Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Einzelhandel Europas größter Warenhauskonzern El Corte Inglés bietet Amazon in Spanien die Stirn

Die spanische Kaufhauskette El Corte Inglés digitalisiert sich und öffnet die Logistik für Externe. Galeria Karstadt Kaufhof hat ähnliche Pläne – aber mehr Probleme.
09.03.2021 - 12:56 Uhr Kommentieren
Das Warenhausunternehmen will sein Logistikgeschäft durch den Ausbau des E-Commerce verdreifachen. Quelle: Reuters
Kaufhaus von El Corte Inglés in Madrid

Das Warenhausunternehmen will sein Logistikgeschäft durch den Ausbau des E-Commerce verdreifachen.

(Foto: Reuters)

Madrid, Düsseldorf Die Lockdowns rund um den Globus haben dem Einzelhandel besonders zugesetzt. Um gestärkt aus dieser Krise zu kommen, setzt Europas größter Warenhauskonzern aber auf eine besondere Strategie: El Corte Inglés aus Spanien plant, sein weit verzweigtes Logistiknetz Dritten zur Verfügung zu stellen.

So will das Familienunternehmen vom Wachstum im E-Commerce profitieren, das die Pandemie rasant beschleunigt hat. Die Spanier bieten damit auf dem eigenen Markt auch dem US-Riesen Amazon die Stirn.

El Corte Inglés hat Erfahrung damit, interne Dienstleistungen für Externe zu öffnen. 1969 gliederte der Konzern das Mitarbeiter-Reisebüro aus – mit Erfolg: Im Jahr vor der Pandemie hat Viajes el Corte Inglés 21 Prozent zum Konzernumsatz von 15,3 Milliarden beigetragen.

Sein neues Modell in der Logistik zeigt, wie ein Kaufhausbetreiber den Weg in die digitale Zukunft geht. Das könnte auch ein Vorbild sein etwa für die deutsche Galeria Karstadt Kaufhof. Doch dafür brauchte es weitreichende Änderungen.

Der Vorstoß von El Corte Inglés in der Logistik ist nur ein Teil eines grundlegenden Umbaus, der nicht erst durch die Pandemie angestoßen wurde. Die Spanier leiden wie alle großen Einzelhändler unter dem zunehmenden Trend zum Onlineeinkauf. Seit 2015 stagniert der Umsatz von El Corte Inglés bei rund 15 Milliarden Euro.

Der Konzern verschlankt sich nun und will rund 3000 Stellen über freiwillige Vereinbarungen abbauen. Das sind gut drei Prozent der Belegschaft, mehr als jemals zuvor in der Konzerngeschichte.

El Corte Inglés: Gezielte Allianzen geschlossen

Marta Álvarez, die in dritter Generation dem Familienkonzern vorsteht, will nun die eigenen digitalen Angebote ausbauen und neue Geschäftsfelder erschließen. Das jüngste Beispiel ist neben der Logistik der Einstieg in den Mobilfunk: Die Warenhauskette hat in der vergangenen Woche eine Kooperation mit dem Mobilfunkanbieter Más Movil angekündigt, um künftig Handyverträge und Breitbandleitungen unter der eigenen Marke Sweno anzubieten.

Im vergangenen Jahr hatte der Konzern mit Más Movil bereits eine Allianz für Alarmanlagen für Häuser geschlossen. Zudem plant er derzeit den Einstieg ins Stromgeschäft, mit einem eigenen Energievermarkter. „Hinter den Initiativen steht der Versuch, weniger abhängig von den Umsätzen der Warenhäuser zu werden und dem großen Stamm von eigenen Kunden sowie Geschäftspartnern neue Angebote zu machen“, sagt Einzelhandelsexperte Philip Moscoso von der Business School IESE.

Die Unternehmerin steht in dritter Generation dem Familienunternehmen vor und leitet seit 2019 den Verwaltungsrat. Quelle: El Corte Ingles
Marta Álvarez

Die Unternehmerin steht in dritter Generation dem Familienunternehmen vor und leitet seit 2019 den Verwaltungsrat.

