E-Commerce Amazon unterstützt die Propaganda der Impfgegner

Auf der deutschen Plattform von Amazon finden sich Dutzende von Produkten, die Stimmung gegen das Impfen machen.
Düsseldorf Als sie zu Impfverweigerern recherchierte und das Stichwort „ungeimpft“ in ihren Internetbrowser eingab, landete Beate Müller-Gemmeke zu ihrer Überraschung auf dem Onlinemarktplatz von Amazon. Was die Bundestagsabgeordnete von Bündnis90/Die Grünen dort sah, ließ sie stutzen: Dutzende T-Shirts, die recht drastisch dafür werben, sich nicht impfen zu lassen.
Der Schriftzug „Mensch zweiter Klasse – gesund und ungeimpft“ umrahmt einen Totenschädel, auf anderen T-Shirts begleitet den Slogan „Ungeimpft“ wahlweise der ausgestreckte Mittelfinger oder Ergänzungen wie „Kein Sklave des Systems“ oder „Ich bin keine Laborratte“.
Offenbar lässt sich mit diesen Produkten in einschlägigen Kreisen gutes Geld verdienen. Zwischen 16,49 und 22,99 Euro kosten die Shirts – keine Discountware.
„Ich bin empört und entsetzt, dass Amazon in einer Zeit, wo es darum geht, gemeinsam gegen eine Pandemie zu kämpfen, solchen Produkten eine Plattform bietet“, sagt Müller-Gemmeke dem Handelsblatt. „Wir haben doch alle eine Verantwortung, uns dafür einzusetzen, die Verbreitung des Virus zu stoppen“, mahnt sie. Da sei auch der US-Händler gefordert.
Was den Verkauf der Produkte von Impfgegnern besonders brisant macht: Gleichzeitig zahlt Amazon Mitarbeitern in den USA Prämien, wenn sie sich impfen lassen. Zusätzlich veranstaltete das Unternehmen eine Lotterie, bei der Mitarbeiter, die nachgewiesen hatten, dass sie geimpft sind, Geldpreise von bis 500.000 US-Dollar gewinnen konnten. „Wir sind fest davon überzeugt, dass der beste Weg, unsere Mitarbeiter an vorderster Front vor Covid-19 zu schützen, Impfungen sind“, zitierte die Nachrichtenagentur Bloomberg noch im August dazu eine Amazon-Sprecherin.
Grünen-Abgeordnete schreibt Protestbrief an Amazon
In einem Brief an die deutsche Geschäftsführung von Amazon, der dem Handelsblatt vorliegt, hat die Grünen-Abgeordnete Müller-Gemmeke das Unternehmen auf die Ungeimpft-T-Shirts hingewiesen, die sie „zynisch und menschenverachtend“ nennt. Sie wirft dem Händler vor, mit solchen Verkaufsangeboten die Covid-19-Pandemie zu verharmlosen. „Gleichzeitig unterstützen Sie damit Verschwörungstheoretiker und Wissenschaftsleugner“, kritisiert sie.

Die Grünen-Abgeordnete ist entsetzt über Amazon.
Aus Unternehmenskreisen war zu erfahren, dass die Aussagen auf den T-Shirts nicht die Position von Amazon wiedergeben. Offiziell will sich das Unternehmen jedoch auf Nachfrage weder zu den Vorwürfen aus dem Brief der Abgeordneten äußern noch allgemein zu den angebotenen Produkten.
In einem Statement teilte ein Amazon-Sprecher nur mit: „Die Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeiter:innen, Partnerunternehmen und Kund:innen hat für uns oberste Priorität, und die Impfung durch unsere Betriebsärzte ist ein wichtiger Schritt, um unseren Kolleg:innen Zugang zu Impfmöglichkeiten zu geben.“
Auch Müller-Gemmeke hat noch keine Antwort von Amazon erhalten. „Ich erwarte, dass das Unternehmen diese Verkaufsaktionen beendet und die Produkte von der Plattform nimmt“, sagt die Bundestagsabgeordnete. „Ich finde das unverantwortlich von einem Unternehmen, das weltweit in nie zuvor da gewesenem Ausmaß von dieser Pandemie profitiert hat.“
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In der Tat hat Amazon nicht nur an Produkten verdient, mit denen die Pandemie bekämpft wird, wie Schutzmasken oder Desinfektionsmitteln. Auch der allgemeine Onlineboom infolge der Coronakrise und der Schließung von stationären Geschäften hat Amazon zweistellige Umsatzzuwächse gebracht.
