Berliner Familienunternehmen Eric und Axel Schweitzer teilen den Abfall- und Recycling-Konzern Alba unter sich auf

Die Brüder beschließen die Realteilung des Recyclingriesen Alba.
Foto: Alba
Düsseldorf Nur einen Tag nach der Aufspaltung des Bielefelder Familienkonzerns Oetker überrascht der Berliner Abfall- und Recyclingriese Alba mit einem ähnlichen Plan. Wie das von dem ehemaligen DIHK-Präsidenten Eric Schweitzer, 56, und dessen Bruder Axel, 52, geführte Familienunternehmen am Freitag mitteilte, wird der nach Remondis und Veolia drittgrößte deutsche Abfallentsorger per Realteilung in zwei Hälften aufgeteilt.
Die Firma war 1968 von dem 1998 verstorbenen Vater Franz Josef in Berlin gegründet worden. Aus dem kleinen Betriebshof im Ortsteil Wedding samt Baracke und Einraumbüro erwuchs über die Jahre ein Konzern mit zwei Milliarden Euro Umsatz, der wegen der hohen Expansionskosten allerdings zeitweise in eine finanziell angespannte Lage geriet. Laut Geschäftsbericht hielten die beiden Brüder Ende 2019 ein Eigenkapital von 189 Millionen Euro am gemeinsamen Unternehmen, das es nun zu teilen gilt.
„Die jetzt vorgenommene Neuordnung entspricht unseren inhaltlichen Schwerpunkten“, kommentierte Eric Schweitzer die Vereinbarung. Als „wahrhaft verbrüderte“ Unternehmen werde man aber weiter Synergieeffekte nutzen, versprach dessen Bruder Axel.
Die Zweiteilung ist kaum weniger kompliziert als die bei der Oetker-Gruppe. Die Konzern-Dachgesellschaft „Alba Group plc & Co. KG“, die bislang beiden Brüdern zu gleichen Teilen unterstand, fällt komplett an Eric Schweitzer.
Sein jüngerer Bruder erhält im Gegenzug eine 100-Prozent-Beteiligung an der vor wenigen Wochen gegründeten und nun auszugliedernden Konzerntochter Alba Group Asia. In ihr sind die Aktivitäten in Hongkong, China, Singapur und Japan vereint. Auch das Kunststoffrecycling des Konzerns geht an Axel Schweitzer.
Kein Familienstreit
Dem Ehrenpräsident des DIHK bleibt damit das von Berlin aus gesteuerte Geschäft mit der Abfallsammlung und dem Recycling von Metallschrotten, Glas und Papier. „Ich bin fest in Berlin, Deutschland und Europa verwurzelt“, begründet er den Schritt, „Axel ist in den letzten Dekaden zum anerkannten Asien-Experten geworden.“ Einen Streit zwischen den Brüdern habe es nicht gegeben.
Tatsächlich galten die beiden vor Jahren noch als unzertrennlich, obwohl sie unterschiedlicher kaum sein können. Der in Berlin geborene Axel, der 1993 Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität studierte und dort 1995 promovierte, wirkt introvertiert und spricht gern schnell und leise.
Ganz anders sein älterer Bruder, der in Malaysia zur Welt kam. Eric zeigt sich gern jovial und redegewandt. Bei Alba ist er es, der in den Kommunalverwaltungen Geschäftspartner von einer Zusammenarbeit zu überzeugen versteht. Auf seinem Fachgebiet kennt er sich aus. 1990 promovierte der langjährige IHK-Berlin-Präsident an der Freien Universität über „Ordnungspolitische Probleme der Abfallwirtschaft“.
Eine Zeit lang überwachte Eric Schweitzer bei der börsennotierten Interseroh AG (später umbenannt in Alba SE) seinen damals an der Vorstandsspitze waltenden Bruder als Aufsichtsratschef. Auch für den Aufbau des Entsorgungsnetzes in den neuen Bundesländern war er nach 1990 verantwortlich.
Zweiter Wohnsitz Hongkong
Dem Zweitgeborenen dürfte der Deal aus privaten Gründen entgegenkommen. Axel Schweitzer ist seit Jahren mit einer Australierin chinesischer Abstammung verheiratet. Die Familie besitzt neben Berlin einen zweiten Wohnsitz in Hongkong, von wo aus ein Großteil der Asien-Expansion betrieben wurde.
Zeitweise waren es sogar chinesische Geschäftspartner, die den finanziell lädierten Berliner Konzern stabilisierten. Anfang 2017 stiegen zwei Fonds der chinesischen Abfalldynastie Deng („Techcent“) bei zwei Sparten der Alba Group ein. Sowohl an der Alba International Recycling, die unter anderem das Chinageschäft steuert, wie auch an der Alba Service Holding, der das Verpackungsmüllgeschäft rund um das Duale System Interseroh untersteht, erwarben sie 60 Prozent der Anteile. Weil die Tochterfirmen entkonsolidiert wurden, fiel der Konzernumsatz nominal um rund 900 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro.
Ein Blick in den Konzerngeschäftsbericht für 2017 zeigt: Aus den „Konsolidierungsveränderungen“ flossen den Berlinern damals 340 Millionen Euro an Einzahlungen zu. Die Eigenkapitalquote schoss binnen Jahresfrist von bedenklichen sechs Prozent auf 50 Prozent nach oben.
In finanzielle Bedrängnis hatte Alba zuvor insbesondere die Übernahme des Kölner Verpackungsrecyclers Interseroh gebracht, dessen Aktien man mit hohen Aufschlägen an der Börse einsammelte. Die dazu aufgenommenen Bankkredite erforderten hohe Zinszahlungen, während Interseroh nur magere Gewinne abwarf.
Anteile von Chinesen zurückgekauft
Inzwischen aber scheint die Situation wieder bereinigt. Im März 2021 gaben die Chinesen ihre Anteile für einen ungenannten Betrag zurück an die Schweitzers. Für die Familie Deng sei das Engagement „wenig erfolgreich“ gewesen, berichtet der Branchendienst „Euwid“. Die Alba Service Holding schrieb 2018 und 2019 laut Bundesanzeiger rote Zahlen und wies Ende 2019 nach einem Umsatzrückgang einen Verlustvortrag von 36 Millionen Euro aus. Alba International Recycling meldete Ende 2019 sogar einen aufgelaufenen Konzernbilanzverlust von 80 Millionen Euro.
Geschäftlich trennen werden sich die beiden Brüder allerdings nicht gänzlich. Im Oktober 2014 gründeten sie gemeinsam mit zwei chinesischen Partnern die Gemeinschaftsfirma Alba Green Fuel Holding, an der das Berliner Unternehmen zur Hälfte beteiligt ist.
Mithilfe einer Spezialanlage in Berlin und zwei weiteren in China verwandelt das Joint Venture Hausmüll, statt ihn zu verbrennen, in einen transportfähigen Ersatzbrennstoff. Die aus dem Abfall gewonnene Energie lässt sich dadurch speichern. „An dieser Firma werden Alex und Eric Schweitzer auch in Zukunft zu gleichen Teilen beteiligt bleiben“, sagte ein Firmensprecher. Zudem würden die Geschäftsbereiche „im Rahmen eines familiären Verbundes“ weiter eng zusammenarbeiten.
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