Einzelhandel Buchhandlungen Thalia und Osiander bilden Allianz gegen Amazon

Der Buchhändler sucht den Schulterschluss mit dem Konkurrenten Osiander.
Düsseldorf Die deutschen Buchhandelsketten bündeln angesichts des Drucks durch die Coronakrise noch stärker ihre Kräfte: So wollen die Familienunternehmen Thalia Mayersche und Osiander eine gemeinsame Vertriebsgesellschaft gründen. Ziel ist es, über diese strategische Kooperation die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber multinationalen Konzernen wie Amazon zu stärken.
Trotz dieser engen Kooperation soll das Unternehmen Osiander selbstständig bleiben, wie die Inhaber und Geschäftsführer Christian und Heinrich Riethmüller betonten. Die Osiandersche Buchhandlung GmbH mit rund 70 Buchhandlungen verbleibt im Eigentum der Familie. „Wir können uns dadurch so stärken, dass beide Unternehmen auch längere Krisen unbeschadet überstehen können“, erklärte Christian Riethmüller.
In der neuen Osiander-Vertriebsgesellschaft soll jedoch künftig der Partner Thalia Mayersche die Anteilsmehrheit halten. Dort bündeln die Unternehmen die Zusammenarbeit in den Bereichen IT, Webshop und Beschaffung. „Wir können mit der gemeinsamen Plattform Synergien schaffen und sie im Wettbewerb gegen die internationalen Player nutzen“, sagte Michael Busch, Vorstandschef von Thalia Mayersche.
Der Vollzug der Kooperation steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der zuständigen Kartellbehörden. Die Gesellschaft soll künftig auch weiteren Buchhändlern offenstehen.
Unter der Führung von Christian Riethmüller hatte Osiander das Expansionstempo in den vergangenen Jahren deutlich erhöht und zahlreiche kleinere Buchhandlungen übernommen. Dabei hat der 46-Jährige gar keine klassische Buchhändler-Ausbildung. Er hat BWL studiert, Erfahrungen in der Finanzbranche in London gesammelt und bis 2002 bei Aldi gearbeitet, bevor er in das Unternehmen seiner Familie einstieg, dessen Geschicke er nun zusammen mit seinem Onkel Heinrich Riethmüller bestimmt.
Die Kooperation bahnte sich schon länger an
Der Fußballfan, der jüngst erfolglos für das Präsidentenamt des Bundesligaklubs VfB Stuttgart kandidiert hatte, steht für deutliches Wachstum. Für ihn ist Amazon sogar in gewisser Weise ein Vorbild. Von der Kundenorientierung des US-Riesen könne man durchaus lernen, hat er immer wieder betont. Mit dieser Strategie ist Osiander durchaus erfolgreich, zumindest im Verbreitungsgebiet Süddeutschland.
Doch die zeitweilige Schließung der Geschäfte infolge der Corona-Pandemie hat nicht nur Osiander, sondern die gesamte ohnehin schon unter Druck stehende Buchhandelsbranche hart getroffen. Viele Buchhändler haben mit einer Verstärkung des Onlinevertriebs immerhin einen großen Teil des Umsatzausfalls kompensieren können. Dabei sind große Unternehmen wie Thalia Mayersche im Vorteil, da sie schon weiter ausgebaute Strukturen im E-Commerce haben als kleinere Konkurrenten.
Um im Konkurrenzkampf mit den großen Onlinehändlern besser bestehen zu können, hatten Thalia und Osiander ohnehin schon den Schulterschluss gesucht. So stehen sie als Gründungsmitglieder hinter der Initiative „Shopdaheim“. Über die im März ins Leben gerufene Plattform verkaufen mittlerweile neben rund 3000 Buchhändlern auch Händler wie Douglas, dm oder Media Markt.
„Der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft des deutschen Buchhandels liegt in der Zusammenarbeit“, betont Hartmut Falter, geschäftsführender Gesellschafter von Thalia Mayersche. Man müsse beispielsweise Investitionen in die digitale Infrastruktur gemeinsam schultern.
Ein Beispiel dafür ist die Allianz Tolino. Unter diesem Dach haben zahlreiche deutsche Buchhandelsunternehmen, darunter auch Thalia Mayersche und Osiander, einen gemeinsamen E-Book-Reader entwickelt. Damit konnten sie dem Kindle von Amazon ein wettbewerbsfähiges Produkt entgegensetzen, das immerhin einen Marktanteil von 40 Prozent hält.
Gemeinsamer Besuch bei Amazon in Seattle
Der Kontakt zwischen den Unternehmen erfolgte in erster Linie über Christian Riethmüller und Hartmut Falter, die sich seit über zehn Jahren gut kennen. So waren die beiden gemeinsam in Seattle und haben sich dort den Amazon-Laden und die Firmenzentrale des US-Riesen angeschaut.
Schon 2015 begannen Osiander und die Mayersche Buchhandlung Gespräche über eine gemeinsame IT-Plattform auf SAP-Basis. Aus diesen Gesprächen heraus entstand letztlich die Idee, eine gemeinsame Vertriebsorganisation zu gründen. Die konkreten Verhandlungen dazu begannen im Herbst vergangenen Jahres – also schon vor der Coronakrise.
Das Unternehmen Thalia Mayersche selbst ist erst im vergangenen Jahr durch eine Fusion entstanden. Thalia hatte in diesen Zusammenschluss 300 Buchhandlungen eingebracht, Mayersche 55 Geschäfte. Eigentümer sind die Unternehmerfamilien Herder, Kreke, Busch, Falter und Göritz. Das Unternehmen ist mit einem Umsatz von rund 1,2 Milliarden Euro der führende Buchhändler im deutschsprachigen Raum.
Osiander ist mit einem Umsatz von 105 Millionen Euro der deutlich kleinere Partner. Der Händler mit Hauptsitz in Tübingen ist seit 1920 im Eigentum der Familie Riethmüller.
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