E-Bikes So hilft der Onlinehändler Bike Components den Fahrradläden vor Ort

Der Chef des Online-Händlers Bike Components beliefert jetzt ganz offiziell Fahrradshops vor Ort.
München Ausverkauft: Für die Verbraucherinnen und Verbraucher sind Besuche beim Fahrradhändler derzeit häufig frustrierend. Die Räder selbst sind ebenso knapp wie Ersatzteile. Philipp Simon, Chef des Onlineversands Bike Components, sucht daher den Schulterschluss mit den Läden vor Ort.
Die Kaufleute haben in ihrer Not zuletzt massenhaft bei dem Internetstore aus Aachen eingekauft, um Lieferengpässe im Großhandel zu umgehen. Daher eröffnet Simon nun ein eigenes Portal für Geschäftskunden.
„Wir haben unglaublich viele Anfragen von Händlern“, sagte der Unternehmer bei der Vorstellung von „BC Remote“ am Donnerstag. Bisher ordern diese wie Privatkunden bei Bike Components. Jetzt bekommen die Shops einen eigenen Zugang, um einfacher und komfortabler an die Ware zu gelangen.
Als großer Onlinehändler verfügt Bike Components über ein Lager mit gut 60.000 Artikeln. Es gehe darum, die Ware „schnell den Händlern zur Verfügung zu stellen“, erklärte Simon. Sie dürften auch mit individuellen Rabatten rechnen. Den Großhandel will er nicht ersetzen, denn große Mengen würden nicht angeboten. Vielmehr sollten die Radhändler Kundenanfragen möglichst zügig bedienen können.
Bei den Ladenbesitzern kommt die Idee gut an. „Das ist eine Bereicherung“, sagt Ralf Rätzel vom „Radladen“ in Bamberg. Der Franke gehört zu den Pilotkunden von BC Remote. „Wir nutzen Bike Components schon seit längerer Zeit als Katalog“, betont Jan Vienna. Der Eigentümer des „Bike-Lofts“ in Wiesbaden verkauft individualisierte Räder und ist überzeugt, mit dem neuen Angebot einfacher kalkulieren zu können.
Die Konsumenten müssen sich noch lange gedulden
Es hat seinen Grund, dass sich die Radhändler neue Bezugsquellen erschließen. Die Hersteller können längst nicht so viel liefern, wie die Kunden gerne hätten. „Eine Normalisierung der Situation auf den Weltmärkten und somit auch auf dem heimischen Markt ist so schnell nicht zu erwarten“, warnt der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Es fehle sowohl an Rohstoffen als auch an Komponenten. Entspannen werde sich die Lage wohl erst Ende 2022.
Dabei ist Radfahren populär wie nie. Die Händler in Deutschland haben vergangenes Jahr Fahrräder für 6,44 Milliarden Euro verkauft, 60 Prozent mehr als 2019. Der Umsatz – das Geschäft mit Ersatzteilen und Zubehör mit eingerechnet – lag bei rund zehn Milliarden Euro, so der ZIV. Der durchschnittliche Verkaufspreis pro Rad erreichte 1279 Euro.
Das liegt daran, dass 40 Prozent der verkauften Räder inzwischen E-Bikes sind. Der Beratungsgesellschaft Deloitte zufolge besitzen 17 Prozent der Deutschen ein Elektrofahrrad.

Der Studienabbrecher arbeitete sich von der Aushilfe zum Geschäftsführer von Bike Components hoch. Der Mittelständler beschäftigt 270 Mitarbeiter.
Im ersten Halbjahr haben die Händler rund zehn Prozent mehr E-Bikes abgesetzt. Von den Fahrrädern ohne Motor wurde ein Viertel weniger verkauft. Vielfach waren sie allerdings schlicht nicht zu haben.
„Die Unternehmen haben sich vor allem auf die Produktion von E-Bikes konzentriert, denn die werden im Moment am stärksten nachgefragt“, sagt ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork. Hätten die Hersteller mehr produziert, so hätten die Verbraucher wohl insgesamt deutlich mehr Bikes gekauft.
Philipp Simon erschließt mit dem neuen Geschäftskundenportal ein weiteres Standbein für sein Unternehmen. Dem 40-Jährigen gelang bei Bike Components eine Bilderbuchkarriere: vom Studienabbrecher zum Chef einer Firma mit 270 Mitarbeitern.
Die Gründer und langjährigen Eigentümer, Marcus Wenkel und Klaus Hoenig, übertrugen ihm mit den Jahren immer mehr Aufgaben bei dem Mittelständler mit inzwischen 108 Millionen Euro Umsatz, bis sie die Verantwortung vor zwei Jahren in seine Hände legten. Damals war es genau 15 Jahre her, seit er sein Maschinenbau-Studium in Aachen für den ersten Job bei Bike Components aufgab.
Bike Components als externes Lager
Er blieb auch an der Spitze, als sich seine Mentoren im vergangenen Jahr in den Aufsichtsrat zurückzogen und das Family-Office der Unternehmerfamilie Peter Möhrle aus Hamburg einstieg.
Trotz oder gerade wegen des Radbooms ist das Geschäft stark umkämpft. Marken wie Bike 24, Brügelmann oder Fahrrad.de treten gegen Bike Components im Internet an, und auch die Radhändler vor Ort sind im Grunde Wettbewerber. Die Rivalität zwischen stationärem Handel und Internetanbietern nimmt inzwischen jedoch ab.
„Bike Components ist für uns ein externes Lager“, erläuterte Christian Grasmann vom „Pushbikers Shop“ in Holzkirchen. Durch den Zugriff auf das Sortiment der Aachener könne er „Kunden bedienen, die wir sonst nicht bedienen könnten“.
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