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Lager von Doc Morris

Rasantes Wachstum, finanziert mithilfe der Börse.

(Foto: Doc Morris )

Doc Morris und Shop Apotheke Online-Apotheken wachsen aggressiv – und planen auch Zukäufe in Deutschland

Die Online-Apotheken Zur Rose und Shop Apotheke dominieren den europäischen Markt. Sie wollen sich weiter von der Konkurrenz absetzen – mit Zukäufen.
25.06.2018 - 16:53 Uhr Kommentieren

Frankfurt „Wachstum, Wachstum, Wachstum“, das ist das Ziel, das Walter Oberhänsli, Chef von Europas größtem Medikamentenversender Zur Rose, in diesem Jahr für das Unternehmen ausgegeben hat. Das gilt aber nicht nur für den Schweizer Konzern und seine Onlineapotheke Doc Morris, sondern beschreibt genauso die Strategie des wichtigsten Wettbewerbers Shop Apotheke Europe.

Beide börsennotierten Apothekenkonzerne sind sehr expansiv unterwegs: Mit hohen Marketingausgaben werden neue Kunden und Märkte erobert, gezielte Akquisitionen sorgen für zusätzlichen Schub. So eilen die zwei Unternehmen mit satten zweistelligen Wachstumsraten und Jahresumsätzen von einigen Hundert Millionen Euro der Konkurrenz davon. Shop Apotheke will Ende des Jahres bis zu 560 Millionen Euro umsetzen, Zur Rose dürfte die Grenze von umgerechnet einer Milliarde Euro Umsatz überspringen.

„Im Medikamenten-Onlinehandel in Europa sind Shop Apotheke Europe und die Zur Rose Group für die übrigen Versandapotheken nicht mehr einzuholen“, sagt Tobias Brodtkorb, Managing Partner der Unternehmensberatung Sempora. Seinen Analysen zufolge kommt nach den beiden Unternehmen erst einmal lange nichts.

Auf dem am meisten entwickelten Versandmarkt Deutschland gibt es noch rund ein Dutzend mittelgroße Konkurrenten wie etwa Apo-Discounter, Apotal, Medpex oder Medikamente-per-Klick, die auf Jahresumsätze von etwas mehr als 100 Millionen Euro kommen.

Bedeutende Versandapotheken im Ausland sieht Brodtkorb ebenfalls nicht. Einen wichtigen Player aus Belgien, die Versandapotheke Farmaline, hatte Shop Apotheke bereits im September 2016 übernommen. Im vergangenen Oktober holten die Venloer zudem per Sachkapitaleinlage durch die Ausgabe neuer Aktien die einstige Schwesterfirma Europa Apotheek unter das Firmendach.

Konkurrent Doc Morris wiederum kaufte vom Werbeunternehmen Ströer die Onlineapotheke Vitalsana, die wie Doc Morris im niederländischen Heerlen beheimatet ist.

Das rasante Wachstum von Shop Apotheke Europe und Zur Rose wurde durch die Millionen ermöglicht, die sich die Konzerne an der Börse holten. Das geht, weil sie in den Niederlanden und der Schweiz ihren Sitz haben. In beiden Ländern dürfen Kapitalgesellschaften Apotheken betreiben, da anders als in Deutschland kein Fremdbesitzverbot gilt, das besagt, dass nur selbstständige Apotheker eine Apotheke führen dürfen.

Bei ihrem IPO an der Schweizer Stock Exchange erlöste die Zur Rose Group vor knapp einem Jahr umgerechnet rund 200 Millionen Euro. Vergangenen Freitag begab das Unternehmen zudem eine öffentliche Anleihe und sicherte sich weitere 85 Millionen Franken (umgerechnet rund 74 Millionen Euro). Shop Apotheke flossen im Oktober 2016 beim Gang an die Frankfurter Wertpapierbörse rund 100 Millionen Euro zu, kürzlich sammelte die Firma durch die Ausgabe einer Wandelanleihe weitere 75 Millionen Euro ein.

„Unser Fokus liegt jetzt auf Deutschland“

Mit dem Erlös aus dieser Anleihe will das Unternehmen gezielt weitere Zukäufe finanzieren: „Unser Fokus liegt jetzt auf Deutschland. Das ist in Europa der größte Markt, und wir sind ein interessanter Partner für Anbieter, die überlegen, ob sie lieber verkaufen sollen, anstatt noch einmal stark in die Logistik zu investieren“, erklärt Ulrich Wandel, Finanzchef von Shop Apotheke Europe.

Konkurrent Doc Morris ist bereits fündig geworden. Nachdem das Unternehmen im vergangenen Jahr bei der Bremer Versandapotheke Eurapon einstieg, haben die Niederländer Ende Mai noch den Online-Versandhandel der Hamburger Apotheke Apo-rot mit rund 100 Millionen Euro Jahresumsatz gekauft.

