Aron und Birgit Holtermann Start-up öffnet schwedischem E-Commerce-Konzern die Tür nach Deutschland

Der Onlinehändler hat Erfolg mit Produkten unter eigenen Marken.
Düsseldorf Auf diesen Tag haben Aron und Birgit Holtermann seit gut fünf Jahren hingearbeitet. Sie wollten ihr Start-up so erfolgreich machen, dass eines der großen Unternehmen im E-Commerce auf sie aufmerksam wird und durch eine Übernahme ihrer Plattform Gartenmoebel.de den nächsten Wachstumsschritt ermöglicht.
Nun sind sie am Ziel. Der börsennotierte schwedische Konzern Bygghemma (BGH), immerhin Marktführer im E-Commerce in Skandinavien, kauft 80 Prozent von Holtermanns Holdinggesellschaft AH-Trading. Das Gründerehepaar behält 20 Prozent und Aron Holtermann bleibt CEO, seine Frau COO.
Dieser Deal macht die Holtermanns auf einen Schlag zu Millionären. Sie erhalten für die 80 Prozent 36 Millionen Euro direkt, weitere bis zu 12 Millionen Euro fließen in diesem und nächstem Jahr – jedoch abhängig von der Entwicklung des operativen Gewinns. Ein Teil des Geldes fließt auch an den Investor Fabian Simon, dem bisher 20 Prozent der AH-Trading gehörten.
Doch um die Entwicklung des operativen Gewinns müssen sich die Verkäufer wohl keine Sorgen machen. Ist doch das genau die Stärke von AH-Trading. Denn das Unternehmen ist in den vergangenen Jahren nicht nur rasant gewachsen, sondern dabei auch profitabel gewesen.
Nach einer Präsentation für seine Anteilseigner geht BGH davon aus, dass AH-Trading in diesem Jahr seinen Umsatz von 45 auf 66 Millionen Euro steigern wird, zugleich aber seinen Gewinn (Ebit) von 3,5 auf 6,7 Millionen Euro fast verdoppelt. Der Boom des Onlinehandels in der Pandemie hat auch AH-Trading einen weiteren Schub gegeben.
„Wir freuen uns darauf, unsere erfolgreiche Entwicklung gemeinsam mit BHG fortzusetzen und unser Fachwissen zu erweitern“, erklärt Aron Holtermann. Ziel sei es, das bisher schon starke Wachstum noch weiter zu beschleunigen.
Eigenmarken sind der Kern des Erfolgs
„Wir betrachten den Übergang zu BHG als einen natürlichen Schritt, um ernsthaft in die nächste Phase der Unternehmensentwicklung einzusteigen, sowohl durch weiteres Wachstum in Deutschland als auch durch die Nutzung der BHG-Kanäle in der nordischen Region und in Osteuropa“, so Holtermann. Geplant ist, dass AH-Trading als eigenständige Einheit innerhalb der Gruppe den deutschen Markt betreut, wo BGH bisher nicht präsent ist.
Seit der Gründung 2004 hat AH-Trading eine selbst im E-Commerce ungewöhnliche Wachstumsgeschichte hingelegt. Kern des Erfolgs ist die weitgehende Umstellung auf Eigenmarken gerade im hart umkämpften Geschäft mit Gartenmöbeln, das den weitaus größten Teil des Umsatzes ausmacht. Dazu verkauft das Unternehmen, das heute rund 120 feste Mitarbeiter hat, noch Produkte von fremden Marken wie Gartenpavillons, Pools, Grills oder Saunahäuser.

Das Unternehmerpaar hat im hart umkämpften Geschäft mit Gartenmöbeln eine ungewöhnliche Wachstumsgeschichte hingelegt.
„Wie konsequent sich das Unternehmen von einem markenübergreifenden Händler zu einem Händler mit Eigenmarken transformiert hat, ist wirklich vorbildlich“, lobt der E-Commerce-Experte Markus Diekmann, geschäftsführender Gesellschafter des Fahrradhändlers Rose Bikes, der auch im Beirat von AH-Trading sitzt. Die 3000 Artikel unter Eigenmarken haben im ersten Halbjahr dieses Jahres bereits 48 Prozent des Umsatzes ausgemacht.
Das Unternehmen hat an seinem Firmensitz in Xanten ein eigenes Design- und Entwicklungsteam, das die Produkte entwirft. Hergestellt werden sie bei ungefähr 20 festen Partnern in Asien. Durch die Eigenmarken schafft es das Unternehmen, sich der Vergleichbarkeit im Onlinehandel und damit auch ein Stück weit dem Preisdruck zu entziehen.
Unabhängig von Marktplätzen wie Amazon und Ebay
Ein weiterer wichtiger Faktor für die steigende Profitabilität: Anfangs hatte das Unternehmen noch einen großen Teil der Produkte über Marktplätze wie Amazon und Ebay verkauft, um schnell Reichweite zu bekommen. Mittlerweile aber macht dieses Geschäft nur noch fünf Prozent des Umsatzes aus.
Der Rest wird über die eigenen Plattformen gartenmoebel.de und loungedreams.de erzielt. Damit spart sich das Unternehmen die Provision für die Marktplätze, die bis zu 27 Prozent des Verkaufspreises betragen kann.
„Die Akquisition von AH-Trading ist für uns strategisch wichtig. Nicht zuletzt, weil BHG bereits einen Kundenstamm in Deutschland hat, für den wir nun eine lokale Organisation und Präsenz gewinnen“, sagte BHG-Chef Adam Schatz. „Wir haben nun die Möglichkeit, den nächsten Schritt auf dem europäischen Markt zu gehen.“
Obwohl das schwedische Unternehmen einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro macht, ist die Marke Bygghemma in Deutschland noch relativ unbekannt. Das soll sich mithilfe der Holtermanns nun ändern. „AH-Trading ist eine ausgezeichnete Plattform für die Expansion auf dem großen deutschen Markt“, so BHG-Chef Schatz, „und letztlich auch in angrenzende Länder.“
Zwar hat sich BHG eine Call-Option für die restlichen 20 Prozent der Anteile gesichert. Doch der Konzern lässt keinen Zweifel daran, dass er auch für die Zukunft auf die Expertise der Holtermanns setzt. Denn in der Präsentation an seine Investoren nennt BHG als einen der wichtigsten Punkte für die Übernahme das „starke Managementteam“ und die Tatsache, dass die Gründer auch als Miteigentümer an Bord bleiben.
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