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Flottenmanagement

Flottenmanagement E-Scooter statt teure Dienstwagen: Der Wandel der Fuhrparks beschleunigt sich

Die Pandemie hat den Flottenmarkt durcheinandergewirbelt. Der klassische Dienstwagen bekommt Konkurrenz und Mobilitätsbudgets gewinnen an Attraktivität.
16.03.2021 - 12:50 Uhr Kommentieren
E-Scooter: Der Hype könnte schon am Jahresende vorbei sein Quelle: dpa
E-Scooter

12,4 Prozent betrug laut Dataforce der Rückgang des deutschen Flottenmarkts im vergangenen Jahr. In Zukunft könnten E-Scooter und Mobilitätsbudgets den Dienstwagen ablösen.

(Foto: dpa)

Köln Zwei Marken standen den Mitarbeitern zur Auswahl – und einige Autos im Katalog waren PS-starke Verbrenner. Dass das Dienstwagenangebot nicht mehr so recht in die Zeit passte, war Martin Müller schon länger bewusst.

Nun hat der Personalchef des schnell wachsenden Betreibers von Rechenzentren, NTT Global Data Centers EMEA, Nägel mit Köpfen gemacht: Das Fuhrparkmanagement wurde an einen externen Dienstleister ausgelagert. Die rund hundert Dienstwagenberechtigten in Deutschland, in der Schweiz, in Österreich, Spanien und den Niederlanden haben seit Anfang des Jahres ganz neue Wahlmöglichkeiten.

Wer will, kann nun auf ein E-Auto oder Hybridfahrzeug umsteigen, ein kleineres Modell wählen oder nur saisonal einen Wagen nutzen. Oder auch ganz verzichten. Der Anreiz: Das eingesparte Geld wird über die Gehaltsabrechnung ausgezahlt. „Einerseits sehen wir uns stark dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtet, andererseits hat sich der Mobilitätsbedarf der Mitarbeiter deutlich verändert“, nennt Müller die Beweggründe. „Besonders Jüngere haben oft gar kein Interesse mehr an einem klassischen Dienstwagen.“

Ein Umdenken gab es im vergangenen Jahr aber auch bei einigen älteren Kollegen - mehr als zwei Drittel der Firmenwagenfahrer haben regelmäßig im Homeoffice gearbeitet.

Ein Jahr ist es nun her, dass in Deutschland wegen der Corona-Pandemie weitgehende Einschränkungen des öffentlichen Lebens beschlossen wurden – auch den Flottenmarkt hat das durcheinandergebracht.

Weil Dienstreisen und Fahrten ins Büro wegfielen, standen im Frühjahr die Kilometerzähler vieler Autos nahezu still. Für den Gesamtbestand der Pkws beziffert die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) den Rückgang bei der Laufleistung 2020 auf sechs Prozent verglichen mit dem Vorjahr. Bei den besonders in Firmenflotten beliebten Dieselfahrzeugen lag das Minus sogar bei fast zwölf Prozent.

Fuhrparkmanager treten auf die Bremse

Unter dem Eindruck der Coronakrise hätten Fuhrpark-Verantwortliche auf die Bremse getreten, berichtet Christian Schüßler. „Im April und Mai gab es einen deutlichen Dip im Neugeschäftsvolumen“, sagt der Vertriebschef des Full-Service-Leasing-Anbieters Arval, der in Deutschland 85.000 Firmenwagen unter Vertrag hat. Turnusgemäße Erneuerungen der Flotten seien ausgesetzt worden. „Unternehmen haben lieber Bestandsfahrzeuge zu günstigeren Kosten weiter genutzt.“

Die Folge: Laut Daten der Frankfurter Analysefirma Dataforce ist der hiesige Flottenmarkt im vergangenen Jahr um 12,4 Prozent eingebrochen. Zwar hat sich das Geschäft in der zweiten Hälfte 2020 wieder normalisiert. Schüßler spricht gar von einem „fantastischen Jahresausklang“.

Er verweist darauf, dass viele Fahrzeuge erst verspätet in der Zulassungsstatistik auftauchen. Denn wegen der Pandemie waren viele Fahrzeuge nicht prompt lieferbar. Doch an ein „business as usual“ nach der Pandemie mag in der Branche niemand glauben. „Eine ganze Reihe unserer Kunden hat den Status quo infrage gestellt - zu spüren ist da teils eine richtige Aufbruchstimmung“, sagt Philip Kneissler, der mit seiner Firma Belmoto neben NTT Global Data Centers etwa 80 weitere Unternehmen zu Leasingverträgen, Dienstwagenrichtlinien und alternativen Mobilitätskonzepten berät. Nur eine Minderheit sei der Ansicht, dass Homeoffice nicht bleiben werde - und das Pendel nach Corona zurückschlägt.

Laut einer Ende 2020 veröffentlichten Dataforce-Umfrage rechnet etwa jeder dritte Fuhrparkleiter damit, dass das digitale Arbeiten zu einschneidenden Veränderungen führen wird. Anhaltend niedrigere Laufleistungen sind in der Befragung die Topnennung. Doch auch insgesamt weniger Fahrzeuge und mehr alternative Mobilitätslösungen werden erwartet.

Die parallel befragten Dienstwagenfahrer gehen ebenfalls von Veränderungen aus: Fast jeder fünfte hält den Umstieg auf ein kleineres Modell für sinnvoll. 15 Prozent sagen sogar, sie könnten ganz auf einen Dienstwagen verzichten.

