Die Infrastruktur ist noch ausbaufähig. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft gibt es derzeit lediglich 33.000 Ladestationen. Eine Studie der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums vom Donnerstag kommt zum Ergebnis: Deutschland braucht im Jahr 2030 mindestens 440.000, vielleicht sogar 843.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektroautos.
Die genaue Zahl ist unter anderem abhängig von der Zahl der privaten Ladepunkte. Die Bundesregierung will nun auch private Haushalte stärker zum Einbau von Ladestationen animieren. Das wird beispielsweise am jüngst verabschiedeten Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEG) deutlich, das zum 1. Dezember 2020 in Kraft tritt. „Damit die Wende zur E-Mobilität gelingt, brauchen wir eine flächendeckende und zuverlässige Ladeinfrastruktur“, begründete Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) unter anderem die WEG-Initiative.
Darin ist festgehalten, dass jeder Eigentümer einen Rechtsanspruch auf den Einbau einer E-Ladestation auf eigene Kosten hat. Da es rund 800.000 Wohnungseigentümergemeinschaften mit mehr als neun Millionen Eigentumswohnungen in Deutschland gibt, dürfte der Effekt spürbar werden.
Wie können Wohnungseigentümer diesen Anspruch umsetzen?
Es sei auf jeden Fall sinnvoll, bei anderen Eigentümern für das Vorhaben zu werben, um dieses Projekt eventuell gemeinsam in Angriff zu nehmen, sagt Julia Wagner, Rechtsreferentin beim Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. So können die Kosten schließlich geteilt werden. Findet sich keine Mehrheit, kann der entsprechende Interessent den Einbau verlangen, kommt dann aber allein für die Kosten auf. Der Beschluss kann dann nicht durch die Mehrheit blockiert werden. Formal braucht es dennoch die Zustimmung der Eigentümerversammlung.
Wie sind nach dem neuen WEG die Mehrheitsentscheidungen geregelt?
Die Hürden für allgemein bauliche Veränderungen hat das WEG merklich abgesenkt. Künftig reicht die einfache Mehrheit, um eine Entscheidung auf der Eigentümerversammlung zu treffen. Das soll beispielsweise notwendige Sanierungen erleichtern. Dann zahlen nur diejenigen Eigentümer, die für die Maßnahme stimmen. Nur ihnen ist dann auch die Nutzung gestattet. Wird der Beschluss mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Eigentümer gefasst, die mindestens 50 Prozent der Miteigentümeranteile repräsentieren, gilt die Entscheidung für alle. Heißt: Alle müssen zahlen, alle dürfen nutzen. Beim Einbau einer E-Ladestation sind die Hürden noch geringer, da auch ein einzelner Eigentümer Rechtsanspruch besitzt. Er zahlt allein, doch nur er darf die Station auch nutzen.
Was passiert bei einem Eigentümerwechsel?
Denkbar ist, dass es zu einem Eigentümerwechsel kommt, sodass es mehr Interessenten für eine eigene Ladestation gibt und Investitionen in das Stromnetz nötig werden. Der Gesetzgeber hat an solche Konstellationen gedacht. Wohnungseigentümer, die bislang keine Nutzer von baulichen Veränderungen wie zum Beispiel Ladestationen sind, können verlangen, dass sie davon durch angemessenen Ausgleich profitieren. Dieser Ausgleich umfasst die Beteiligung an laufenden Kosten und an Kosten, die durch die Installation entstanden sind – quasi eine Art Entschädigung. Auch Kosten, die durch die Berücksichtigung neuer Nutzer anfallen – beispielsweise durch eine dann nötige Erweiterung des Hausstromnetzes –, könnten darunter fallen. In letzter Konsequenz dürften hier Gerichte für eine Auslegung sorgen, glaubt Wagner von Haus & Grund Deutschland.
Gilt dieser Rechtsanspruch auf eine E-Ladestation auch für Mieter?
Das bejaht Wagner. Doch dieser Anspruch sei im Bürgerlichen Gesetzbuch, nicht im WEG geregelt. Der Mieter könne verlangen, dass der Vermieter ihm bauliche Veränderungen an der Mietsache erlaubt, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Der Mieter dürfe eine Ladestation auf eigene Kosten einbauen, „allerdings muss der Vermieter das vorher genehmigen“, so Wagner. Der Vermieter darf den Einbau nur dann verbieten, wenn ihm dieser nach einer Interessenabwägung nicht zugemutet werden kann. Ein Verbot kann beispielsweise aufgrund der Beschaffenheit oder Bausubstanz erfolgen. Heißt: Trotz rechtlichen Anspruchs kann der Mieter in seinen Plänen gebremst werden.
Kommen auf den Mieter weitere Kosten zu?
Vor der Gesetzesänderung konnte der Vermieter seine Zustimmung von einer zusätzlichen Kautionsleistung abhängig machen – um sicherzugehen, dass bei einem Auszug des Mieters auch ein entsprechender Rückbau erfolgt. Nun sei eine zusätzliche Kautionszahlung allerdings nicht mehr erforderlich, sondern komme nur im Rahmen der Interessenabwägung zum Tragen, so Wagner.
Mehr zum Thema lesen Sie exklusiv in Handelsblatt Inside Real Estate, dem Fachbriefing über die Zukunft der Immobilienwirtschaft. Melden Sie sich hier an.
Wie steht es um finanzielle Anreize durch den Staat?
Die Bundesregierung fördert den Kauf und Einbau privater Ladestationen einschließlich des Anschlusses an das Stromnetz mit 900 Euro. Allerdings muss der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Ab dem 24. November können Interessenten über die Website der KfW Förderanträge stellen. Die von der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur erstellte Liste der förderfähigen Ladestationen ist bereits jetzt auf der KfW-Website verfügbar und wird ergänzt. Experten schätzen die Kosten für Installation und Kauf auf 3000 bis 4000 Euro.
Gibt es weitere Anreize?
Schon seit längerer Zeit gibt es Zuschüsse für den Erwerb der vergleichsweise teuren Elektroautos. Für E-Autos bis zu einem Listenpreis von 40.000 Euro können die Zuschüsse bis zu 9000 Euro betragen. Aktuell zeichnet sich ab, dass der Kauf von Elektroautos für eine klimafreundliche Verkehrswende länger gefördert werden soll als bisher geplant. Die zuletzt von der Regierung verdoppelte Kaufprämie solle über 2021 hinaus bis 2025 greifen, hieß es in Koalitionskreisen.
Mehr: „Verlängern, ausbauen, höhersetzen“ – Söder will Elektroprämien deutlich ausweiten.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.