Bahnstreik Prall gefüllte Streikkasse: GDL hat einen langen Atem im Tarifkonflikt

Die GDL hat im aktuellen Tarifkonflikt eine dritte Streikrunde gestartet, die bisher längste in ihrer Geschichte.
Frankfurt Wieder stehen bei der Deutschen Bahn viele Züge. Zum dritten Mal hat die Lokführergewerkschaft GDL im aktuellen Tarifkonflikt zu Arbeitskämpfen aufgerufen – zunächst im Güterverkehr, dann auch im Personenverkehr. Auch das neue Angebot der Bahn ändert an den Streikplänen der GDL nichts. Addiert man die vollen Streiktage, kommen bereits stolze zehn Tage zusammen, an denen die Arbeit niedergelegt wurde oder noch wird.
Zehn Tage, an denen die GDL ihren streikenden Mitgliedern einen Ausgleich zahlen muss. Die Frage drängt sich auf, wie lange die Sparten-Gewerkschaft das finanziell noch durchsteht.
Das Problem: Gewerkschaften halten jegliche Informationen über ihre Streikkassen unter Verschluss. Sonst könnte der Arbeitgeber auf die Idee kommen, auszurechnen, wie lange er noch ohne neues Angebot aushalten muss, bevor der anderen Seite das Geld ausgeht.
Doch es gibt einige zugängliche Zahlen, mit denen gerechnet werden kann. Die Ergebnisse können zwar keinesfalls den Anspruch erheben, im Detail zuzutreffen. Gleichwohl geben sie einen Indikator dafür, ob eine Gewerkschaft wie die GDL noch Streikpotenzial hat.
Um die Antwort vorwegzunehmen: Die GDL kann noch einige Arbeitskämpfe finanziell verkraften. Darauf verweist man auch bei der Gewerkschaft selbst. „Wir sind finanziell für diesen Arbeitskampf sehr gut gerüstet. Wer darauf setzt, dass uns das Geld ausgehen wird, könnte sich arg täuschen“, so ein Sprecher.
Die Fakten: Basierend auf Informationen des letzten großen GDL-Streiks 2014/2015 bekommen die Mitglieder pro Streiktag maximal 75 Euro. Aus dem internen Abschlussbericht der Deutschen Bahn nach der zweiten Streikwelle Ende August geht hervor, dass zunächst nur wenige Hundert Bahner damit begonnen haben, ihre Arbeit niederzulegen. Gegen Ende des Arbeitskampfes waren es aber immerhin 8500 Mitarbeiter.
Mehrere Millionen Euro an Streikgeld sind bereits von der GDL fällig
Wird die maximale Beteiligung zugrunde gelegt, müsste die GDL für rechnerisch zehn Tage Streik knapp 6,4 Millionen Euro berappen, eine gewaltige Belastung für die Streikkasse. Das zeigt die Gegenrechnung auf der Einnahmeseite.
GDL-Chef Weselsky: „Der Streik wird durchgezogen“
Das Streikgeld wird aus den Beitragseinnahmen der Gewerkschaft finanziert. Laut der Beitragsordnung der GDL, die auf der Webseite der Gewerkschaft einsehbar ist, liegt der Beitragssatz bei 0,7 Prozent des monatlichen Bruttogehaltes, mindestens aber 7 Euro und höchstens 40 Euro.
Ab hier wird die Rechnung etwas kniffelig. Aktuellen Angaben zufolge verdienen Lokführer zwischen 44.000 und 52.500 Euro im Jahr, dabei sind aber Zulagen und Weihnachtsgeld eingeschlossen. Nun erhalten nicht alle Mitglieder der Gewerkschaft den Höchstsatz. Zudem hat die GDL auch Mitglieder in anderen Berufsgruppen der Bahn.
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Deshalb bleibt nur eine Annäherung: Vom mittleren Einkommen der Lokführer (48.000 Euro) wird eine gewisse Summe für Zulagen und Weihnachtsgeld abgezogen, es ergibt sich ein Bruttomonatslohn von grob geschätzt 3500 Euro. Davon müssten monatlich 24,50 Euro an die GDL abgeführt werden.
