Wäre es nach Alexis Tsipras gegangen, dann hätte der Euro-Rettungsfonds ESM das dritte Hilfspaket allein gestemmt. Mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wollte Tsipras partout nichts mehr zu tun haben. Fast die ganze Nacht wehrte sich der Grieche. Doch Merkel bestand darauf – und setzte sich durch. Die Vereinbarung sagt klar, dass der IWF nicht nur überwachen, sondern sich auch finanziell beteiligen soll. Allerdings ist das trotz Gipfelbeschlusses nicht gesichert. Das liegt nicht an Athen, sondern an Washington. Das IWF-Programm läuft noch bis März 2016. Um die verfügbaren 16 Milliarden Euro zu bekommen, muss Griechenland zunächst seine Zahlungsrückstände begleichen. Ob es dann frisches Geld gibt, ist ungewiss. Der IWF will sich noch nicht festlegen.
Mit Reformversprechen der griechischen Regierung allein findet sich die Euro-Zone inzwischen nicht mehr ab. Die europäischen Partner wollen Taten sehen, bevor sie Hellas Geld leihen. Deshalb steht die Regierung in Athen jetzt unter großem Zeitdruck. Bis Mittwoch soll sie gleich mehrere Reformen und Kürzungen durch das Parlament bringen. Bei der Mehrwertsteuer sollen Befreiungen und ermäßigte Sätze entfallen. Sofort beschlossen werden sollen auch Teile der Rentenreform und eine gestraffte, effiziente Zivilgerichtsbarkeit. Solche Veränderungen hatte die Regierung vorher lange verweigert. Nun soll Athen sogar strengere Reformvorgaben erfüllen als ursprünglich geplant. Ob Premier Alexis Tsipras dieser Verpflichtung am Ende wirklich nachkommt, bleibt abzuwarten.
Die Euro-Zone hat Griechenland schon Kredite von insgesamt 184 Milliarden ausgezahlt. Nun soll ein drittes Hilfspaket mit einem Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro dazukommen. Der Betrag fällt deutlich höher aus als noch vor wenigen Monaten erwartet. Denn mit Griechenland geht es bergab, seitdem Tsipras regiert: Das Wirtschaftswachstum brach ein, und die Banken befinden sich in einem desolaten Zustand. Allein für die Sanierung und Rekapitalisierung der Geldhäuser benötige man in den nächsten Jahren bis zu 25 Milliarden Euro, davon zehn Milliarden relativ kurzfristig, heißt es in der Gipfel-Erklärung.
Dass Athen nun zum dritten Mal Hilfe benötigt und dann auch noch ein solches Volumen, ist für andere Regierungschefs sehr unangenehm. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird es nicht leichtfallen, ihre eigene CDU/CSU-Fraktion von der Notwendigkeit dieser Hilfe zu überzeugen. Auch in anderen Ländern, etwa Finnland oder den Niederlanden, gibt es inzwischen viel Kritik an der Athen-Hilfe.
Das Programm hat nie richtig funktioniert. Statt der erwarteten 50 Milliarden Euro brachte der Verkauf von Staatsbetrieben bisher nur zwei Milliarden Euro ein. Nun will die Euro-Zone die Privatisierungen beschleunigen. Dabei helfen soll ein unabhängiger Privatisierungsfonds. Premier Tsipras wurde verpflichtet, staatliche Vermögenswerte von 50 Milliarden in diesen professionell gemanagten Fonds einzubringen, damit sie möglichst gewinnbringend verkauft werden können. Welche staatlichen Unternehmen davon am Ende betroffen sein werden, ist allerdings noch unklar. Über die Auswahl dürfte es mit Griechenland noch viel Streit geben – zumal Tsipras den Investitionsfonds nur höchst widerwillig akzeptierte.
Es war eine der ersten Amtshandlungen der Regierung Tsipras: Sie erteilte der verhassten Troika Hausverbot in den Athener Regierungsgebäuden. Die Vertreter der Institutionen EU-Kommission, EZB und IWF sind seither gezwungen, in Brüssel mit griechischen Regierungsbeamten zu verhandeln – was mehr schlecht als recht funktioniert. Nun kehrt man zum alten Verfahren zurück: Die drei Institutionen sollen den Reformprozess wieder vor Ort in der griechischen Hauptstadt überwachen und dort falls nötig für eine bessere Umsetzung der Reformen sorgen, heißt es in der Abschlusserklärung des Euro-Gipfels. Dabei helfen sollen Fachbeamte aus den anderen Euro-Staaten.
