Mit einer Sondergenehmigung unter Auflagen wollte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Übernahme der verlustbringenden Supermarktkette Kaiser's Tengelmann durch Marktführer Edeka ermöglichen. Doch das Geschäft, zunächst vom Bundeskartellamt untersagt, war von Anfang an umstritten. Nun hat das Oberlandesgericht Düsseldorf nach einer ersten Prüfung im Eilverfahren die Ministererlaubnis vorläufig außer Kraft gesetzt – mit vielfältigen Gründen.
Gabriels Verhalten im Laufe des Ministerverfahrens gibt Anlass zu „Besorgnis seiner Befangenheit und fehlenden Neutralität“, wie das Gericht mitteilte. Demnach führte der Politiker im Dezember 2015 zweimal „geheime Gespräche“ mit Edeka-Chef Markus Mosa und dem Miteigentümer von Kaiser's Tengelmann, Karl-Erivan Haub. Sie wurden erst bekannt, weil das Gericht Akten beim Bundeswirtschaftsministerium anforderte. Der Inhalt der Gespräche wurde „nicht aktenkundig gemacht“. Sie liefen zudem, ohne dass die anderen Beteiligten des Ministerverfahrens davon wussten. Beispielsweise blieb der Edeka-Konkurrent Rewe außen vor.
Eine Ministererlaubnis kann erteilt werden, wenn die gesamtwirtschaftlichen Vorteile kartellrechtliche Bedenken aufwiegen oder es ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gibt. Dies kann beispielsweise der Erhalt der Arbeitsplätze sein. Gabriel nannte aber bei der Erteilung der Ministererlaubnis zusätzlich den Erhalt der Arbeitnehmerrechte bei Kaiser's Tengelmann – etwa durch Tarifverträge – als Gemeinwohlbelang. Aus Sicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist das rechtswidrig. Es argumentiert, dass das Grundgesetz neben dem Recht, Gewerkschaften zu bilden, „gleichrangig und unterschiedslos“ auch das Recht beinhalte, sich nicht gewerkschaftlich zu organisieren. Der Bildung einer Arbeitnehmervereinigung dürfe nicht höher bewertet werden als ein Verzicht darauf.
Gabriel wollte die rund 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser's Tengelmann mit harten Auflagen über Jahre sichern. Nach Auffassung des Gericht ist jedoch seiner Begründung für die Ministererlaubnis nicht zu entnehmen, ob und inwieweit ein möglicher fusionsbedingter Stellenabbau bei seiner Abwägung einbezogen wurde – dies Möglichkeit habe aber berücksichtigt werden müssen. Zudem sind die Auflagen laut Gericht nicht geeignet, die Arbeitsplätze bei Kaiser's Tengelmann „in vollem Umfang“ zu sichern. Einzelne Auflagen seien „nicht ausreichend bestimmt“, andere ließen einen Arbeitsplatzabbau bei Zustimmung der Tarifparteien zu.