Bahnstreik Ersatzfahrplan, Stornierungen, Entschädigung: Was Bahnreisende im Streik wissen müssen

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat ihren Streik bei der Deutschen Bahn am frühen Donnerstagmorgen auch auf den Personenverkehr ausgeweitet.
Düsseldorf Ab dem heutigen Donnerstag bestreiken die Lokführer den Personenverkehr – bis zum kommenden Dienstag (7. September), um zwei Uhr nachts. Dem Bahnverkehr stehen fünf Tage voller Ausfälle, Verspätungen und Anschlussprobleme bevor. Es ist der dritte und längste Streik der Lokführergewerkschaft GDL, sie will den Druck im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn erhöhen. Betroffen sind vor allem Pendler und Fernreisende. Was sie jetzt wissen müssen.
1. Welche Züge fahren, und was sind meine Alternativen?
Nur ein Viertel der Züge fährt aktuell, dabei richten sie sich nach dem neuen Ersatzfahrplan, den die Bahn am Dienstagmorgen fertiggestellt hat. Inzwischen werden die Ersatzzüge in der Navigator-App oder auf bahn.de angezeigt. Fahrgäste können sich auch über die kostenlose Streikhotline (08000 99 66 33) über ihre Anschlüsse informieren. Live-Abfahrtzeiten sind ebenfalls online abrufbar.
Dennoch kritisiert der Fahrgastverband Pro Bahn das Streikmanagement des Konzerns. Dem Verein ging die Veröffentlichung des Ersatzfahrplans nicht schnell genug. Fahrgäste konnten diesen erst am Mittwochnachmittag vollständig einsehen. Streikfahrpläne sollten 48 Stunden vor Streikbeginn veröffentlicht werden, fordert Pro Bahn.
Auf der Strecke von Nürnberg nach Leipzig, Berlin und Rzepin (Polen) kommen Busse der Deutschen Bahn zum Einsatz. Wer auf Schienen angewiesen ist, kann beispielsweise bei Flixtrain nach Alternativen schauen. Der Bahn-Konkurrent fährt allerdings wesentlich weniger Städte an. Auf Autobahnen kann es vermehrt zu Staus kommen, da mit mehr Verkehrsaufkommen zu rechnen ist. Fahrgemeinschaften können hier auch eine Lösung sein, beliebt bei der Suche nach Mitfahrgelegenheiten sind Seiten wie Blablacar.
2. Was passiert mit meinem Fernreiseticket?
Die Bahn empfiehlt, planbare Fahrten auf den Zeitraum nach dem Streik zu verschieben. Bereits gebuchte Fahrkarten lassen sich allerdings flexibel einsetzen: Sie behalten ihre Gültigkeit bis zum 17. September, sofern das Ticket für eine Fahrt im Streikzeitraum (2. bis 7. September) gilt. Bei Sparpreisen und Supersparpreisen ist die Zugbindung aufgehoben. Für die Weiterfahrt können anschließend andere Züge genutzt werden, dies gilt auch für Züge des Nahverkehrs (RE, RB, IRE und S-Bahn).
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Sitzplatzreservierungen können an der DB-Verkaufsstelle kostenfrei getauscht werden. Cityanbindungen entfallen allerdings, Reisende müssen sich die entsprechenden ÖPNV-Tickets neu kaufen. Internationale Züge sind ebenfalls vom GDL-Streik betroffen und können auf der gesamten Strecke oder im deutschen Abschnitt ausfallen.
Werden Tickets, die in den Streikzeitraum fallen, zurückgegeben, entfällt die Bearbeitungsgebühr. Die Bahn erstattet somit den vollen Ticketpreis zurück. Onlinetickets können über die Bahn-App oder über das Kulanzformular storniert werden, analoge Fahrscheine können mit dem Fahrgastrechteformular per Post zurückgesandt oder im Reisezentrum abgegeben werden. Das Formular gibt es zum Ausdrucken auf bahn.de.
3. Und wenn ich die Fernreise nicht umbuchen kann?
Da nur wenige Züge unterwegs sind, rät die Bahn zu Sitzplatzreservierungen. Fällt ein Zug aus, in dem ein Sitzplatz reserviert war, hat der Fahrgast Anspruch auf Rückzahlung des Reservierungspreises. Haben Reisende Fahrräder dabei, können diese nur noch mitgenommen werden, wenn sie einen Stellplatz reserviert haben.
