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Bilanzcheck Wie Beiersdorf seinen Milliarden-Schatz investieren könnte

Beiersdorf legt viel Geld zur Seite. Doch das Milliardenvermögen hat an Wert verloren. Die Bilanz des Konsumgüterriesen im Handelsblatt-Check.
23.04.2018 - 19:45 Uhr Kommentieren
Wie Beiersdorf seinen Milliarden-Schatz investieren könnte Quelle: dpa
Nivea-Produktion bei Beiersdorf

Der Konsumgüterkonzern legt Milliarden zur Seite – statt sie zu investieren.

(Foto: dpa)

Hamburg Erstmals über sieben Milliarden Euro Umsatz, die operative Marge weiter gestärkt: Beiersdorf hat im vergangenen Jahr die Serie schrittweiser Verbesserungen fortgesetzt. Doch eine altbekannte Frage hat weiter an Dringlichkeit gewonnen: Was will der Konzern um Nivea-Creme und Tesa-Klebeband eigentlich mit der neuen Stärke anfangen?

Mit 15 Prozent operativer Rendite ist Beiersdorf im Vergleich der Konsumgüterkonzerne zwar kein Superstar, aber die in den vergangenen Jahren stetig gekletterte Kennzahl für den Erfolg des täglichen Geschäfts ist durchaus akzeptabel.

Dabei fällt auf, dass inzwischen die Klebeband-Tochter Tesa verlässlich eine etwas höhere Rendite abwirft als das Konsumentengeschäft um die Hautpflege. Der Produzent hat inzwischen die Milliarde-Umsatzschwelle deutlich überschritten.

Dazu trägt vor allem das Industriegeschäft bei: Tesa-Klebestreifen stecken weltweit in fast jedem Auto. Ebenso in den Handys und Tablets der großen wie kleineren Elektronikmarken. Gerade die wichtigen Aufträge für Handys legten nach einem Knick im Vorjahr wieder zu.

Auch die deutlich größere Kosmetik-Sparte steht weltweit stabil da. Neben Nivea gewinnen kleinere Marken wie die Apothekenkosmetik Eucerin und Hansaplast an Umsatz. Zusammen mit Nivea wuchs das Geschäft auf allen Kontinenten – selbst auf schwierigen Märkten wie Nordamerika.

Operativ ist der Konzern also in beiden Sparten gesund. Beiersdorf verdient gutes Geld – doch die Aktionäre sehen davon wenig. Schon seit 2007 zahlt Beiersdorf konstant 70 Cent Dividende. So ist auch diesmal der Vorschlag an die Hauptversammlung am Mittwoch, der dank des Hauptaktionärs, der Tchibo-Erben-Familie Herz, sicher angenommen werden wird. Dabei liegt der Gewinn je Aktie inzwischen bei 2,96 Euro.

Was passiert mit dem Geld, das der Konzern nicht ausschüttet? Es liegt auf der hohen Kante. 3,3 Milliarden Euro hat der Konzern in Anleihen, Fonds und Aktien angelegt. Das zahlte sich allerdings 2017 nicht aus: Trotz des hohen Vermögens und einer Eigenkapitalquote von gut 62 Prozent erlitt Beiersdorf beim Finanzergebnis einen Verlust von 66 Millionen Euro.

In den Vorjahren stand stets ein kleiner Gewinn unter den Finanzgeschäften. Insbesondere der Punkt „Übriges Finanzergebnis“ ist 2017 deutlich ins Minus gerutscht.

Verlustreiche Anlage

Dahinter stehen laut Geschäftsbericht vor allem ein „signifikanter Fair-Value-Rückgang von zur Veräußerung verfügbaren Vermögenswerten“ sowie Wechselkurseffekte. Das heißt im Klartext: Der scheidende Beiersdorf-Finanzchef Jesper Andersen musste Wertpapiere neu bewerten – obwohl 2017 kein schlechtes Börsenjahr war.

Einige Investments hätten eine schlechte Performance erzielt, gestand Andersen bereits ein. Die Verluste seien auf Anlagen eingetroffen, die bereits vor 2017 gekauft worden seien. Dabei hatten sich die Beiersdorf-Finanzer bislang gerühmt, für sichere Geldanlagen vergleichsweise gute Renditen erzielen zu können.

2017 jedenfalls mussten sie dagegen einen echten Wertverlust für das Ersparte hinnehmen – wenn auch in einer Höhe, die in keinem Fall gefährlich ist. Nach Andersens Angaben sind diese Effekte ausgestanden. 2018 werde das Nachsteuerergebnis wieder normal ausfallen.

Das wirft jedoch ein Schlaglicht darauf, dass Beiersdorf nicht wirklich etwas anzufangen weiß mit seinem Geldschatz. Dabei zeigt die Verzinsung auf das operative Netto-Vermögen (1,45 Milliarden Euro) von 75 Prozent, dass Beiersdorf dort, wo es mit Geld tatsächlich Kosmetik oder Klebebänder herstellt, etwas aus dem Kapital macht.

Doch im Vergleich zu seinen Möglichkeiten investiert der Konzern nur bescheiden: Für 45 Millionen Euro baut er eine Fabrik in der Nähe von Bangkok, in Brasilien entsteht die erste Produktion von Deo-Sprays außerhalb Europas für 80 Millionen Euro.

