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Abercrombie & Fitch Abstieg einer Kultmarke

Abercrombie & Fitch ist die unbeliebteste Marke der USA, noch vor Walmart und McDonald's. Die Modekette will ihr schlechtes Image wieder aufpolieren. Aber das wird nicht leicht, das Geschäft hat sich grundlegend verändert.
02.03.2016 - 18:25 Uhr
Das Image des Labels ist schlecht. Quelle: AP
Ein Model posiert in einer Abercrombie-Filiale

Das Image des Labels ist schlecht.

(Foto: AP)

New York/Düsseldorf New York, Water Street. Wie sich die Zeiten ändern. Hier warben vor zehn Jahren halbnackte Jungs mit definierten Muskeln und weißen Zähnen auf der Straße. Teenager standen Schlange vor dem neusten Abercrombie & Fitch, drängelten sich in den nachtklubartigen Laden, rissen sich um die Jeans oder Sweatshirts. Die Sachen waren nicht aus Baumwolle, sondern aus einem besonderen Stoff gewebt: dem Traum von Schönheit und Coolness.

Heute verlieren sich die wenigen Kunden in den zwei Stockwerken. Es hämmert keine Musik mehr, das Licht ist etwas heller, die Verkäuferinnen sehen nicht wie Models aus. An den Stangen hängt Mode, die nicht mehr aufdringlich jugendlich ist. Verschwunden sind die riesigen Abercrombie-&-Fitch-Aufschriften auf Hosen und Hemden.

Die frühere Teenager-Kette will erwachsen werden. Ganze zwölf Quartale in Folge fielen die Umsätze von Abercrombie & Fitch. So auch bei den jüngsten Zahlen: Im vierten Quartal 2015 sanken die Erlöse um zwei Prozent. „In dem laufenden Jahr stehen wir vor Herausforderungen“, sagte Chairman Arthur Martinez, die Marke sei durch das frühere Management „beschädigt“, der Turnaround brauche Zeit. Die neuen Zahlen verhalfen der Aktie trotzdem zu Freudensprüngen, denn die Schwestermarke Hollister verzeichnete starkes Wachstum. Diesen Erfolg verantwortet Fran Horowitz, die früher bei der Modemarke Ann Taylor und beim Kaufhaus Bloomingdale's arbeitete und im Herbst 2014 zum Unternehmen kam. Sie hat jetzt alle Chancen, den Chefposten von Abercrombie zu übernehmen.

Seit dem Abgang des langjährigen CEO Mike Jeffries vor gut einem Jahr ist der Posten unbesetzt geblieben. Der Schock war groß: Jeffries sorgte mit Aktionen und Sprüchen für Skandale. So mache Abercrombie Mode nur für „coole, gut aussehende Menschen“, „alle anderen interessieren uns nicht“. Daher führte die Kette keine XL-Größen. „Schließen wir Kunden aus? Auf jeden Fall“, sagte Jeffries.

Unbeliebter als Walmart und McDonald's

Die Überheblichkeit rächt sich heute. Laut einer neuen Umfrage der Beratung ACSI ist das Label die von US-Verbrauchern am meisten gehasste Marke. Abercrombie & Fitch verdrängte den Einzelhandelsriesen Walmart vom letzten Platz, der sechs Jahre lang in der jährlichen Umfrage die rote Laterne halten musste. Der Absturz ist erstaunlich, vorbehalten eigentlich für „Unternehmen, die wie Walmart oder McDonald‘s Monopolmacht besitzen“, staunte Forrest Morgeson, Marktforschungsdirektor bei ACSI.

Doch Abercrombie ist kein Einzelfall. Konkurrenten wie American Apparel gingen pleite, die Aktie von Aeropostale wird für 20 Cent gehandelt, Gap und American Eagle straucheln. Das liegt nicht nur am unberechenbaren Modegeschmack von Teenagern. Neue Medien wie Instagram, Pinterest oder Facebook verändern das Geschäft grundlegend. Kunden wissen viel früher, was für neue Mode es gibt – und wollen sie sofort kaufen. Der Wandel bevorteilt Forever 21, H&M, Primark und Zara, die mit Macht in den US-Markt drängen. Sie liefern ständig neue Kleidung und Designs. Das ist wichtig in Zeiten von sozialen Medien: Jüngere Käufer schicken Fotos und SMS aus den Umkleidekabinen, fragen Freunde um ihre Meinung – und machen so bereitwillig Werbung für die Marke.

Wie dramatisch sich die Zeiten geändert haben, erzählt Tara Liong. Als Studentin traf sich die Amerikanerin mit Freunden in Läden wie Abercrombie & Fitch und Hollister, weil dort „die coolen Kids waren“. Das war vor gut einem Jahrzehnt, erinnert sich die heutige Analystin von der Einzelhandelsberatung JGA. Doch eines Tages war die Marke out: „Die Leute blieben weg, sie galt als versnobt“, sagte die 35-Jährige, die seitdem nie mehr einen Fuß in einen Abercrombie setzte. „Heute treffen sich die jungen Leute bei H&M.“

Trotz aller Probleme: Es gibt Lichtblicke bei den traditionellen Anbietern wie Hollister. Abercrombie will mit seinen Kunden wachsen und bietet mehr klassische Mode an. Auch sind frühere Regeln von Jeffries, alle Kleidung müsse bunt sein, Schnee von gestern. Im Laden sind zahlreiche schwarze Hosen und Kleider zu sehen. „Ich schaue mir das einmal an“, sagte Liong. „Jeder verdient eine zweite Chance.“

Erfolg mit neuen Kampagnen

Auch Konkurrent American Eagle hat mit einer neuen Werbekampagne für seine Unterwäschemarke Aerie Erfolge. Es arbeitet mit Models, die „curvy“ – vollschlank – aussehen. Aerie wächst stark, jüngere Kunden schätzen die „Wahrhaftigkeit“: „Die Wirklichkeit wird gefeiert“, sagte Jessica Navas, Chefplanerin von der Werbeagentur Erwin Penland. „Das fühlt sich für Frauen erhebend an.“

Von einem solchen Aufschwung träumen auch deutsche Modeunternehmen. Denn sie müssen derzeit mehrere Probleme meistern: Vertikal integrierte Ketten wie die schwedische H&M setzen ihnen ähnlich wie den Amerikanern immer mehr zu, weil sie schneller und effizienter produzieren und verkaufen. Außerdem sorgen zwei milde Winter für ein Überangebot an warmen Jacken und Mänteln.

Manche haben in der Boomzeit ihr Filialnetz zu massiv ausgebaut. „In einigen Regionen sind wir mit Gerry Weber zu stark vertreten“, räumte Norbert Steinke, Einzelhandelsvorstand des Modeunternehmens aus Halle in Westfalen, vor kurzem ein. Deshalb will er in diesem und im nächsten Jahr insgesamt 103 Filialen schließen, drei viertel davon in Deutschland.

Auch Abercrombie will 120 der weltweit 930 Läden zumachen. Tom Tailor aus Hamburg will sich von 80 bis 100 Stores trennen. Und Jose Manuel Martínez, Vorstandschef von Esprit aus Ratingen bei Düsseldorf, will ebenfalls dieses Jahr weitere Filialen schließen, die nicht profitabel sind.

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