Im nächsten Jahr soll die erste Kaufland-Filiale in Australien eröffnet werden. Das Unternehmen hat dem Handelsblatt bestätigt, mehrere neue Führungskräfte für Australien ernannt zu haben. Mit der Ankunft der neuen Landesmanagerin Julia Kern sei die Expansion von Kaufland in Australien in eine neue Phase getreten, sagen Branchenbeobachter. Die 28-Jährige gilt als Aufsteigerin in der Schwarz-Gruppe, zu der auch Lidl gehört.
Ihre Chefs sind voll des Lobes für die neue Australien-Chefin. „Julia Kern hat sich für diese Aufgabe über ihre bisherige Leistung und ihr Potenzial qualifiziert. Solche Entscheidungen treffen wir ja nicht leichtfertig“, sagte Vorstandschef Patrick Kaudewitz im Frühjahr in einem Interview mit der „Heilbronner Stimme“.
Julia Kern
Die 28-Jährige Australien-Chefin gilt als rasante Aufsteigerin.
(Foto: Kaufland)
Deutschland-Chef Richard Lohmiller ergänzte: „Julia Kern war die letzten eineinhalb Jahre meine direkte Mitarbeiterin, sie hat einen exzellenten Job gemacht und sich toll entwickelt. Und nur zum Vergleich: Die Führungskräfte, die vor 50 Jahren die ersten Märkte eröffnet und den Weg bereitet haben, waren im selben Alter.“
Kern führt zusammen mit dem neuen Liegenschaften-Verantwortlichen Andreas Voigt die Arbeit von Gregor Thomas weiter, der den Kauf von Filial-Standorten geleitet hatte. Berichten zufolge hat sich Kaufland auch die Dienste von Male Nousch gesichert, früher Chefstratege der britischen Supermarktkette Tesco und ehemaliger McKinsey-Berater.
Seit längerem fordert das Unternehmen auf seiner australischen Webseite das Publikum auf, geeignete Grundstücke für sein „ambitioniertes australisches Investitionsprogramm“ zu finden. Gesucht würden Plätze mit einer Fläche zwischen 15.000 und 25.000 Quadratmetern.
Aldi hat den Markt bereits drastisch verändert
Für den ersten Standort in der südaustralischen Stadt Adelaide, direkt an einer Autobahn, soll Kaufland 25 Millionen australische Dollar (16 Millionen Euro) auf den Tisch gelegt haben. Das Unternehmen ist auch dabei, Zulieferer zu verpflichten. In einer Umfrage der UBS bestätigten 14 Prozent aller Befragten in der Branche, im letzten Jahr Kontakt mit der deutschen Kette gehabt zu haben. Im Vorjahr waren es noch 2 Prozent.
An Mitteln fehlt es Kaufland nicht. Mit einem Jahresumsatz von 96,9 Milliarden Euro stellt die Schwarz-Gruppe die beiden einheimischen Rivalen Woolworths Group und Coles mit einem kombinierten Umsatz von knapp 45 Milliarden Euro problemlos in den Schatten. Woolworths ist ein eigenständiges australisches Traditionsunternehmen, Coles eine Tochter des Industriekonzerns Wesfarmers. Beide sind an der australischen Börse notiert.
Die Schwarz-Gruppe hat erst kürzlich mit hohem Einsatz den Einstieg von Lidl in den amerikanischen Markt gestemmt. Die Expansion lief allerdings nicht so erfolgreich wie gedacht – Lidl steuert nun mit einer neuen Strategie gegen.
Mit Kaufland wird sich die australische Einzelhandelslandschaft zum zweiten Mal in zwei Jahrzehnten dramatisch verändern. 2001 setzte Aldi erstmals einen Fuß auf den fünften Kontinent, mit vorerst einer Filiale in einem Außenbezirk von Sydney. Die bisherigen Duopolisten Coles und Woolworths hatten nur ein müdes Lächeln übrig für den „Discounter from Germany“. Heute lachen sie nicht mehr.
