Blockade des Suez-Kanals USA wollen bei Bergung von Containerschiff „Ever Given“ helfen

Der Saugbagger soll den Sand um den Bug des Schiffes entfernen und damit die Bergung erleichtern.
Suez Das riesige Schiff rührt sich noch immer nicht. Ein Baggerschiff mit Spezialgerät hat inzwischen 17.000 Kubikmeter Sand um den Bug der „Ever Given“ weggesaugt, wie die Suezkanal-Behörde am Freitag mitteilte.
„Zusätzlich zu den bereits vor Ort befindlichen Baggern ist nun ein Spezialsaugbagger an Bord und wird in Kürze seine Arbeit aufnehmen“, hatte die Firma Bernhard Schulte Shipmanagement am Morgen erklärt. „Dieser Bagger kann 2000 Kubikmeter Material pro Stunde bewegen.“ Doch auch damit scheiterte am Freitag zunächst ein neuer Versuch, die „Ever Given“ frei zu bekommen, wie das Unternehmen einige Stunden später mitteilte.
Mit Hilfe der Gezeiten soll am Samstag ein neuer Versuch unternommen werden, das im Suezkanal festsitzende Containerschiff „Ever Given“ wieder flott zu bekommen. Zehn Schlepper seien im Einsatz und am Ufer und am Boden des Kanals nahe dem Schiffsbug werde Sand abgegraben, sagte Reedereichef Yukito Higaki am Freitagabend. Man hoffe, dass die „Ever Given“ freikomme, wenn das Wasser nach der Flut wieder sinke. Sollte das nicht funktionieren, müsse man Container abladen, damit sie leichter wird.
Auch will sich die US-Regierung an der Rettung der „Ever Given“ beteiligen. „Wir haben Ausrüstung und Kapazitäten, die die meisten Länder nicht haben. Wir werden schauen, wie wir hier behilflich sein können“, sagte US-Präsident Joe Biden vor Reportern am Freitag (Ortszeit) in Delaware (USA). Ein mit der Sache vertrauter Mitarbeiter der Regierung erklärte, dass die Marine bereit sei, ein Team von Baggerexperten zum Kanal zu schicken, man aber auf die Genehmigung der lokalen Behörden warte. CNN berichtete, dass Bagger-Experten der US-Marine bereits am Samstag eintreffen könnten, um zu helfen.
Die „Suez Canal Authority“ (SCA), die Eigentümer und Betreiber des Kanals ist, begrüßte das Hilfsangebot der USA und erklärte die Türkei wolle ebenfalls Hilfe schicken. „Die Schleppoperationen erfordern die Verfügbarkeit einer Reihe von unterstützenden Faktoren, einschließlich Windrichtung und Gezeiten, was sie zu einem komplexen technischen Prozess macht“, sagte die Behörde. Die für das technische Management des Schiffs verantwortliche Gesellschaft Bernhard Schulte Shipmanagement bestätigte, dass bis Sonntag zwei zusätzliche Schlepper eintreffen würden, um bei der Bergung zu helfen.
Die 400 Meter lange „Ever Given“ war am Dienstag wegen starker Winde auf Grund gelaufen. Bis zum späten Freitagnachmittag stauten sich deswegen mehr als 200 Schiffe auf beiden Seiten des Kanals, einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt.
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Die ägyptische Betreibergesellschaft Suez Canal Authority (SCA) sagte, dass die Schleppversuche zur Befreiung des Schiffes wieder aufgenommen werden, sobald die Baggerarbeiten an seinem Bug zur Entfernung von 20.000 Kubikmetern Sand abgeschlossen seien.
Trotz tagelanger Arbeit ist es Schleppern bislang nicht gelungen, den festsitzenden Frachter im Suezkanal freizulegen. Zwei zusätzliche Schlepper sollen bis Sonntag an der Unfallstelle eintreffen.
Neben Baggerarbeiten soll auch das Gewicht des Schiffes verringert werden
Hunderte Ozeanriesen warten auf die Weiterfahrt. Nach Angaben des Seefahrts- und Logistikunternehmens GAC sind wegen des Staus bereits die Ankerplätze um die Stadt Suez überfüllt.

Bislang ohne Erfolg.
Mehrere Länder hatten Ägypten Unterstützung angeboten. Unter anderem hilft ein Unternehmen aus den Niederlanden bei der Bergung.
Neben den Baggerarbeiten soll auch das Gewicht des Schiffes verringert werden, wie ein Sprecher des Unternehmens Boskalis der niederländischen Agentur ANP sagte. Einen Erfolg in kurzer Zeit hält die Firma nicht für möglich.
Der japanische Eigentümer, die Leasingfirma Shoei Kisen, dementierte einen Medienbericht, wonach der Frachter schon am Wochenende aus der misslichen Lage befreit werden könnte. „Wir haben keine Prognose, wann die Arbeit erfolgreich sein wird“, sagte eine Sprecherin von Shoei Kisen der Nachrichtenagentur Reuters. Die japanische Zeitung „Nikkei“ hatte zuvor berichtet, dass die Haverie am Samstag behoben werden könnte.
Ein Experte, der 2012 den Einsatz zur Bergung des vor der italienischen Insel Giglio auf einen Fels gelaufenen Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“ geleitet hatte, schätzte die Dauer der Arbeiten auf fünf Tage bis eine Woche. Wegen der Örtlichkeit, der Größe und der großen Menge an Ladung sei das eine „ziemliche Herausforderung“, sagte Nick Sloane.
Ersten Ermittlungen zufolge kam die „Ever Given“ bei starkem Wind vom Kurs ab und stellte sich quer. Ein ähnlicher Vorfall mit dem gleichen Schiff hat sich offenbar 2019 auf der Elbe in Hamburg ereignet. Der Riesenfrachter rammte und zerschmetterte eine kleine Fähre, die am Ufer festgemacht war. Es war niemand an Bord der Fähre.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelte wegen fahrlässiger Gefährdung des Schiffsverkehrs, stellte das Verfahren mangels Beweisen aber ein, wie Sprecherin Liddy Oechtering der Nachrichtenagentur AP sagte. Zur genauen Ursache konnte sie nichts sagen. Vermutet wurde damals, starker Wind könnte das Containerschiff vom Kurs abgebracht haben.
Durch den Suezkanal werden etwa zehn Prozent des Welthandels transportiert. Europas größter Versicherer Allianz geht in einer Studie davon aus, dass eine anhaltende Blockade des Suez-Kanals jede Woche sechs bis zehn Milliarden US-Dollar kosten würde. Dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge fahren 98 Prozent der Containerschiffe durch den Suez-Kanal, wenn sie zwischen Deutschland und China unterwegs sind.
Der 193 Kilometer lange Kanal ist die kürzeste Verbindung zwischen Europa und Asien und der entscheidende Korridor für Rohöl und Importwaren nach Europa. Der Kanal verkürzt den Weg von Europa nach Asien um etwa 7000 Kilometer.
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