Einzelhandel Überraschung bei der Schwarz-Gruppe: Künftiger Lidl-Chef kommt von US-Discounter

Der bisherige CEO eines US-Discounters soll zukünftig die Führung bei Lidl übernehmen.
Düsseldorf Die Schwarz-Gruppe hat eine der zentralen Führungspersonalien in der Gruppe geklärt. Der Handelskonzern wirbt den aktuellen CEO des US-Discounters Save-A-Lot, Kenneth McGrath, ab. Perspektivisch soll er Vorstandschef der Tochter Lidl werden und damit den operativ wichtigsten Bereich leiten.
McGrath wird am 1. Oktober in der Firmenzentrale in Neckarsulm zunächst als Stellvertreter des bisherigen Lidl-Chefs Gerd Chrzanowski antreten. Er soll dort die Verantwortung für die internationalen Märkte von Lidl übernehmen.
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Nach einer gewissen Einarbeitungszeit ist aber geplant, dass McGrath den Vorstandsvorsitz von Lidl einnimmt. Dann kann Chrzanowski, 49, wie bereits verkündet auf den Chefposten von Schwarz wechseln. Der wurde frei, nachdem der langjährige Schwarz-Chef Klaus Gehrig im Streit mit Inhaber Dieter Schwarz das Unternehmen verlassen hatte.
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Dieter Schwarz hat vorübergehend den Chefposten, offiziell als Komplementär der Schwarz Unternehmenstreuhand KG, selbst übernommen. Damit wollte er die Lücke rasch schließen und Zeit gewinnen, bis er gemeinsam mit Chrzanowski den Übergang gestaltet hat.
Chrzanowski kann nun rasch Vollzug bei der Nachfolgesuche vermelden und dabei durchaus mit einem hochrangigen Manager aufwarten. „Ich freue mich sehr, dass wir mit Kenneth McGrath einen internationalen Handelsexperten und Manager mit langjähriger Erfahrung zurückgewinnen konnten, der bereits zu unserem Erfolg beigetragen hat“, betont Chrzanowski.

Der neue Vorstand Kenneth McGrath soll zunächst das internationale Geschäft des Discounters verantworten.
In der Tat hat McGrath in seiner Karriere auch Erfahrungen bei der Schwarz-Gruppe gesammelt. Von 2009 bis 2013 führte er Lidl Irland als Geschäftsleitungsvorsitzender „und erreichte in dieser Zeit ein signifikantes Kunden- und Umsatzwachstum“, wie das Unternehmen in einer Mitteilung betonte. Ab 2013 leitete der er den Markteintritt von Lidl in die USA.
Kenneth McGrath bringt Erfahrung von außen
Mindestens genauso wichtig aber ist, dass er fünf Jahre lang bei einem anderen Discounter gearbeitet hat und damit auch einen Blick von außen mitbringt. Nach einem kurzen Intermezzo 2015 als Geschäftsführer für Zentralamerika und die Karibik beim Digitalunternehmen Digicel wechselte er 2016 zur US-amerikanischen Discountmarke Save-A-Lot.
Das Unternehmen war damals gerade von dem kanadischen Private-Equity-Unternehmen Onex übernommen worden. Der suchte einen neuen CEO, der den hochverschuldeten Discounter sanieren sollte. Und Kenneth McGrath nahm sich dieser Aufgabe an.
Der Posten dürfte für den Iren deutlich attraktiver gewesen sein. Denn Save-A-Lot mit rund 1000 Filialen und einem Umsatz von rund 4,7 Milliarden US-Dollar ist in den USA eine ganz andere Größenklasse als Lidl mit rund 150 Filialen.
Das Kernproblem: Der Discounter mit einem Schwerpunkt im Osten der USA war zu dem Zeitpunkt schlicht nicht wettbewerbsfähig und wurde gerade vom deutschen Konkurrenten Aldi abgehängt. Der Sohn eines irischen Unternehmers aus Cork griff durch – und bekam vom Eigentümer viel freie Hand und Geld für Investitionen.
McGrath frischte das Logo auf und modernisierte die Filialen. Aber das Wichtigste: Er setzte auf Technologie und Digitalisierung. In Zusammenarbeit mit dem Start-up Instacart bietet Save-A-Lot jetzt einen Abhol- und Lieferservice in den Geschäften an. In der Einführung sind eine eigene App und ein Kundenbindungsprogramm.
Lidl will Fortschritte bei Digitalisierung machen
Genau das dürfte McGrath auf das Radar von Dieter Schwarz und Gerd Chrzanowski gebracht haben. Denn auch Lidl hat wie die meisten anderen deutschen Discounter Nachholbedarf bei der Digitalisierung des Geschäfts. Lidl hat vor Kurzem erst mit Lidl Plus eine eigene App zur Kundenbindung eingeführt.
Mit der Berufung des 46-Jährigen, mit der intern kaum einer gerechnet hatte, hat das Unternehmen rasch wieder Ruhe in die Führungskrise bei Europas größtem Handelsunternehmen gebracht. Im Kern ging es immer um die Frage, wer Gehrig an der Spitze des Unternehmens nachfolgen sollte. Offiziell war dafür schon seit vergangenem Jahr Chrzanowski vorgesehen. Nur ein Zeitpunkt für den Wechsel war nicht genannt worden.

Nach einer Übergangszeit soll der 49-Jährige den Chefposten der Schwarz-Gruppe übernehmen.
Doch Gehrig, 73, sträubte sich offensichtlich immer stärker gegen diese Lösung und brachte intern weiter die von ihm geförderte Vorständin Melanie Köhler als mögliche Nachfolgerin in Stellung. Darüber eskalierte der Machtkampf so, dass Köhler Mitte Mai das Unternehmen verlassen musste.
Anfang Juli dann beurlaubte Inhaber Schwarz auch Klaus Gehrig. Er habe sich bezüglich einer für ihn sehr wichtigen Personalie nicht mit dem Inhaber einigen können, teilte das Unternehmen in ungewohnter Offenheit mit. Berichten zufolge soll Gehrig sich dafür eingesetzt haben, Köhler zurückzuholen, um Chrzanowskis Beförderung doch noch zu verhindern.
Jahrelange Ära von Klaus Gehrig endet
Schwarz, der früher Gehrig weitestgehend freie Hand gewährt hatte, wollte das nicht akzeptieren. Damit war das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden langjährigen Weggefährten wohl so erschüttert, dass Gehrig sein Amt als Komplementär der Schwarz Unternehmenstreuhand KG niederlegte.
Mit der Berufung seines neuen Stellvertreters und künftigen Nachfolgers hat Chrzanowski nun die Voraussetzungen für seinen Aufstieg an die Spitze der Schwarz-Gruppe geschaffen. Damit endet endgültig die jahrelange Ära von Gehrig, der das Unternehmen mit seiner Discountexpertise an die Spitze der Branche führte – letztlich aber wohl den richtigen Zeitpunkt für eine Übergabe der Verantwortung verpasst hat.
Mit dem neuen stellvertretenden Lidl-Chef komplettiert Chrzanowski sein künftiges Führungsteam. Zuvor schon hatte Carsten Theurer als neuer CEO der Schwarz Dienstleistungen die Nachfolge von Melanie Köhler angetreten und ist damit de facto Finanzchef der Gruppe. In der vergangenen Woche wurden auch die Leiter der Bereiche Entsorgung, Thomas Kyriakis, Digitalisierung, Rolf Schumann, Produktion, Jörg Aldenkott, und IT, Christian Müller, jeweils zu Vorstandsvorsitzenden ihrer Bereiche ernannt.
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