Designerin Jette Joop „Aldi ist Kult“

Diese schwarze Tasche und andere exklusive Mode gibt es bald beim Discounter.
(Foto: Andreas Fechner für Handelsblatt)
Düsseldorf Jette Joop hat ihr Lieblingsteil aus ihrer neuen Kollektion gleich selbst angezogen. Der schwarze Einteiler steht ihr gut. Nichtsdestotrotz oder gerade deshalb - dreht sie sich aufgeregt wie ein Model vor dem ersten Auftritt immer wieder um die eigene Achse, streicht über den Stoff, spielt mit den silberglänzenden Enden der Gürtelbändchen. Auf Uhr, Armband und Ringe hat die gelernte Schmuckdesignerin an diesem Tag, an dem Sie uns ihre neue Kollektion exklusiv in einer Suite des Steigenberger Hotels in Düsseldorf vorführt, bewusst verzichtet. Nichts soll von ihrer neuen Kollektion ablenken. Es ist nicht irgendeine Kollektion. Der schwarze Jumpsuit, den sie trägt, und zehn weitere Teile werden ab April exklusiv bei Aldi zu kaufen sein.
Frau Joop, Sie haben für Aldi Süd die erste eigene Designer-Kollektion entworfen. Warum haben Sie das getan?
Als die Anfrage von Aldi Süd kam, war ich sofort begeistert. Es geht mir um die Demokratisierung guten Designs. Die Gesellschaft hat sich verändert. Status lässt sich nicht mehr durch schlichten Reichtum und dessen Demonstration erreichen. Status stellt sich heute dadurch ein, dass man intellektuell ist, sich sozial engagiert. Die Modebranche muss sich diesem Wandel stellen. Sie ist jedoch häufig viel zu weit von den Menschen entfernt. Zu abgedreht die Entwürfe, zu teuer, getragen von Magermodels... Die Antwort auf die Frage, warum H&M und Zara so erfolgreich sind, ist doch: weil sie nah am Kunden sind. Jette und Aldi, das ist kein Fake, keine Werbeaktion. Das ist eine ernste Sache. Wir betreten damit Neuland. Und ich habe den Ehrgeiz, dass das funktioniert.
Wie entstand die Kollektion?
In enger Abstimmung. Es gab Vorgaben, und nach denen habe ich die Entwürfe gemacht und dann sind wir jedes Teil zusammen durchgegangen. Schnitt, Stoff, Farbe, Details, Preis... Das war harte Arbeit.
Vorgaben, Abstimmung ... Ist das nicht ein Graus für eine unabhängige Designerin?
Nein, im Gegenteil. Das war herausfordernd wie inspirierend. Ich habe in diesen Gesprächen auch sehr viel gelernt. Das Aldi-Management ist sehr professionell und, ich muss es so sagen: streng.
Wann waren Sie selbst zuletzt bei Aldi einkaufen?
Heute morgen. Ich habe Orangen, Lakritz, Nüsse und Butter gekauft.
Die Zusammenarbeit mit Aldi Süd ist eine einmalige Aktion?
Derzeit ist dies so geplant. . Das hängt aber auch vom Erfolg dieser ersten Kollektion ab...
Aldi ist günstig, Ihre Marke JETTE ist im Premium-Segment angesiedelt. Befürchten Sie kein downgrade?
Nein, absolut nicht. Aldi ist Kult. Es werden vielleicht einige Leute und Experten sagen, was soll das denn. Das war damals bei unserer ersten Kooperation mit dem Juwelier-Filialisten Christ übrigens auch so. Das ist aber eben so, wenn man ein Early Bird, ein früher Vogel ist . Ich betrachte die Kooperation mit Aldi Süd als eine freche Herausforderung. Und ich freue mich schon jetzt drauf, wenn Frauen auf die Frage, wo hast du das schicke Teil denn her?, sagen werden: Blue Motion bei Aldi Süd designed von Jette Joop. Und es gibt ja auch schon Vorbilder ... Karl Lagerfeld hat seit seiner Kooperation mit H&M jedenfalls keine Nachteile. Ganz im Gegenteil.
Karl Lagerfeld machte im Jahr 2004 die erste Designer-Kollektion für den schwedischen Modekonzern H&M. Das war durchaus ein Erfolg, die Kollektion war binnen Stunden ausverkauft. Da trafen aber auch zwei Modeexperten aufeinander. Aldi ist Lebensmitteldiscounter. Wie werden Sie die Kollektion in den Filialen präsentieren? Wird es besondere Ecken, Umkleidekabinen geben?
