Elisabeth Köstinger zu EU-Richtlinien „Unser Ziel ist eine faire Partnerschaft zwischen Handel und Landwirten“

Österreichs Ministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus will gegen unfaire Geschäftspraktiken großer Handelsketten vorgehen.
Österreich, das bis Ende dieses Jahres die EU-Ratspräsidentschaft innehat, unterstützt die geplante Richtlinie zu den „unlauteren Handelspraktiken“, nicht aber die Position, die das EU-Parlament dazu einnimmt.
Das EU-Parlament schlägt vor, dass der Handel keine zusätzlichen Qualitätskriterien von Lieferanten verlangen darf, die über gesetzliche Bestimmungen hinausgehen, beziehungsweise, dass Lebensmittelketten nicht mehr gemeinsam einkaufen dürfen. Das entspricht nicht den Vorschlägen des österreichischen Ratsvorsitzes unter der 39-jährigen Ministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus.
Frau Ministerin, warum setzen Sie sich mit ihrem Vorsitz im EU-Ministerrat dafür ein, dass die Richtlinie „Unfair Trading Practices“ eingeführt wird?
Tatsache ist, dass es unfaire Geschäftspraktiken von großen Handelsketten gibt, die für die Bäuerinnen und Bauern sehr problematisch sind. Der Markt wird von einigen großen Ketten dominiert, die zum Teil mit sehr problematischen Methoden Druck auf die Erzeuger ausüben. Dagegen wollen wir vorgehen, dafür wird es diese Richtlinie geben, und deshalb setze ich mich klar für diese Richtlinie ein. Für Spar beziehungsweise Edeka wird sich durch die Richtlinie nichts ändern, wenn sie bisher faire Handelspraktiken gelebt haben.
Wie kann sichergestellt werden, dass auch in Zukunft kleine Händler unter dem Dach von Spar oder Edeka gemeinsam einkaufen können?
Wir stehen am Beginn der Detailverhandlungen. Kommission, Rat und Parlament haben jetzt ihre Vorschläge vorgelegt, in den nächsten Wochen verhandeln wir im Trialog die tatsächliche Ausgestaltung neuer Regeln. Die Position des Rats sieht aber nicht vor, dass Händler unter dem Dach zum Beispiel von Spar oder Edeka in Zukunft nicht mehr gemeinsam einkaufen dürfen. Daher kann ich hier Entwarnung geben.
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Müssen Genossenschaften wie Rewe oder Edeka um ihre Existenz fürchten?
Nein. Unser Ziel ist es, eine faire Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen Handel und Landwirten zu schaffen. Es geht hier um Fairness und auch um Transparenz. Unfairen Methoden wollen wir einen Riegel vorschieben
Warum geht die EU überhaupt so scharf gegen Händler vor?
Die Handelsketten haben viele Jahre lang die Möglichkeit gehabt, unfaire Praktiken abzustellen. Das ist in vielen Fällen nicht geschehen, deshalb handelt die EU nun und erarbeitet transparente Regeln für beide Seiten, um diese Praktiken zu unterbinden.
Was versprechen Sie sich von der UTP-Richtlinie für die Verbraucher und für die Handelsbranche?
Mehr Fairness und Transparenz erwarte ich mir. Die Konsumenten haben auch ein Recht darauf, dass sie wissen, woher die Produkte kommen, und sie sich darauf verlassen können, dass sie nicht mit unfairen Methoden in den Handel gekommen sind.
Wie sehr missbrauchen Handelsketten ihre Macht?
Ich verteufle die Handelsketten ja nicht. Ich wünsche mir die Nachvollziehbarkeit und die Fairness, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Wir haben immer wieder Beschwerden, dass das nicht so ist. Daher handeln wir nun.
Welche Balance zwischen Erzeugern und Supermärkten wünschen Sie sich in Europa?
Ich wünsche mir eine Ausgewogenheit auf beiden Seiten. Die Erfahrungen zeigen, dass hie und da einige wenige Große ihre Marktmacht missbrauchen. Das macht uns Sorgen, denn die Landwirte haben faire Preise für hohe Qualität verdient.
Wird künftig die Beweislast, sich rechtskonform verhalten zu haben, zum Nachteil für die Handelsketten geändert?
In einer funktionierenden Geschäftsbeziehung müssen sich alle Partner rechtskonform verhalten, das ist doch klar. Ich sehe keinen Nachteil für irgendwen darin, dass unfaire Praktiken abgestellt werden.
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