Die Geldgeber-Institutionen schätzen Griechenlands Finanzbedarf in den kommenden drei Jahren auf 82 bis 86 Milliarden Euro. Der höhere Wert stammt vom vorsichtiger kalkulierenden IWF. Einen Teil der Kosten könnte nach Berechnungen der Experten durch Zinsgewinne gedeckt werden, welche die EZB mit Griechenland-Anleihen erzielt. Das sind 7,7 Milliarden Euro. Somit müsste das Rettungsprogramm zwischen 74 und 78 Milliarden Euro umfassen. Dass der Bedarf überhaupt so hoch ist, liegt an der Unsicherheit durch Tsipras. Wegen der Bankenschließungen wird das Land dieses Jahr wohl wieder in die Rezession rutschen. Zudem brauchen die Banken 25 Milliarden Euro frisches Kapital.
Nach ihrem Wahlsieg verwendeten Tsipras und sein Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis ihre politische Energie vor allem auf eines: Sie wollten unbedingt durchsetzen, dass die Euro-Zone Griechenland einen Teil der Schulden erlässt. Beifall dafür gab es allerdings nur vom IWF. Die Euro-Zone ließ Tsipras am Montag früh endgültig abblitzen. Ein nominaler Schuldenschnitt komme nicht infrage, heißt es in der Gipfel-Erklärung. Nur beim Schuldendienst seien Erleichterungen denkbar. Eventuell wird die durchschnittliche Kreditlaufzeit von derzeit 32 auf 40 oder 50 Jahre erhöht. Diese Streckung führt in Wahrheit auch zu einem Schuldenschnitt – zwar nicht nominal aber sehr wohl real.
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"Nein. Es waren die Griechen selbst, die Regierungen gewählt haben und damit nicht sorgsam umgegangen sind. Die Hauptschuld trägt die griechische Politik und der griechische Wähler. "
Hallo Herr Albers,
mit obiger Aussage bin ich nicht einverstanden. Sie setzen voraus, dass eine andere Wahl zu einem anderen Ergebniss geführt hätte. Haben Sie den Eindruck, dass es wirklich eine Rolle spiel, wer eine Wahl gewinnt? Sie kennen vielleicht folgendes Zitat:
„Gib mir die Kontrolle über das Geld einer Nation und es interessiert mich nicht, wer dessen Gesetze macht.”
Es stammt von Mayer Amschel Rothschild (1744 – 1812), Begründer der Rothschild-Bankendynastie
Genau das ist das Problem von Griechenland. Natürlich haben Sie Recht, wenn Sie die Verantwortung auch bei der griechischen und der deutschen Politik sehen, aber ins Schwarze haben Sie mit der EZB getroffen. Den IWF und die EU sollte man in der Liste der Verantwortlichen auch nicht vergessen.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt anführen: Nehmen wir mal an, dass die Griechen selbst schuld an ihrer Situation sind. Welche Möglichkeiten hat ein von der aktuellen Situation dort betroffener Mensch, wie Sie oder ich, irgendetwas an dieser Situation zu ändern? Es mag also sein, dass ein "Anfangsverschulden" der Griechen vorliegt, aber auch das wieder nur im Sinne eines Nicht-Verhinders. Die "Eskalation" dieser Krise haben andere zu verantworten und die möchten natürlich keinesfalls genannt oder schlimmer, erkannt werden. Also wird weiter auf die "faulen Griechen" und die "auf anderer Völker Kosten provitierenden Deutschen" verwiesen...
Ein altes und sehr zutreffendes deutsches Sprichwort heißt: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Das könnte man Oportunismus nennen, wenn nicht die Dritten ständig Öl ins Feuer gießen und den Streit damit gezielt für Ihre Zwecke anheizen würden...