Fällt ein Zug während des Streikzeitraums aus, in dem der Fahrgast einen Stellplatz reserviert hat, bietet die Bahn ihren Fahrradversand kostenlos an. Fahrgäste müssen sich in diesem Fall an den DB-Gepäckservice wenden, der Versand dauert allerdings zwei Werktage. Wegen der anzunehmenden höheren Zugauslastung wird außerdem verstärkt auf Corona-Schutzmaßnahmen hingewiesen.
4. Ich nutze als Pendler oder Tourist den Regional- und Nahverkehr, was jetzt?
Rund 60 Prozent der Regionalzüge und S-Bahnen werden im Streikzeitraum laut Bahn ausfallen. Sofern Busse zur Verfügung stehen, will die Bahn Schienenersatzverkehr anbieten. Privatbahnen und Länderbahnen werden davon nicht betroffen sein, allerdings kann es auch hier zu Verspätungen kommen, da neben Lokführern auch Fahrdienstleister ihre Arbeit niederlegen.
Schülern und Berufspendlern rät die Bahn dazu, sich vor jedem Fahrtantritt über ihre gewählte Verbindung zu informieren. Im Regionalverkehr gelten die üblichen Fahrgastrechte. Für Arbeitnehmer sind streikbedingte Verspätungen übrigens kein Grund, auf der Arbeit zu spät zu erscheinen. Ihnen sei zu Absprachen mit dem Chef, Homeoffice oder Urlaub geraten.
5. Mein Zug fällt aus oder verspätet sich – wie werde ich entschädigt?
Fernverkehr
Entschädigungsansprüche können bei Verspätungen am Zielbahnhof von über 60 Minuten erhoben werden. Ab einer Stunde Verspätung werden 25 Prozent des Fahrpreises rückerstattet, ab 120 Minuten 50 Prozent. Kunden können sich den Betrag in Geld oder in Form eines Gutscheins auszahlen lassen. In bestimmten Fällen zahlt die Bahn auch ein Taxi, zum Beispiel wenn ein Zug ausfällt, der Zielbahnhof aber mit dem Auto noch vor 24 Uhr zu erreichen ist. Bis zu 80 Euro Fahrtkosten erstattet die Bahn dann zurück.
Stellt das Unternehmen allerdings eine Unterkunft zur Verfügung, hat der Kunde keinen Anspruch auf weitere Transportangebote. Die Fälle sind selten, aber auch hier übernimmt die Bahn die Aufenthaltskosten. Allerdings sollte auf jeden Fall mit dem Unternehmen Rücksprache gehalten werden. Vertreter von Fahrgastinteressen raten außerdem dazu, Fotos von Anzeigetafeln zu machen, die Verspätungen und Ausfälle anzeigen. Alternativ gehen auch Screenshots der App oder Webseite. Bei Taxifahrten und Hotelaufenthalten sollten sich Reisende immer Quittungen ausstellen lassen.
Länder-Tickets
Bei Länder-Tickets, Quer-Durchs-Land-Tickets und dem Schönes-Wochenende-Ticket wird jede Verspätung mit 1,50 Euro entschädigt. Ausgezahlt werden jedoch nur Beträge ab vier Euro, Kunden müssen also mindestens drei Verspätungen nachweisen.
Nahverkehr
Entschädigungen im Nahverkehr sind gering; ab 60 Minuten Verspätung erhält ein Passagier hier 1,50 Euro in der zweiten und 2,25 Euro in der ersten Klasse zurück. Fahrten im Nahverkehr müssen nicht angetreten werden, wenn absehbar ist, dass die Ankunft am Zielbahnhof sich um 60 Minuten verzögert. Der Ticketpreis wird dann rückerstattet.
Muss eine angetretene Reise abgebrochen werden, wird der Fahrpreis der nicht gefahrenen Strecke erstattet. Besitzer von Zeitkarten erhalten auch eine Entschädigung ab einer Verspätung von 60 Minuten, in der zweiten Klasse werden pauschal fünf Euro ausgezahlt, in der ersten Klasse 7,50 Euro. Wer eine Bahncard 100 besitzt, erhält in der zweiten Klasse zehn und in der ersten Klasse 15 Euro Entschädigung.
Dabei gilt: Rückerstattungen müssen innerhalb eines Jahres beantragt werden, online oder über das Fahrgastrechteformular, das per Post zurückgesandt oder im Reisezentrum abgegeben werden muss. Das Jahr beginnt mit dem Tag, an dem das jeweilige Ticket ursprünglich gültig war.
Mehr: GDL beklagt Blockadehaltung der Bahn-Manager und kündigt siebentägigen Streik an
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