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Ernährung Oatly & Co.: Wie vegane Alternativen die Milchbranche aufmischen

Experten sehen enormes Wachstum am Markt für Milchalternativen. Neben dem Newcomer Oatly hat sich auch Danone in eine starke Stellung gebracht.
03.04.2021 - 10:14 Uhr Kommentieren
Das schwedische Unternehmen strebt einen Börsengang in New York an. Quelle: Bloomberg/Getty Images
Veganes Eis von Oatly

Das schwedische Unternehmen strebt einen Börsengang in New York an.

(Foto: Bloomberg/Getty Images)

Düsseldorf Hafermilch von Oatly ist in den USA derzeit so gefragt, dass es zu Lieferengpässen kommt. Seit März wird Oatly in allen 15.000 Starbucks-Cafés des Landes als pflanzliche Alternative zu Milch im Kaffee angeboten. Der Bau eines zweiten US-Werks hat sich aufgrund der Corona-Pandemie verzögert.

Bald steht in New York der Börsengang der schwedischen Firma an. Der könnte laut Reuters bis zu einer Milliarde Dollar einspielen und Oatly einen Unternehmenswert von fünf bis zehn Milliarden Dollar bescheren.

Damit wäre Oatly nach der Veggie-Burger-Firma Beyond Meat der nächste Vegan-Hersteller mit einer Bewertung, die sonst nur Tech-Firmen erreichen. Dabei planten die Schweden für 2020 einen Umsatz von gerade mal 400 Millionen Dollar – immerhin eine Verdoppelung zum Vorjahr.

Hersteller von Milchalternativen mischen die Branche weltweit gehörig auf. „Wir sind mitten in einer pflanzlichen Revolution“, sagte Oatly-Chef Toni Petersson dem Handelsblatt.

Schon heute ist Pflanzenmilch ein Milliardenmarkt, deutlich größer als der für veganes Fleisch. Jeder zehnte Liter Milch hierzulande stammt nicht von der Kuh, sondern wird aus Soja, Hafer, Mandel, Cashew oder Erbsen gewonnen.

Allein in der EU und Großbritannien soll sich der Umsatz bis 2025 von 3,4 auf 5 Milliarden Euro erhöhen, so eine Studie der ING Bank. Einen globalen Absatz von 54 Millionen Tonnen alternativer Milchprodukte prognostiziert die Beratung BCG für 2035 – etwa fünfmal so viel wie heute. Die etablierten Milchverarbeiter können diesen Wandel nicht ignorieren, schließlich bedroht er ihr Geschäftsmodell.

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Der Joghurt-Konzern Danone ist heute der weltgrößte Anbieter pflanzlicher Milchprodukte – allein durch gezielte Übernahmen. Die Franzosen kauften 2017 das US-Unternehmen White Wave für rund 12,5 Milliarden Dollar. Der Vegan-Pionier mit Marken wie Alpro und Provamel ist seit über 40 Jahren im Geschäft. Zum Zeitpunkt der Übernahme machte White Wave mit 4,2 Milliarden Dollar bereits zehnmal so viel Umsatz wie Oatly heute.

Der Danone-Konzern mit zuletzt 23,6 Milliarden Euro Umsatz will sein Geschäft mit pflanzlichen Produkten bis 2025 von zwei auf fünf Milliarden Euro steigern. Im Februar übernahmen die Franzosen Earth Island einen US-Hersteller von Vegankäse. Nun stellt Danone auch seine Joghurts und Puddings auf vegan um.

„Jedes fünfte Danone-Produkt in Deutschland wird bis 2025 pflanzlich sein“, sagt Deutschlandchef Richard Trechman dem Handelsblatt. Das Werk in Ochsenfurt bei Würzburg wird derzeit zum ersten „flexiblen Innovationswerk“ in Europa umgebaut, das auch vegane Produkte herstellt. Bisher kommen vegane Produkte der Marken „Actimel“ und „Dany Sahne“ aus Belgien, „Activia“ aus Spanien. Preislich liegen diese auf einer Stufe mit den Originalen.

Danone bietet pflanzliche Alternativen seiner Milchprodukte wie Dany. Quelle: Danone
Veganer Dessert-Pudding

Danone bietet pflanzliche Alternativen seiner Milchprodukte wie Dany.

(Foto: Danone)

Danone nutzt Know-how, Logistik und Lieferanten des Zukaufs Alpro. „Wir haben viel von Alpro gelernt, wie man mit pflanzlichen Zutaten umgeht“, sagt Trechman. In Deutschland wächst Danone mit gekühlten Milchprodukten wie mit veganen Alternativen. Der Umsatz des Konzerns ohne Alpro stieg laut Nielsen 2020 um 14 Prozent. „Es gibt Platz für beide Kategorien in Zukunft“, ist Trechman überzeugt.