Schuld der griechischen Bürger? Nein, Schuld der gr. Politiker, Banker und Manager. sowie unserer Politiker . Frau Merkel hat 99% Mitschuld. Wieso verweigert Sie persönlich die Strafen für die Vernichtung Griechenlands durch die Politiker? Warum Rentnkürzung um 50% und keine Strafen, Haftung für die Politiker, Banker? Warum fordert Sie kein Ersatz für die Ermordung Deutscher im 2. Weltkrieg sowie Ersatz der deutschen Werte. Partisanen = Terroristen lt. UNO. Wieso wollen deutsche Politiker Mörder noch belohnen. Hilfe nur für arme Griechen und nicht für Politiker, Banker, Manager usw.!! Diese softr. Es kostet uns nichts, da wir lt. Hr. Gauck reich sind und nicht wissen wohin mit den Milliarden. Dafür will Hr. Gauck die Vernichtung Deutschlands.
Warum beschimpfen ein paar Idioten gerade diejenigen, denen sie fast alle ihren Wohlstand in wesentlichen Teilen zu danken haben? Das wirkt denn doch reichlich sadomasochistisch.
Die Griechen haben noch eine Chance!
Sie Brauchen morgen nur die Vorschläge ABLEHNEN!
Und dann gehts mit einer neuen Drachme in neue Zeiten.
"Die Initiatoren und damit Hauptverantwortlichen sind wohl aber dort zu suchen, wo jegliche Krise die Kassen ordentlich klingeln lässt. "
Nein. Es waren die Griechen selbst, die Regierungen gewählt haben und damit nicht sorgsam umgegangen sind. Die Hauptschuld trägt die griechische Politik und der griechische Wähler. Uns trifft eine Mitverantwortung, weil wir sie gewähren lassen haben und nicht genau hinsehen wollten, ob die Griechen reif für den Euro sind. Wir sind auch mitverantwortlich, wenn wir als Gläubiger auftreten und nicht dafür sorgen, dass das Geld auch richtig - sachgerecht - verwendet wird.
Die EZB trifft ebenso eine Mitverantwortung, weil sie Bedingungen geschaffen hat, die den Markt so zerstören, dass er nicht mehr als Korrektiv funktioniert. Die EU-Politik trifft Schuld, weil sie die Zeit, die Draghi gekauft hat, nicht genutzt hat. Draghi hat die Politik zum Hauptakteur gemacht - und diese hat die Verantwortung nicht übernommen.
Das ist genau so ein Unsinn, wie die Aussage, die Griechen hätten ihre Situation selbst zu verantworten. Ich würde zustimmen, wenn es hieße, die Griechen hätten es nicht verhindert und tragen daher eine Teilverantwortung.
Genauso wenig sind die Deutschen für die Situation in Griechenland verantwortlich, nur auch wieder insofern, dass sie eine solche Situation ebenfalls nicht verhindert haben.
Die Initiatoren und damit Hauptverantwortlichen sind wohl aber dort zu suchen, wo jegliche Krise die Kassen ordentlich klingeln lässt. Selbstverständlich sind da auch einige Griechen und Deutsche dabei... Aber diese mehrheitlich internationalen Krisenprofiteure schaffen es mit der altbewährten Strategie "divide et impera" bedauerlicherweise immer wieder, Menschen in gegnerische Gruppen zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen. Und so werden, solange dieses "Spiel" der Profiteure nicht durchschaut wird, alle anderen Beteiligten, d.h. auch Griechen und Deutsche, wohl weiter Opfer dieser Machenschaften bleiben.
"1/2 Jahr haben uns die GR beschimpft, gedemütigt und haben uns belogen. "
Na, also wenn ich die Jahre aufrechne, die nur hier im HB-Forum für das Herumhacken auf "Faulen Griechen" oder Ähnlichem ins Land gegangen sind muss ich sagen, dass Tsipras in dieser Hinsicht noch länger weiter machen könnte damit ein Ausgleich geschaffen wäre.
Abgesehen davon: Seit wann gilt es als konservativ (oder liberal), wenn man Gleiches mit Gleichem vergilt?
Beitrag von der Redaktion gelöscht. Bitte bleiben Sie sachlich.
Der Euro - das Friedensprojekt.
Bleibt nur die Frage, ob wir diesen totalen Frieden wollen, oder nicht. Aber wir wissen ja: totaler Friede ist kürzester Friede...
1/2 Jahr haben uns die GR beschimpft, gedemütigt und haben uns belogen. Aber iwa wendet sich das Blatt und die dt. Regierung hat wohl die Zeit genutrzt, um das Paket: "ESM + Treuhand" zu schnüren.
super Job, Herr Schäuble, das ist eine Meisterleistung und wir sind stolz auf sie.