Best Practice Mit diesen Ideen kommt die Werbeagentur David + Martin durch die Pandemie

Die Firma der beiden Gründer hat mittlerweile 35 Mitarbeiter und einen Umsatz von knapp vier Millionen Euro.
Düsseldorf Ausgerechnet im Corona-Jahr ist der Werbeagentur David + Martin der Durchbruch gelungen. Sowohl der Umsatz als auch die Zahl der Mitarbeiter haben sich verdoppelt. Renommierte Unternehmen wie BMW und Netflix tauchten mit einem Mal auf der Kundenliste auf, erfahrene Kreative aus Amsterdam heuerten bei der Münchener Agentur an.
„Wir gehen unbekümmerter und unkonventioneller vor“, sagt Martin Eggert, 36, der die Agentur 2015 zusammen mit David Stephan, 37, gegründet hat. Als sich die beiden Werber um den Auftrag eines Spirituosenherstellers bemühten, verlegten sie die Präsentation in die agentureigene Bar. Das Licht wurde gedimmt, die Playlist angemacht, der Kunde bekam nachmittags um 15 Uhr einen starken Drink hingestellt. „Wer sagt denn, dass man nicht ein bisschen Rock ’n’ Roll haben kann“, meint Agenturmitinhaber Eggert.
Dabei ist Rock ’n’ Roll ungefähr das Letzte, das in der deutschen Agenturbranche aktuell aufgelegt wird. Der Branche ist eher nach Molltönen zumute. In einer Umfrage des Branchenverbands GWA unter seinen Mitgliedern kam am Mittwoch heraus, dass der Umsatz der deutschen Agenturen 2020 im Schnitt um 1,3 Prozent gesunken ist. Die schwache Auftragslage spiegelt die Wirtschaftslage des Pandemiejahres wider. „Insgesamt ein blaues Auge für die Gesamtbranche“, findet GWA-Präsident Benjamin Minack.
Obwohl die Werbebranche bereits seit Jahren in einem Krisenmodus steckt, haben die beiden Werber Eggert und Stephan vor knapp sechs Jahren eine eigene Agentur gegründet. Heute zählt die Münchener Firma 35 Mitarbeiter und macht einen Umsatz von knapp vier Millionen Euro. Gerade erst sind zwei Topkreative der renommierten Amsterdamer Agentur Wieden + Kennedy zu ihnen gestoßen. Dieses Jahr würden mindestens zehn weitere Mitarbeiter hinzukommen, kündigt Agenturchef Eggert an.
Das ist bemerkenswert, da sich die Agenturbranche in Deutschland vor allem aus Unternehmen zusammensetzt, die zu internationalen Netzwerken wie WPP oder Omnicom gehören, und aus inhabergeführten Firmen, die oft 20 Jahre oder älter sind. In den vergangenen beiden Jahrzehnten gab es nur wenige nennenswerte Neugründungen in der Agenturlandschaft.
Junge Käufer auf Instagram finden
„Keiner rät einem dazu, eine Agentur zu gründen“, sagt Stephan. Das klassische Agenturmodell sei seit Jahren totgesagt. Sie haben es trotzdem getan. Dabei wollen sie mit Kreativität überzeugen.
Beispiel BMW: Die Premiere der neuen M-Klasse wurde ins Internet verlegt, die Fahrfreude war ausschließlich auf Instagram erlebbar. Mithilfe von Augmented Reality können Nutzer die Fahrzeuge in individuellen Umgebungen platzieren – vor der eigenen Garage oder als Miniatur auf dem Schreibtisch. Damit zielten die Werber auf die junge Käuferschicht, die vor allem über Social Media erreicht werden könne.
„Uns hat vielleicht auch geholfen, dass wir nicht in großen Agenturen sozialisiert wurden“, meint Eggert. „Wir sind irgendwie anders, irgendwie frischer als das, was da draußen seit den 1990er-Jahren am Markt unterwegs ist.“
Der Werber findet, dass sich die Branche „viel zu ernst nimmt“. Das kommt auf der Kundenseite an. Birte Hennemann, Brand Manager bei Ritter Sport, nennt die Agentur David + Martin einen „supercoolen, superkreativen Haufen“.
Eggert und Stephan kennen sich seit Ende der 90er-Jahre. Sie waren damals als Gamer in der E-Sports-Szene unterwegs. Lieblingsspiel: Counterstrike. Über Umwege fanden sich beide in der Werbung wieder. Eggert war zuvor Berufssoldat gewesen, Stephan hatte Kommunikationsdesign studiert und war nach Wien gegangen.
Frischer Wind in der Werbebranche
Zwei Jahre lang arbeiteten sie locker zusammen, 2015 gründeten sie dann die eigene Firma. Ohne einen einzigen Gründungskunden, mit dem Agenturen üblicherweise starten, legten die beiden los.
Es dauerte nicht lange, bis sie den Etat für die Käsemarke Leerdammer bekamen. Es folgten unter anderem Netflix, BMW, Ritter Sport, MAN, Müller und auch die „Süddeutsche Zeitung“. Einer der neuesten Etatgewinne ist die Marke Motorola, Handyikone der 90er-Jahre, der die Gründer neues Leben einhauchen sollen.
Das kommt in der Branche an. Die Branchenzeitschrift „W&V“ kürte die David + Martin zur Agentur des Jahres 2020. Und im Vorstand des Branchenverbands GWA hat Eggert neuerdings auch einen Platz. „Ich habe den Wunsch mitzugestalten“, erklärt er.
Außerdem wolle er den Verband verjüngen. „Ein 35-Jähriger macht die Dinge nun mal anders als ein 55-Jähriger“, sagt Eggert. Sein Ziel: „Die 90er-Jahre-Denke in dem Verband vertreiben.“
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