Amazon kassiert Lizenzgebühren
Und auch am Verkauf des Merchandisings der Impfgegner verdient der US-Konzern nicht zu knapp. Denn der größte Teil der T-Shirts wird über das Programm „Merch by Amazon“ hergestellt. Die Verkaufspartner müssen dabei nur die Designs zur Verfügung stellen – um den Rest kümmert sich Amazon und streicht dafür Lizenzgebühren ein.
Und die sind durchaus üppig und steigen mit dem Verkaufspreis. So kassiert Amazon für ein T-Shirt, das 17,99 Euro kostet, 3,04 Euro an Gebühren. Bei einem Verkaufspreis von 21,99 Euro werden schon 5,64 Euro fällig.
Für den Endkunden auf der Plattform ist überhaupt nicht ersichtlich, wer die Designs erstellt hat. Für sie ist Amazon der einzige Verkaufspartner bei den Ungeimpft-Shirts.
Das ist auch rechtlich so. Denn in der Servicevereinbarung von „Merch by Amazon“ heißt es ausdrücklich: „Amazon ist der aktenkundige Verkäufer der Produkte.“ Und die Shirts werden nicht nur von Amazon hergestellt, sondern auch per Prime-Service an die Endkunden geliefert.
Motiv mit Davidstern bei Spreadshirt
Amazon ist nicht die erste Plattform, die Ärger mit T-Shirts von Impfgegnern hat. So war im vergangenen Jahr über den Shop des Unternehmens Spreadshirt ein Shirt angeboten worden, das einen Davidstern mit der Aufschrift „nicht geimpft“ trug.
Nachdem das Produkt in sozialen Netzwerken für Aufregung gesorgt hatte, nahm Spreadshirt das T-Shirt von der Plattform und entschuldigte sich über Twitter. Bei dem Unternehmen können Nutzer selbstständig Motive auf die Plattform stellen. „Trotz technischer und menschlicher Filter kann es passieren, dass Designs durchs Netz rutschen, die wir auf unserer Plattform nicht dulden“, twitterte Spreadshirt.
Die besondere Brisanz bekam das bei Spreadshirt angebotene Motiv dadurch, dass es Parallelen zwischen der Aufforderung zum Impfen und der Judenverfolgung im Dritten Reich zog. Ein solches Motiv wurde Mitte dieses Jahres auch auf der französischen Amazon-Plattform angeboten, nach öffentlichen Protesten verschwand es.
Auch wenn diese Dimension den jetzt angebotenen Produkten fehlt, fordert Müller-Gemmeke das Unternehmen zum Handeln auf. „Ich weiß, dass es nicht illegal ist, T-Shirts mit dem Aufdruck ,Ungeimpft‘ zu verkaufen“, sagt die Bundestagsabgeordnete. „Aber in einer Zeit, in der es um Menschenleben geht, erwarte ich von Amazon, dass sie bei so etwas nicht mitmachen.“
Mehr: Pro und Contra – Ist es richtig, eine Corona-Impfpflicht einzuführen?
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Frau Durst: was verstehen Sie unter "Corona"-Industrie?
Amazon unterstütz die "Propaganda" der Impfgegner.
Frau Beate Müller-Gemmeke unterstützt die Propaganda der Corona-Industrie.
Herr Weiland: mit Ihrem Kommentar liegen Sie richtig! Die Frage ist natürlich auch, ob sich so ein Unternehmen überhaupt unter Druck setzen lässt. Ich vermute mal: so wichtig ist eine deutsche Bundestagsabgeordnete sicherlich nicht. Ich gehe auch fest davon aus, dass dies keinerlei Auswirkungen auf das Geschäft von Amazon hat.
Ich persönlich finde die T-Shirts geschmacklos. Ich billige aber jedem das Recht zu, auch per T-Shirt seine Meinung kund zu tun, solange das im Rahmen der Gesetze geschieht. Was ich, und ich hoffe einmal viele andere auch, nicht brauche, ist eine Grüne Bundestagsabgeordnete, die über Druck auf Unternehmen bestimmen will, was ich in der Öffentlichkeit sehen darf und was nicht. Ich bin nämlich selbst in der Lage, mir eine Meinung, auch über die T-Shirtträger, zu bilden und traue das meinen durchaus auch zu.