Drei Jahre Lebensmittel-Embargo in Russland Der Zwang zum regionalen Essen

Wir verkaufen reine Produkte, in denen nur enthalten ist, was auf dem Etikett steht. Es gibt keine verdeckten Zusatz-, Ersatz- oder Konservierungsstoffe.“
Moskau Es ist Gurkenzeit in Russland. Dicht aufeinander gestapelt liegt das grüne Gemüse in geflochtenen Körbchen in einer Filiale der beliebten Moskauer Supermarktkette WkusWill. Appetitlich und saftig locken auch Tomaten und Äpfel die Kunden.
Wie kaum ein Supermarkt in der russischen Hauptstadt setzt WkusWill – auf Deutsch etwa „der Geschmack des Landes“ – auf regionale Lebensmittel. Ob Hackfleisch oder Käse - alles komme von Erzeugern aus der Umgebung, sagt Firmensprecher Jewgeni Schtschepin. „Wir verkaufen reine Produkte, in denen nur enthalten ist, was auf dem Etikett steht. Es gibt keine verdeckten Zusatz-, Ersatz- oder Konservierungsstoffe“, sagt er der Deutschen Presse-Agentur.
Regionale Produktion gilt in Deutschland seit Jahren als Gütesiegel. In Russland wächst das Bewusstsein dafür vor allem seit Beginn der Sanktionsschlacht mit dem Westen 2014. Russlands Importverbot für Lebensmittel aus EU und USA jährt sich am Sonntag zum dritten Mal.
Damit wehrt sich Moskau gegen die Sanktionen des Westens im Ukraine-Konflikt. Fleisch, Milch, Obst und Gemüse sollen seitdem aus heimischer Produktion verkauft werden. Was in Russland nicht hergestellt wird, kommt aus Zentralasien, Nordafrika oder Südamerika.
Im Juni hatte Präsident Wladimir Putin das Embargo bis Ende 2018 verlängert. Als eine „großartige Nachricht für die heimische Landwirtschaft“ feierte dies Agrarminister Alexander Tkatschow. Keine Frage, dass es dabei auch um Protektionismus geht. Noch zehn Jahre brauche Russland das Importverbot, denn es fördere die Investitionen. „Wir verlieren dabei nichts, wir gewinnen nur.“
Ganz so überzeugt sind nicht alle Experten. Gäbe es das Embargo nicht, wären Lebensmittel in Russland im Durchschnitt drei Prozent billiger, haben Forscher der Russischen Akademie für Volkswirtschaft (RANEPA) der Zeitung „RBK“ zufolge ausgerechnet. Verbraucher würden demnach ohne Verbot 4400 Rubel (rund 60 Euro) im Jahr sparen.
Bei WkusWill ist man indes überzeugt, dass das Embargo das Geschäft beflügelt. Käse sei ein gutes Beispiel, meint Sprecher Schtschepin. Seit kaum noch westlicher Käse auf den Markt kommt, habe der Absatz von russischen Kreationen zugenommen. „Das hat uns sehr gewundert“, sagt Schtschepin.
„Unsere Hersteller gehen inzwischen davon aus, dass sie ihren Käse sogar teurer verkaufen könnten, sollte das Embargo plötzlich fallen.“ Allerdings arbeitet WkusWill mit Kleinherstellern. Die Qualität der russischen Massenproduktion kritisieren Verbraucher.
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