E-Scooter statt Dienstwagen

Dahinter stehen auch finanzielle Erwägungen. Zwar übernehmen Arbeitgeber die Kosten für Dienstwagen. Doch der Vorteil aus der privaten Nutzung ist steuerpflichtig. Hinzu kommt: Wer sich für eine höherwertige Ausstattung entscheidet oder gleich ein teureres Fahrzeug als vom Unternehmen zugedacht wählt, zahlt zu. „Viele fragen sich nun, warum sie noch für ein Auto blechen, das sie kaum bewegen“, sagt Kneissler.

Eine zunehmend beliebte Alternative sind Mobilitätsbudgets. Der Arbeitgeber spendiert dann nicht mehr automatisch einen Firmenwagen, sondern stellt Mitarbeitern einen monatlichen Betrag zur Verfügung. Der kann frei genutzt werden - auch für ÖPNV-Abos, einen Mietwagen, Taxifahrten, Carsharing oder das Leihen eines E-Scooters.

So hat SAP gerade angekündigt, unter dem Eindruck der Coronakrise einen bisher auf Berlin und Potsdam begrenzten Pilotversuch im Frühjahr auszuweiten. 1500 der rund 20.000 Dienstwagenberechtigten des Walldorfer Softwarekonzerns können sich auf freiwilliger Basis nun für ein Mobilitätsbudget entscheiden. Im vergangenen Jahr ist auch Belmoto-Kunde Frosta auf das Modell umgeschwenkt - das erklärte Ziel des Lebensmittelherstellers: Langfristig sollen Dienstwagen ganz gestrichen werden.

Die Arbeitgeber verbinden mit Mobilitätsbudgets zwei Ziele: Sie können auch Mitarbeitern etwas bieten, die keinen Dienstwagen wollen. Und sie kommen ihren Klimazielen näher, wenn die Fahrzeuge aus der eigenen CO-Bilanz verschwinden. Selbst Leasingfirmen, deren Brot-und-Butter-Geschäft der Vertrieb von Autos ist, öffnen sich alternativen Konzepten.

So bietet die Daimler-Tochter Athlon mit „My Benefit Kit“ Mobilitätsbudgets an. Arval-Manager Schüßler spricht lieber von „Mobility-as-a-Service“ - die Idee ist aber ähnlich. Noch mache das klassische Leasing für Verbrenner weit über 90 Prozent des Gesamtumsatzes aus, sagt Schüßler. „Aber der Markt wandelt sich: Perspektivisch werden viele Unternehmen ihre Fuhrparks anpassen und weitere Mobilitätsarten implementieren.“

Jeder fünfte Pkw-Halter steigt seit der Pandemie häufiger aufs Rad

Ende 2019 hat das Tochterunternehmen der französischen Großbank BNP Paribas eine neue Firmenstrategie ausgerufen. Vernetzter, digitaler und flexibler solle das Angebot werden. Dazu gehören etwa Kurz- und Langfristmieten sowie Mobilitätsdienste - vom Carsharing bis zum E-Scooter. Einen ganz ähnlichen Kurs hat auch Volkswagen Leasing eingeschlagen: Das Unternehmen mit knapp 1,7 Millionen Fahrzeugen im Bestand will sich als ganzheitlicher Dienstleister für Firmenmobilität verstanden wissen.

Im vergangenen Jahr hat die VW-Tochter das Hamburger Start-up Voya zugekauft. Es bietet eine Software-Plattform für die Buchung und Abrechnung von Geschäftsreisen an - ganz unabhängig vom Transportmittel. Mit zahlreichen anderen Dienstleistern bestehen zudem Kooperationen. „Unsere Kunden fragen verstärkt Add-ons nach“, sagt Armin Villinger, bei Volkswagen Leasing für den Vertrieb in Deutschland verantwortlich. Wichtig sei, dass alles aus einer Hand komme - „das bedeutet aber nicht, dass wir alles selbst machen“.

Erstaunlich für die Tochter eines Autokonzerns: Seit wenigen Wochen können Kunden auch Fahrräder leasen. Realisiert wird das Angebot mit Partnerfirmen. Das Geschäft sei kurz nach dem Start „exorbitant nach oben gegangen“, freut sich Villinger. Auch Konkurrent Arval vermittelt neuerdings Fahrräder.

Eine repräsentative Befragung von DAT zeigt: Jeder fünfte Pkw-Halter in Deutschland steigt seit der Pandemie häufiger aufs Rad - während Busse und Bahnen gemieden werden. „Flexible und individuelle Lösungen werden verstärkt nachgefragt“, sagt Villinger. Vor allem kurz- und langfristige Automiete sowie Autoabos sieht er als Gewinner. Um die höheren Kosten zu kompensieren, stiegen Fuhrparkmanager tiefer in die Analyse ein. „Gespart wird beispielsweise bei Poolfahrzeugen, die durch das Homeoffice weniger stark genutzt werden.“

Dass der Dienstwagen verschwindet, dürfte aber die große Ausnahme bleiben. Auch NTT Global Data Centers will ihn künftig weiter anbieten. „Ganz können wir auf das Instrument nicht verzichten, auch wenn die Nachfrage zurückgeht“, erläutert Personalchef Müller. Er denkt bereits über mehr Alternativen für die Mitarbeiter nach - etwa ein Fahrrad-Leasing. Auch die Einführung eines Mobilitätsbudgets könnte folgen.

Mehr: Homeoffice und Kurzarbeit Wie Sie kräftig sparen, wenn der Dienstwagen wegen Corona in der Garage bleibt.

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