Boris Winkelmann DPD beendet die Geheimniskrämerei – und legt Zahlen vor

Der gebürtige Deutsche will den Umsatz der La-Poste-Pakettochter in fünf Jahren verdoppeln.
Foto: Patrice Maurein/DPD
Düsseldorf Wer bislang erfahren wollte, wie ertragreich der zweitgrößte Paketdienst Europas seine Arbeit erledigt, musste Geduld und Spürsinn mitbringen. Bilanzpressekonferenzen waren bei der Pariser DPD Group ein Fremdwort, Ertragszahlen hatten sich Interessierte aus der Bilanz des Mutterkonzerns La Poste zu angeln, die gewöhnlich erst in den französischen Sommerferien – und damit acht Monate nach Geschäftsjahresende – die Runde machte.
Die Mitte 2020 erfolgte Berufung des deutschen Managers Boris Winkelmann an die DPD-Spitze hat nun in der französischen Hauptstadt eine Kulturrevolution ausgelöst. Erstmals erfuhr die Presse von ihm zeitnah den Ertrag des DHL-Rivalen, der sich inzwischen anschickt, mit einem Marktanteil von mehr als 12,5 Prozent Europas Marktführerschaft zu übernehmen.
Die Ergebnisse taugen freilich auch zur Eigenwerbung. So stieg der weltweite Paketumsatz, nachdem das Geschäft im März 2020 zunächst um 30 Prozent eingebrochen war, über das Jahr gerechnet um sagenhafte 44 Prozent auf elf Milliarden Euro. 1,9 Milliarden Pakete habe DPD im vergangenen Jahr befördert, erzählte Winkelmann, wobei eine halbe Milliarde durch Akquisitionen hinzugekommen sei. So hatte DPD zuletzt den Paketdienst Geis in Tschechien und der Slowakei erworben, ein Unternehmen in Hongkong wurde erstmals durch die Aufstockung der Anteile konsolidiert.
Mehr noch steigerte Winkelmann, der zuvor fünf Jahre lang die deutsche Landesgesellschaft in Aschaffenburg auf Vordermann brachte, den Gewinn. Kam 2019 ein Ertrag vor Zinsen und Steuern von gerade einmal 379 Millionen Euro zusammen, übersprang er 2020 die Marke von 800 Millionen Euro. Ohne die Anrechnung von Abschreibungen habe man sogar die Milliardengrenze übersprungen, sagte der 49-Jährige.
Anfang 2020 war der gebürtige Hamburger von der Spitze der DPD Deutschland in die Pariser Zentrale gewechselt. Der Manager, dessen Vater einst bei Airbus in Toulouse beschäftigt war, spricht fließend Französisch. Die erste Bilanzpressekonferenz seines Unternehmens gab er allerdings, da Medienvertreter aus ganz Europa zugeschaltet waren, auf Englisch.
Beim französischen Alleingesellschafter hatte sich Winkelmann für das neue Amt empfohlen, indem er die deutsche Landesgesellschaft radikal umbaute. Jahrelang hatte sich DPD, 1976 gegründet von acht deutschen Spediteuren, auf die Zustellung an gewerbliche Kunden (B2B) spezialisiert. Privathaushalte spielten im Geschäft so gut wie keine Rolle.
Boomender E-Commerce
Angesichts des boomenden E-Commerce schaltete Winkelmann um – und konterte in Deutschland die Marktführer DHL und Hermes mit einer massiven Digitalisierung, durch die er Paketempfänger per App zeitnah über Liefertermine unterrichtet.
Den Erfolg belegte der an die DPD-Spitze aufgerückte Manager nun mit Zahlen: „Wir haben den Privatkundenanteil in unserem Zustellgeschäft im vergangenen Jahr auf 55 Prozent gesteigert“, berichtete er. Damit sei das B2B-Geschäft im eigenen Unternehmen erstmals überholt worden.
Mit den Erfolgen will sich Winkelmann jedoch längst noch nicht zufriedengeben. Bis 2025 will er den DPD-Umsatz auf 21 Milliarden Euro fast verdoppeln. 2030 peilt er einen Jahreserlös von 27 Milliarden Euro an.
Insbesondere die Zustellung von Lebensmitteln und Medikamenten, die schon 2020 das Geschäft trieben, soll einen Großteil der Zusatzerlöse bringen. Auch weitere Übernahmen seien geplant.
Doch es gibt im Geschäft noch erhebliche Baustellen. Während DPD in Frankreich, Polen und Spanien Marktführer ist, läuft man in Deutschland der Post-Tochter DHL hinterher. Mit einem Plus von knapp 15 Prozent im Paketgeschäft wuchs man hierzulande zwar gleichauf mit dem Bonner Konkurrenten, für einen Überholvorgang aber reichte es nicht.
Zudem muss Winkelmann bei der Zustellqualität nacharbeiten, um mit der Konkurrenz gleichzuziehen. Vor Weihnachten etwa hakte es im Gegensatz zu DHL oder Amazon bei der Zustellgeschwindigkeit. Online bei Aldi bestellte Pakete brauchten mitunter zwölf Tage vom DPD-Zentrum bis zur Haustür. „Isolierte Fälle“ seien dies, konterte Winkelmann auf Nachfrage.
Doch auch eine Umfrage von Yougov zeigte Anfang des Jahres, dass es für Winkelmann noch einiges zu tun gibt. Nicht nur DHL liegt in Sachen Servicequalität nach Ansicht deutscher Verbraucher weit vor DPD, auch der erst vor Kurzem gestartete Paketdienst von Amazon überholte die Franzosen inzwischen.
Doch auch hier gibt es von Winkelmann eine Kampfansage: „Wir werden weiterhin massiv in die Servicequalität investieren“, kündigte er am Montag an. Angesichts der hohen Erträge dürfte ihm das kaum schwerfallen.
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