Der Kosmetikbereich rückt dadurch mit seiner Produktion und Entwicklung näher an die Wachstumsmärkte heran, so wie es die großen Konsumgüterkonzerne wie Unilever und P&G schon lange vormachen.

Größtes Projekt bei Beiersdorf ist jedoch der Bau einer neuen Konzernzentrale für 230 Millionen Euro am aktuellen Standort im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel. Hier wird Finanzchef Andersen nicht mehr einziehen: Sein Vertrag wird nicht verlängert; er scheidet im Sommer aus.

Ein größerer Zukauf ist bislang genauso wenig absehbar wie der eigenständige Vorstoß in ein völlig neues Geschäftsfeld. Zwar hat Konzernchef Stefan Heidenreich mehrfach angekündigt, nach Kaufgelegenheiten Ausschau zu halten.

Doch bislang hat allein Tesa einige kleinere Zukäufe vollzogen – etwa von einem kleineren Unternehmen, das Badzimmerutensilien anbietet, die sich an Wandfliesen kleben lassen. Doch das ist nicht der Wachstumsschritt, den sich manche Anleger erhoffen.

Spielraum für Neues

Dabei hätte Beiersdorf jetzt Luft, schließlich ist man mit der Marge auf Kurs. Auch die überfällige Optimierung des Working Capitals, also des im operativen Geschäft gebundenen Kapitals, ist erfolgt. 2017 lag die Quote des Working Capitals bei 9,2 Prozent nach 11,0 Prozent im Vorjahr.

Finanzchef Andersen hat damit die Kennzahl in seiner Amtszeit seit 2015 um rund vier Prozentpunkte gedrückt. Dazu trägt unter anderem bei, dass weniger gut laufende Produkte gestrichen worden sind. Nach der Konzentration auf die Margenverbesserung, die Heidenreich in seinen ersten Jahren als Konzernchef vornahm, kann der Spitzenmanager sich nun um neue Themen wie die Digitalisierung kümmern.

Nachlassende Energie scheint Beiersdorf jedoch auf das Thema Nachhaltigkeit zu verwenden. Der aktuelle Nachhaltigkeitsbericht zeigt geringere Fortschritte als in den Vorjahren. Teils schneidet Beiersdorf sogar schlechter ab als im Jahr zuvor.

So ist der Anteil der Produkte mit verbesserten Umwelteigenschaften an den Gesamtverkäufen – eine von Beiersdorf als wichtig definierte Nachhaltigkeits-Kennzahl – um zwei Prozentpunkte gesunken. Bei CO2-Emissionen und der Abfallmenge ist die absolute Zahl deutlich gestiegen – nach einem signifikanten Rückgang 2016, als Beiersdorf ebenfalls ein Umsatzplus verzeichnete.

Da die Nachhaltigkeitsbemühungen den Konzern nicht nur bei umweltbewussten Anlegern interessant machen können, sondern womöglich auch Geld sparen, sollten diese Kennzahlen mehr in den Mittelpunkt rücken.

Dass Beiersdorf bei der Produktion selbst kaum effizienter geworden ist, zeigt die Bruttomarge. Sie beschreibt den Differenzbetrag zwischen Bruttoumsatz und direkten Produktionskosten im Verhältnis zum Umsatz. Die Kennzahl hat sich minimal verschlechtert – von 58,9 auf 58,8 Prozent.

Zwar sind die relativen Kosten für Produktion und Logistik leicht um 0,8 Prozentpunkte gesunken, doch gleichzeitig musste Beiersdorf wegen des Wettbewerbs die Preise senken. Angesichts des stärkeren Fokus auf hochpreisige Marken, darunter Eucerin für den Apothekenmarkt und La Prairie im Super-Luxussegment, ist das keine positive Nachricht.

Dazu kamen leicht negative Währungseffekte. Beiersdorf hatte zudem im Sommer 2017 einen Sondereffekt zu verkraften: Eine globale Cyberattacke legte den Konzern – ebenso wie den Konkurrenten Reckitt-Benckiser – mehrere Tage lahm. Die Kosten beziffert der Konzern recht unscharf mit einem zweistelligen Millionenbetrag.

Aktie mit wenig Fantasie

Finanziell sind die Kritikpunkte dennoch Petitessen. Die Bilanz ist sehr solide, Beiersdorf steckt alle Risiken gut weg und wird auch zukünftig seine angestammte Dividende von 70 Cent problemlos zahlen können. Fantasie weckt die Aktie allerdings nicht – im Jahresverlauf hat sie sich in etwa wie der Leitindex Dax entwickelt, schwankte aber stärker.

Die Ungewissheiten liegen indes nicht in der Bilanz, sondern in den Personalien. Unklar ist, ob Großaktionär Michael Herz den Vertrag von Heidenreich über 2019 hinaus verlängert. Auch seine eigene Nachfolge lässt der 74-Jährige im Dunkeln.

Dabei verdankt der Konzern seine Stabilität dem Tchibo-Erben. Bisher ließ dieser reichlich Geld in der Bilanz, statt es – unter anderem sich selbst – ausschütten zu lassen.

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