Die Ankunft der Billigkette hatte dem faktischen Preisdiktat der beiden Ketten ein Ende bereitet. Zwar stehen Woolworths mit 36,8 Prozent des Marktes und Coles mit 30,9 Prozent noch immer an der Spitze der Lebensmittelindustrie. Aldi kontrolliert über seine 500 Filialen inzwischen aber 8,6 Prozent, so eine jüngste Studie von Bankwest. 68 Prozent aller australischen Haushalte kaufen bei Aldi ein, ist das Ergebnis einer anderen Analyse.
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Es sind nicht nur die bis zu einem Drittel günstigeren Preise, die Millionen von Australiern zu Aldi locken. Die Deutschen haben das Einkaufsverhalten der Australier grundlegend neu definiert. Eine immer größere Zahl von Verbrauchern kauft erst bei Aldi ein, was das Unternehmen in seinem limitierten Angebot bietet. Erst danach holt man sich bei Woolworth und Coles, was man bei Aldi nicht gefunden hat.
Finden tun die Verbraucher aber immer mehr: Nicht nur wurde in den letzten Jahren Angebot das verbessert, Aldi hat laut einem vom Konzern nicht bestätigten Bericht auch rund eine Milliarde australische Dollar (640 Millionen Euro) in den Ausbau und in die Modernisierung der Läden investiert. Die Zeit der gelben Bodenfliesen ist jedenfalls vorbei. Stattdessen findet man Steak und Frischkäse im luxuriös-schwarzen Wandkühlschrank.
Kaufland könnte „genau zur richtigen Zeit“ kommen
Bei den wöchentlich wechselnden Sonderangeboten prügeln sich Damen in Armani-Jacken um bewusst beschränkt verfügbare, günstige Packungen mit Kinderkleidern der Luxus-Designerin Colette Dinnigan. Auf diese Weise ist es Aldi gelungen, ein Publikum in die Läden zu locken, das bis vor kurzem nicht im Traum daran gedacht hätte, in einem Diskounter einzukaufen.
Tom Kierath, Einzelhandelsexperte von Morgan Stanley in Australien, glaubt, dass der australische Markt auch die Ankunft von Kaufland unterschätzt. Seine Firma sei zurückhaltend bei der Empfehlung von Coles und Woolworths, weil Expansionsmöglichkeiten im Frisch-Lebensmittelbereich ohnehin deutlich reduziert seien. „Das ist genau der Bereich, wo Kaufland viel Erfahrung hat und den Markt aufmischen wird“, so der Analyst in einer Mitteilung.
Er teilt die Meinung eines anderen Beobachters, wonach „Kaufland genau zur richtigen Zeit“ komme. Die eskalierende Verschuldung der Haushalte in Australien treibt immer mehr Verbraucher zu den Billiganbietern. Nicht zuletzt aus diesem Grund dürfte auch Aldi – zumindest vorerst – nicht zu sehr unter der Ankunft des Konkurrenten aus Neckarsulm leiden. Der Bedarf an Billiganbietern werde in den kommenden Jahren eher steigen als abnehmen, sagen Experten.
In den Konzernetagen von Coles und Woolworths herrscht dagegen bange Nervosität, wie Insider berichten. Die beiden „Platzhirsche“ führen ihre Läden trotz vieler Anpassungen in den letzten Jahren weiter unter einem traditionellen Konzept – mit zwischen 20.000 und 25.000 verschiedenen Produktlinien. Dagegen führt Aldi nur gerade 1350 Produkte. Der Analyst Kierath trägt mit seinen Voraussagen nicht unbedingt dazu bei, dass die Verantwortlichen bei Woolworths und Coles besser schlafen können. Morgan Stanley schätzt, dass der australische Markt langfristig bis zu 295 Kaufland-Filialen tragen könnte.
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