(Foto: El Corte Ingles)

Marta Álvarez ist seit 2019 Chefin des Verwaltungsrats. Ihr 2014 verstorbener Adoptivvater hatte den Onlinetrend unterschätzt. El Corte Inglés baute vergleichsweise spät ein eigenes Internetangebot auf. Mit der Aufholjagd dort hat sie Víctor del Pozo betraut, der bereits seit 2017 CEO ist und seit seinem 18. Lebensjahr bei El Corte Inglés arbeitet. Álvarez selbst ist nicht im operativen Geschäft tätig.

Der spanische Familienkonzern besitzt knapp 90 Warenhäuser im ganzen Land. 80 Prozent der Spanier wohnen höchstens 40 Autominuten von einer Filiale entfernt. Schon jetzt nutzt der Konzern Kaufhäuser als Lager für den Onlineversand und garantiert für die Mehrzahl der Produkte eine Lieferung innerhalb von zwei Stunden. Marktführer Amazon, der 26 Lager in Spanien unterhält, bringt es dagegen nur auf eine Lieferung am gleichen Tag.

Amazon zum Vorbild genommen

„Der Vorstoß ergibt viel Sinn“, sagt Experte Moscoso. „Der Onlinehandel ist der Bereich, der derzeit am stärksten wächst.“ Eine Studie des Statistikportals Statista prognostiziert, dass der weltweite Online-Einzelhandel von 1,7 Billionen Euro im Jahr 2019 auf 2,8 Billionen Euro im Jahr 2023 zulegt.

El Corte Inglés hat vor einigen Jahren bereits begonnen, auf seiner Webseite auch Waren von Dritten anzubieten, die diese selbst verschicken. Unter dem Preis steht ähnlich wie bei Amazon etwa „Verkauft durch Ocasiona. Externer Verkäufer Marketplace“.

Die Parallelen zu Amazon sind auch in der App nicht zu übersehen, die El Corte Inglés im vergangenen September an den Markt gebracht hat. Ähnlich wie Amazon Prime bieten die Spanier in der Version „El Corte Inglés Plus“ Gratislieferungen gegen eine jährliche Gebühr von 19,90 Euro.

In den physischen Läden stellen die Spanier wie alle Kaufhäuser zahlreichen Marken Verkaufsfläche zur Verfügung. Diese Kontakte sind nach Ansicht von Moscoso eine gute Basis, um Kunden für das Logistikkonzept zu gewinnen.

„Ihnen kann El Corte Inglés ein Komplettpaket aus Standmiete im Warenhaus, Logistik und Auftritt im Onlinemarktplatz anbieten“, sagt der Einzelhandelsexperte. „Schließlich gibt es keine Marke, die derzeit nicht ihre Onlineverkäufe forcieren will.“

Grafik

Während der globale Gigant Amazon seinen Kunden als Marktführer ein Standardangebot mache, könne El Corte Inglés individueller auf Wünsche der Kunden eingehen und verschiedene Pakete schnüren.

Pilotprojekte in der Logistik gestartet

Derzeit laufen Pilotprojekte, in einem Jahr wollen die Spanier mit ihrer neuen Logistikeinheit an den Markt gehen. Den Wert dieses Service taxiert der Konzern derzeit auf 400 Millionen Euro – so viel Geld müsste er für diese Leistung zahlen, wenn er sie bei Dritten kaufen würde.

Durch die Nutzung der Logistik durch Außenstehende und sowie durch das Wachstum des E-Commerce soll sich das Geschäft auf 1,2 Milliarden Euro verdreifachen. Das wären rund acht Prozent gemessen am Gesamtumsatz von 2019.

Auch ein Chef ist für die neue Logistiksparte bereits verpflichtet: Francisco Bernal, der zuvor für Transportunternehmen wie DHL, Prosegur oder die spanische SEUR tätig war. Insgesamt sollen die neuen Geschäftszweige innerhalb von drei Jahren mindestens 20 Prozent zum Konzernumsatz beitragen.