Bei etwa 37.000 Mitgliedern – das ist die Zahl, die die GDL nennt – macht das jährliche Beitragseinnahmen von gut zehn Millionen Euro. Da Gewerkschaften üblicherweise etwa 15 Prozent der Beiträge für künftige Arbeitskämpfe reservieren, kann die GDL nach dieser Gleichung jährlich 1,5 Millionen Euro in die Streikkasse überweisen.
Der letzte große Arbeitskampf der Lokführer, der die Streikkasse belastete, endete im Mai 2015. Das ist gut sechs Jahre her, die GDL konnte die Streikkasse seitdem also mit rund neun Millionen Euro „anfetten“. Dieses Geld wäre mit dem Ende der dritten Streikwelle beinahe aufgebraucht.
Doch zum einen dürfte wegen der stark schwankenden Streikbeteiligung an den einzelnen Tagen deutlich weniger Streikgeld fällig werden. Zum anderen gibt es bei der GDL eine Besonderheit: Sie gehört zur Dachgewerkschaft Deutscher Beamtenbund (dbb).
Über eine Tarifunion übernimmt der dbb bei seinen Mitglieds-Gewerkschaften einen Teil des Streikgeldes – täglich bis zu 50 Euro je Streikenden. Danach würden von den bisher fälligen 6,4 Millionen Euro an Streikgeld allein 4,25 Millionen Euro auf den dbb entfallen und die GDL-Kassen entsprechend entlasten.
Deutscher Beamtenbund hilft beim Streikgeld
Zwar kann die GDL die Unterstützung des dbb wohl erst im Nachhinein einfordern, zunächst muss die Gewerkschaft das Streikgeld selbst finanzieren. Doch dass der dbb den Lokführern finanziell unter die Arme greifen wird, daran zweifelt in der Bahnbranche niemand. Ulrich Silberbach, der Bundesvorsitzende der dbb, hat öffentlich die Solidarität mit der GDL bekundet und klargemacht, dass er sowohl die Forderungen als auch den Streik für berechtigt hält.

Der Deutsche Beamtenbund unterstützt die GDL auch beim Thema Streikgeld.
Auch die Vorfinanzierung des Streikgeldes dürfte für die GDL kein Problem sein. Die Spartengewerkschaft gilt als eine der solventesten Arbeitnehmervertretungen. Der Grund: Sie startete als Gewerkschaft vor allem für Beamte. Die dürfen nicht streiken, was die Kasse über viele Jahre schonte. Entsprechend hoch seien die Reserven der GDL, heißt es in Gewerkschaftskreisen.
Das alles ist nicht mehr als eine grobe Annäherung an die finanzielle Situation im aktuellen Streik. Doch sie zeigt: Auch wenn die Lokführergewerkschaft keinen endlosen Arbeitskampf überstehen kann, einige weitere Streikrunden sollten für die GDL finanziell kein Problem sein.
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"Herr Weselsky selbst bezeichnete das verbesserte Angebot der Bahn als das „beste aller Zeiten“ und kündigte im nächsten Satz an, der Streik werde trotzdem weitergehen." Da kommt man schnell zu dem Schluss, dass es für Herrn Weselsky nur noch um den eigenen, persönlichen Machtausbau geht, koste es was es wolle. Unverantwortlich!
Verhandlungen sollten in einem Kompromiss enden. Wenn man Forderungen stellt, die man zu 100% erfüllt haben will, dann ist das keine Verhandlung. Wenn man diese Forderung dann mit einem Streik durchsetzen will, dann ist das nichts anderes als eine Nötigung. Es wird Zeit, dass die Bahn sich grundlegend modernisiert. Dann wäre das Thema Lokführer auch erledigt.
Wenn ich Mitglied des dbb wäre, würde ich mir überlegen, ob ich bereit bin, mit meinen Mitgliedsbeiträgen die GDL zu sponsern.