Adidas-Konkurrent Der rätselhafte Rauswurf des Lululemon-Chefs

Über die Gründe des Rauswurfs können die Investoren nur spekulieren.
München Der Abgang kommt plötzlich. Noch Anfang des Jahres hat Lululemon-Chef Laurent Potdevin die Prognose erhöht und geradezu enthusiastisch den überraschend guten Geschäftsverlauf kommentiert. Doch nun ist auf einmal Schluss. Der CEO des Adidas-Konkurrenten aus Vancouver muss gehen. Der 50-Jährige verlasse das Label mit sofortiger Wirkung, teilte das börsennotierte Unternehmen mit.
Über die Gründe können die Investoren nur spekulieren. Offenbar hat sich Potdevin kräftig danebenbenommen. In einer Mitteilung heißt es, Lululemon erwarte von allen Mitarbeitern ein höchstes Maß an Anstand und gegenseitigem Respekt. Potdevin habe diese Standards nicht erfüllt.
„Es ist die Aufgabe der Führungskräfte, den richtigen Ton zu treffen in unserem Unternehmen“, sagte Glenn Murphy, Chef des Verwaltungsrats. Der ehemalige Boss der Bekleidungskette Gap übernimmt nun erst einmal das Ruder. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge soll es keine finanziellen Unregelmäßigkeiten gegeben haben. Die Vorfälle beträfen vielmehr den persönlichen Umgang mit mehreren Mitarbeitern.
Für Lululemon ist der Rauswurf ein schwerer Rückschlag. Gerade sah es so aus, als habe sich das Label von den Turbulenzen früherer Jahre erholt. Erst Anfang des Jahres erhöhte Potdevin seine Prognose für das vierte Quartal des Geschäftsjahres, das am 28. Januar zu Ende ging. Vergangenes Jahr war der Aktienkurs angesichts guter Zahlen um mehr als ein Fünftel in die Höhe geschossen. Im nachbörslichen Handel allerdings brach der Kurs am Montagabend um bis zu zehn Prozent ein, als der Abgang des CEOs bekannt wurde.
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Potdevin hatte bei Lululemon einen für die Sportindustrie ungewöhnlichen Weg eingeschlagen. Er verkaufte seine Shirts, Shorts und Leggings ausschließlich in eigenen Läden, seinem Onlinestore und in Yogastudios. Große Konkurrenten wie Nike, Adidas oder Puma hingegen vertreiben ihre Ware größtenteils über Fachhändler. Zudem verzichtete der Manager komplett aufs Sportsponsoring. Das sorgte für hohe Margen.
Statt für viele Millionen Dollar Stars anzuheuern, wirbt Lululemon mit sogenannten lokalen Botschaftern. Das sind meist Trainer aus der jeweiligen Region, denen das Unternehmen die Ausrüstung stellt und die dann für Lululemon werben. Diese Botschafter verkaufen die Sportkleidung in ihren Studios und haben damit eine zusätzliche Einnahmequelle.
Und noch etwas ist bei Lululemon auffällig: 80 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet das Label mit Frauen. Bei Adidas und den anderen etablierten Sportmarken ist das Verhältnis genau umgekehrt, dort stehen Männer für 80 Prozent der Erlöse. Das hat seinen Grund: „Sport war über Jahrhunderte eine reine Männerdomäne“, sagt der Unternehmensberater und Sportmodeexperte Franz Maximilian Schmid-Preissler. „Es dauert, bis die Frauen aufschließen.“
Seit Jahren stehen Frauen ganz oben auf der Agenda der großen Sportkonzerne. In keiner Management-Präsentation der Branchenführer fehlt der Hinweis, wie groß das Potenzial in dieser Zielgruppe tatsächlich ist. Yoga ist in der nordamerikanischen Heimat von Lululemon vor allem Frauensache. Daher ist das Label schon lange dort, wo die anderen erst noch hinwollen: in den Kleiderschränken der weiblichen Kunden.
Für das gerade beendete Quartal hatte Potdevin einen Umsatz von bis zu 915 Millionen Dollar (umgerechnet 735 Millionen Euro) in Aussicht gestellt, ein Plus von rund neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Am Montag bekräftigte Lululemon diese Prognose. Ziel sei es, bis 2020 einen Jahresumsatz von vier Milliarden Dollar zu erzielen.
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