Nein. Die Kollektion von Blue Motion von mir wird wie immer bei Aldi Süd präsentiert werden: in Klarsichtfolie verpackt und in Drahtkörben. Ich hoffe und gehe eigentlich davon aus, dass die gesamte Ware sehr schnell abverkauft ist.
Kein bisschen Inszenierung?
Nein, kein Tamtam, es geht uns um die Sache. Wir starten die Aktion mir einer Modenschau in der Filiale hier in Düsseldorf auf der Königsallee und natürlich in der Printwerbung. Und auf diese Modenschau in einer Lebensmitteldiscounterfiliale freue ich mich schon jetzt...

Damenmode zwischen Dosenravioli und Duschgel.
Warum?
Das hat doch fast schon künstlerischen Charakter. Ich will dem Fotografen Andreas Gursky nicht zu nahe treten, aber das wäre doch mal ein Motiv: Laufsteg und Models vor Konserven und Drahtkörben.
Karl Lagerfeld und H&M ist ein positives Beispiel, es gibt aber auch negative. Die Kooperation von Michael Michalsky und Tchibo unter der Marke "Mitch & Co." konnte die Erwartungen vor einigen Jahren nicht erfüllen.
Die Kooperation war auf Dauer angelegt und nicht wie jetzt bei uns mit Aldi Süd erst einmal eine einmalige Aktion mit Überraschungseffekt.
So überraschend ist Ihre Kooperation nun auch nicht. Der Designer Harald Glööckler entwarf im Jahr 2011 eine Schmuckkollektion für den Lebensmitteldiscounter Lidl.
Das spannende an unserer Kooperation ist, dass Aldi Süd das erste Mal mit einer Designerin für ihre Eigenmarke Blue Motion zusammenarbeitet. Ich gebe meine Designexpertise auf eine bereits bestehend Marke. Wir haben keine neue Marke hierfür geschaffen und es werden auch nicht Produkte meiner Marken über Aldi Süd vertrieben. Die anderen Markenkooperationen laufen unabhängig davon super. Aldi Süd hat ja schon einmal mit Champagner die Demokratisierung von Luxus geschafft.
Was hat Ihr Vater, Wolfgang Joop dazu gesagt, dass Sie nun für Aldi Süd arbeiten?
"Mach mal!" Er selbst ist ja auch schon immer gut für Überraschungen gewesen... Zuletzt als Juror bei 'Germanys next Topmodel".
Es gibt unter Ihrem Markennamen „JETTE“ längst nicht mehr nur Mode, sondern auch Schmuck, Parfüm und sogar ganze Häuser, also Architektur, und nun auch noch Ihre persönliche Kooperation mit Aldi Süd . Haben sie keine Angst den Überblick zu verlieren?
Nein, mein Geschäft ist nicht so komplex wie es ausschaut. Wir haben sehr langfristige Kooperationspartner. Bei Schmuck ist das Christ und bei Parfüm Douglas. In der Architektur arbeiten wir mit Viehbrockhaus AG zusammen. Und dann habe ich noch für einige Konzerne wie die Telekom, Rewe und Air Berlin die Corporate Fashion entworfen. Das alles lässt sich gut mit meiner JETTE GmbH und Co KG mit Sitz in Berlin steuern. Die hat nur 18 Mitarbeiter, von denen übrigens 17 Frauen sind. Und unsere Kinderquote ist deutlich höher als der Bundesdurchschnitt.
Sie wirkten mädchenhaft aufgeregt. Was bedeutet Ihnen diese Kooperation?
Sehr viel. Ich will, dass sich alles am besten in wenigen Stunden verkauft. Das Finanzielle ist das eine, dass die Teile getragen werden, das andere. Wenn die Kollektion gekauft wird, ist das mein Applaus. Ich habe das freche Grinsen einer Frau vor Augen, die mit einem Teil von mir, das sie bei Aldi gekauft hat, ein Kompliment bekommt und sich dann denkt: "Wenn du wüsstest, wo ich dieses schicke Outfit gekauft habe... Haha, bei Aldi Süd aus dem Drahtkorb für 19,90 Euro."
Warum machen Sie keine eigenen Geschäfte auf? JETTE-Stores...
Ich habe Riesenrespekt vor dem Einzelhandel, und zwar nicht nur, weil unser Concept Store in Berlin vor einigen Jahren nicht so erfolgreich war . In einem gut laufenden Geschäft muss alles stimmen: Licht, Personal, Frequenz, Ladenbau und und und. Von daher ja, ich kann mir vorstellen, eigene Geschäfte zu betreiben, aber ich würde das nur mit einem erfahrenen Partner aus aus diesem Bereich zusammen tun.
Frau Joop, vielen Dank für das Gespräch.