Albas Ambitionen sind Teil eines Trends: Immer mehr Stars nutzen ihre Bekanntheit, um Unternehmen aufzubauen. Es sind nicht mehr nur Männer wie George Clooney oder Dwayne „The Rock“ Johnson, die zum Beispiel ihren eigenen Tequila vertreiben. Es sind vor allem Frauen, die als Unternehmerinnen dreistellige Millionen- oder gar Milliardenvermögen erreichen.
Das gilt für Alba ebenso wie für ihre Schauspielkollegin Gwyneth Paltrow mit ihrem Lifestyle-Unternehmen Goop oder für Kylie Jenner aus der Kardashian-Familie, die mit 21 Jahren als jüngste Milliardärin der Welt galt – zumindest bis das Magazin „Forbes“ seine eigene Bewertung auf etwa 900 Millionen Dollar korrigieren musste.
Jessica Alba nutzt ihre Berühmtheit und ihre 39 Millionen Follower in den sozialen Medien, um schadstofffreie Babywindeln, Tücher und Kosmetika der Marke „Honest“ zu vermarkten. Als 2008 das erste ihrer drei Kinder zur Welt kommt, versucht sie, eine möglichst nicht giftige Umgebung für ihre Familie zu schaffen, und macht aus ihren persönlichen Bemühungen ein Unternehmen mit dem Namen „Honest“ – ehrlich. Die 2011 gegründete Marke rühmt sich damit, mehr Inhaltsstoffe zu verbieten als die EU.
Alba beweist Geschick für Selbstvermarktung: Vor sechs Jahren fasst sie ihre Erfahrungen mit „The Honest Life“ in ein Buch, das prompt ein Bestseller wird. Demnächst wird sie auch in einer Dokuserie in dem Streamingkanal Disney+ zu sehen sein. In der von ihr selbst produzierten Serie reist die Schauspielerin um die Welt, um zu zeigen, was Familie in verschiedenen Kulturen bedeutet. Zudem verknüpft die Tochter eines mexikanischstämmigen US-Soldaten und einer kanadischen Mutter ihre eigene Krankheitsgeschichte mit der Marke. Als Kind litt sie unter schwerem Asthma und mehreren Lungenentzündungen.
Zweiter IPO-Angang für „Honest“
Der Weg an die Börse war keineswegs ohne Hürden. Alba hat viele Fehler gemacht und Geld vergeudet, wie sie auch in einem Interview mit dem Handelsblatt vor zwei Jahren einräumte. Auch der jetzige Börsengang ist für Honest bereits der zweite Anlauf. Vor sechs Jahren machte die Unternehmerin einen Rückzieher, als sich Beschwerden über einzelne Produkte häuften.
So gut der Name „Honest“ sein mag: Wer sich ehrlich nennt, wird besonders kritisch begutachtet. Das „Wall Street Journal“ hatte 2016 bei Tests Sulfate in Albas Waschmittel gefunden, die eigentlich auf der firmeneigenen Ausschlussliste stehen. „Honest“ gab den Zulieferern die Schuld, denen man vertraut habe.
Alba selbst schrieb auf der Homepage, sie sei „extrem enttäuscht“ von dem Artikel, der voller „Falschdarstellungen“ sei. Doch wurde Honest an anderer Stelle wegen irreführender Reklame verklagt. Die Fälle landeten aber nie vor Gericht, weil die Firma für Vergleiche zahlte. In einem Fall waren es 1,55 Millionen Dollar.
Seitdem kontrolliert Alba stärker die Lieferketten und hat auch sonst das Geschäftsmodell umgestellt: In den ersten Jahren setzte das Start-up vor allem auf Abo-Lösungen, um seine Produkte im Wochen- oder Monatsrhythmus an die Kunden zu schicken und so wiederkehrende Einnahmen zu generieren. Heute kommt der Großteil der Bestellungen von großen Einzelhändlern wie Amazon, Target oder Cosco.
Honest: Gewinne lassen auf sich warten
Im vergangenen Jahr hat Albas Unternehmen auch dank der Corona-Pandemie den Umsatz um 28 Prozent auf 300 Millionen Dollar steigern können. Unterm Strich steht aber auch bei Honest, wie bei so vielen Börsenkandidaten derzeit, kein Gewinn: Wie aus dem Prospekt der Börsenaufsicht SEC für den IPO hervorgeht, hat Honest seit seiner Gründung jedes Quartal mit einem Verlust abgeschlossen. Immerhin konnte das Unternehmen den Verlust im vergangenen Jahr von 31 Millionen auf 14 Millionen Dollar mehr als halbieren.
Alba selbst hat als Gründerin, Kreativchefin und Aufsichtsratsvorsitzende einen ordentlichen Schnitt gemacht: Mit Bonus und Aktienoptionen kam sie im vergangenen Jahr laut SEC-Prospekt auf ein Gehalt von 2,3 Millionen Dollar. Ihr Fixgehalt betrug dabei 500.000 Dollar, im kommenden Jahr soll es auf 700.000 Dollar steigen.
Mit dem Börsengang, bei dem nicht nur Investoren Kasse machen, sondern auch neue Aktien ausgegeben werden, wird Albas Beteiligung von 6,56 Prozent auf 6,1 Prozent sinken. Dieses Aktienpaket wird mit dem angestrebten Aktienpreis von 14 bis 17 Dollar knapp 100 Millionen Dollar wert sein.
Mit dem Schauspielern will Alba derweil nicht aufhören. Sie sieht zwar nur wenige Parallelen zwischen den zwei Welten, wie sie dem Handelsblatt einmal sagte. Geholfen haben die Erfahrungen aus ihrer Film- und Fernsehkarriere dennoch: „Ich habe als Schauspielerin eine gewisse Resilienz entwickelt, die mir als Unternehmerin sehr geholfen hat“, sagte sie, „als Schauspielerin bekommt man vor einer Zusage 3000 Absagen. Wenn man Investoren, Partner und Fachkräfte sucht, ist das ganz ähnlich.“ Wichtig sei es, möglichst schnell aus seinen Fehlern zu lernen.
Berühmtheit als Erfolgsfaktor – und Risiko
Mit dieser Resilienz hat sie Honest bis an die Börse geführt. Damit setzt sie sich von ihren Kolleginnen ab: Gwyneth Paltrows Goop hat bisher keine Aktien an den Märkten platziert, auch Kylie Jenner verkaufte 51 Prozent ihrer Anteile an „Kylie Cosmetics“ an den Kosmetikkonzern Coty.
Seitdem klagen Investoren zwar, dass Coty zu viel bezahlt hat und dass das Unternehmen längst nicht so viel wert war, wie es stets behauptete. Aber Kylie hat Kasse gemacht, und Coty braucht Kylie. Denn die Marke steht und fällt mit ihrer Gründerin und ihren 229 Millionen Followern auf Instagram.
Wenn das Gesicht zur Marke wird, könnte ein Absprung der Gründerinnen fatal sein. Es ist daher kein Wunder, dass auch der Prospekt für die US-Börsenaufsicht SEC die Gründerin Jessica Alba nicht nur als „global anerkannte Business Leader, Unternehmerin, Advocate, Schauspielerin und Bestsellerautorin“ beschreibt, sondern auch als Risiko: „Unsere Fähigkeit, unsere Wettbewerbsposition zu halten, hängt in großem Maße von den Diensten unseres Senior-Managements und Schlüsselpersonen ab, inklusive unserer Gründerin, Kreativchefin und aktuellen Vorsitzenden des Aufsichtsrats“, heißt es dort.
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