Da die Konzerne wegen des Fremdbesitzverbots in Deutschland keine Apotheke direkt übernehmen dürfen, laufen solche Deals häufig über Umwege wie etwa Logistik- oder Großhandelsfirmen, die Kunden müssen einer Überführung ihrer Daten zustimmen.

Den Investoren gefällt die expansive Strategie. Dass das Wachstum noch zulasten der Gewinne geht, stört sie nicht. Zur Rose machte 2017 einen Verlust von 36 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet rund 31 Millionen Euro), Shop Apotheke ein Minus von 21 Millionen Euro.

Die Aktien der E-Commerce-Apotheken sind seit den Börsengängen jeweils kräftig gestiegen, die Marktkapitalisierung hat sich mehr als verdoppelt. Nur als die Große Koalition in Deutschland im Februar das Verbot des Versandhandels in ihren Koalitionsvertrag geschrieben hat, sackten beide Werte kurzzeitig ab.

Im Herbst 2016 hatte der Europäische Gerichtshof das deutsche Gesetz gekippt, wonach sich ausländische Versender beim Verkauf rezeptpflichtiger Arzneimittel in Deutschland an die Preisbindung zu halten haben. Seitdem dürfen die ausländischen Apotheken ihren deutschen Kunden wieder Preisnachlässe und Boni auf Rezepte gewähren, die stationären deutschen Apotheken aber nicht.

Wegen dieser Ungleichbehandlung fordern die Verbände der stationären Apotheker ein Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel. Doch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat in dieser Hinsicht noch nichts unternommen, und viele Experten halten ein solches Rx-Versandverbot, wie es im Fachjargon heißt, europarechtlich für nicht durchsetzbar.

Doc Morris und die Europa Apotheek machen zwar den größten Anteil ihrer Umsätze mit rezeptpflichtigen Medikamenten, im 50 Milliarden Euro schweren Apotheken-Gesamtmarkt aber spielt der Rx-Versand nach Zahlen des Marktforschungsinstituts IQVia mit weniger als einem Prozent Marktanteil kaum eine Rolle.

Geschäft mit rezeptfreien Produkten

Das Geschäft machen die Versender mit rezeptfreien Produkten, auf die sie zum Teil kräftige Rabatte geben: frei verkäufliche Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel sowie Kosmetik und Körperpflege. Hier erreichte der Versandhandel in Deutschland 2017 bereits 1,7 Milliarden Euro Umsatz, rund 13 Prozent des Marktes.

„Die Bedrohung für die stationäre Apotheke ist nicht der Rx-Versandhandel, sondern der Versandhandel mit rezeptfreien Produkten und Kosmetik“, sagt denn auch Marktexperte Brodtkorb von Sempora. Der Vormarsch des Onlinehandels werde diese Entwicklung weiter beflügeln, erwartet er.

Eine Einschätzung, die auch Shop-Apotheke-Finanzchef Wandel teilt. „Der Trend von Offline zu Online ist die Zukunft, Digitalisierung und der E-Commerce-Boom treiben unser Geschäft.“ Insbesondere in den südeuropäischen Ländern wie Spanien, Italien und auch Frankreich sieht er zusätzlich zu Deutschland großes Wachstumspotenzial.

Gefahr könnte allerdings aus den USA drohen: „Amazon könnte eines Tages ein gefährlicher Konkurrent für alle etablierten Versandapotheken werden“, so Sempora-Manager Brodtkorb. Schon jetzt kooperiert Amazon erfolgreich mit verschiedenen stationären Apotheken, die ihre Produkte über den Marketplace anbieten. Eine Umfrage von Sempora unter 1.000 Verbrauchern zeigt, dass bereits 18 Prozent der Befragten Medikamente über Amazon bestellt haben. „Die Kapitalkraft, sich in den Markt einzukaufen, hat das US-Unternehmen ohnehin“, so Brodtkorb.

Bei der Shop Apotheke Europe erwartet man dagegen nicht, dass Amazon auf kurze oder mittlere Sicht mit einem Arzneimittelversand in den europäischen Markt einsteigt. „Dazu müssten sie eine ausländische Versandapotheke kaufen“, sagt CFO Wandel. „Gerüchte, dass wir diesbezüglich Gespräche mit Amazon führen, haben wir klar dementiert. Zudem müsste sich Amazon in Europa auf einen sehr heterogenen Markt einlassen. Derzeit hat das Unternehmen aber erst einmal im Heimatmarkt USA mit ihrem Arzneimittelhandel alle Hände voll zu tun.“

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