Der Onlineumsatz des Warenhauskonzerns war 2018 zwar der drittgrößte in Spanien hinter Amazon und Ali Express. Das lag aber vor allem an der schieren Größe von El Corte Inglés. 2019 stammten gerade einmal sieben Prozent der Verkäufe aus dem E-Commerce. Doch die Pandemie hat den digitalen Absatz beflügelt: Im ersten Halbjahr 2020 verdreifachten sich die Onlineumsätze und machten 15 Prozent der Einzelhandelsverkäufe auf. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor.

Pablo Mazzini, Einzelhandelsanalyst der Ratingagentur Fitch, ist überzeugt, dass El Corte Inglés mit seinem Konzept noch rechtzeitig kommt. „Spanien ist einer der am wenigsten stark entwickelten E-Commerce-Märkte in Europa, aber er wächst“, sagt er. „Dort den Marktanteil in der Logistik zu steigern und die Onlinepräsenz zu festigen ist für El Corte Inglés deshalb einfacher als für ausländische Anbieter auf ihren Heimatmärkten.“

Nach Angaben der EU-Kommission haben 63 Prozent der Spanier in den vergangenen zwölf Monaten online geshoppt. In Deutschland waren es 83 Prozent und in Großbritannien 90 Prozent. „In Deutschland ist zwar die Kaufkraft höher, aber deutsche Konsumenten sind preisbewusster als die spanischen und haben online eine größere Auswahl. Das macht es für Galeria Karstadt Kaufhof schwerer, mit reinen Onlineanbietern wie Amazon zu konkurrieren“, so Mazzini.

Bessere Voraussetzungen als Karstadt und Kaufhof

Auch Galeria Karstadt Kaufhof spricht schon seit Jahren davon, zu einem Marktplatz werden zu wollen. Vorstandschef Miguel Müllenbach hatte Galeria nach erfolgreich absolviertem Insolvenzverfahren im vergangenen Herbst als „innerstädtischen Marktplatz der Zukunft“ bezeichnet – was sich sowohl aufs stationäre wie aufs digitale Geschäft bezog.

Das Problem dabei: Passiert ist sehr wenig. Der Onlineanteil am Umsatz lag zuletzt bei weniger als fünf Prozent. Eine Plattform, auf der andere Händler ihre Waren verkaufen können, hat das Unternehmen bisher noch nicht umgesetzt. Und angesichts des Lockdowns fehlt zurzeit das Geld für Investitionen in digitale Projekte.

Auch ihre Logistik anderen Unternehmen zur Verfügung stellen zu wollen hat Galeria mehrfach angekündigt. Doch anders als El Corte Inglés ist Galeria weder in der Lage, direkt aus den Warenhäusern zu liefern, noch kann der Konzern Waren am gleichen Tag zustellen.

Er baut sogar eher Logistikkapazitäten ab. So hatte das Unternehmen versucht, für den Standort Köln-Porz Drittgeschäft zu akquirieren. Da das nicht gelungen ist, wird das Logistikzentrum zu Ende Juli mit knapp 400 Mitarbeitern geschlossen.

Grafik

In Spanien dagegen profitiert El Corte Inglés auch von seiner starken Marke. Sie steht nicht unbedingt für günstige Preise, aber für einen erstklassigen Service. Der Konzern war der Erste, der das Konzept eingeführt hat: Wer mit dem Kauf nicht zufrieden ist, kann alles umtauschen. Das gilt selbst für bereits benutzte Produkte.

Beim Onlineshopping ist eine solche Kulanz aus Sicht der Kunden ein wichtiges Kriterium – gerade in Konkurrenz zu Amazon, das für seine Kundenfreundlichkeit bekannt sind. „Wenn El Corte Inglés sein Konzept gut umsetzt, kann es im E-Commerce in Spanien erfolgreich sein“, sagt Fitch-Analyst Mazzini.

Mehr: Diese Frau rückt an die Spitze des Warenhauskonzerns El Corte Inglés

Startseite
Mehr zu: Einzelhandel - Europas größter Warenhauskonzern El Corte Inglés bietet Amazon in Spanien die Stirn
0 Kommentare zu "Einzelhandel: Europas größter Warenhauskonzern El Corte Inglés bietet Amazon in Spanien die Stirn"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%