Der Trend zu pflanzlichen Alternativen werde nicht von strikten Veganern, sondern von sogenannten Flexitariern vorangetrieben, betont Trechman. 85 Prozent der Käufer veganer Molkereiprodukte konsumieren weiter Milchprodukte, ermittelte der Marktforscher Mafowerk. Der Trend gehe quer durch alle Bevölkerungsgruppen. So konnte Danone viele neue Käufer gewinnen.

Disruption bringt Wachstum

„Die Disruption ist positiv für die Branche“, meint der Danone-Manager. Die Verschiebung von Kuhmilch zu pflanzlichen Alternativen bringe viel Wachstum. Hersteller wie Danone könnten das ganze Spektrum bespielen.

Auch viele andere Milchverarbeiter bringen vegane Linien heraus. Müller Milch hat vegane Drinks und Milchreis im Programm. Ehrmann führte im Februar „Veo“-Pudding aus Kichererbsen ein. Dr. Oetker testet nach der pflanzlichen Creme Vega nun mit „Love it“ vegane Puddings. Die Hochland-Gruppe produziert Käse aus Nüssen unter der Marke „Simply V“. Und zahllose Start-ups weltweit fertigen Joghurt, Milch , Käse und Eis auf Pflanzenbasis. Bei Vly aus Berlin, das Milch aus Erbsenprotein herstellt, ist gerade Rocket Internet als Investor mit eingestiegen.

Der Deutschland-Chef der Milchsparte von Danone setzt auf den Veggie-Trend: „Die Disruption ist positiv für die Branche, denn sie bringt viel Wachstum.“ Quelle: Danone
Richard Trechman

Der Deutschland-Chef der Milchsparte von Danone setzt auf den Veggie-Trend: „Die Disruption ist positiv für die Branche, denn sie bringt viel Wachstum.“

(Foto: Danone)

Anders sieht das bei den Molkereigenossenschaften aus, die nicht nur Milch zukaufen. Viele von ihnen zögern noch mit veganen Alternativen. Das Deutsche Milchkontor betont aber, die Ernährung der Zukunft mitgestalten zu wollen. Die Milchgenossenschaft Arla verkauft in Dänemark und Großbritannien pflanzliche Getränke, in Deutschland werde „die Marktsituation noch geprüft“. Grundsätzlich sei auf dem Markt Platz für beide Kategorien.

Milchbauern kritisieren jedoch, dass die genossenschaftlichen Molkereien pflanzliche Produkte ins Auge fassen. „Es macht keinen Sinn – wenn ich mich als Unternehmen der Bauern verstehe –, diese Ersatzprodukte herzustellen und sogar noch massiv zu bewerben“, sagte Stefan Mann, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. Die Branche will in der EU erreichen, dass nicht nur Begriffe wie Soja-Joghurt oder Hafermilch verboten werden, sondern auch Beschreibungen wie „sahnige Konsistenz“.

Milchbauern fürchten um ihr Geschäft

Der Boom pflanzlicher Alternativen erfüllt Milchbauern mit Sorge. „Wenn die Nachfrage nach Ersatzprodukten steigt, heißt das ja, dass sie woanders zurückgeht“, warnt Mann. Der Verbrauch von Konsummilch ist in Deutschland von 2000 bis 2019 von fast 54 auf 49,5 Kilo pro Kopf gesunken, so das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft.

Die Bauern litten schon jetzt unter zu niedrigen Milchpreisen, so Mann. Von Molkereien bekamen sie 2020 im Schnitt etwa 33 Cent pro Kilo. Um kostendeckend zu arbeiten, bräuchten die Betriebe 44 Cent. Seit der Abschaffung der EU-Milchquoten 2015 stieg das Angebot, und der Preis sank.

Milch müsste eigentlich viel teurer sein, werden die Kosten für die Umwelt eingerechnet. Quelle: dpa
Milchkühe

Milch müsste eigentlich viel teurer sein, werden die Kosten für die Umwelt eingerechnet.

(Foto: dpa)

Eigentlich müssten Milchprodukte viel teurer sein, gerade im Vergleich zu pflanzlichen Alternativen. Für besseres Tierwohl seien 20 Cent mehr je Liter Milch zu zahlen, haben Kieler Wissenschaftler errechnet. Werden Klimafolgen einbezogen, weil Kühe viel Treibhausgas ausstoßen, ergebe sich ein Preisaufschlag von 91 Prozent, so eine Studie der Universität Augsburg. Das alles bringt die Branche zusätzlich in Bedrängnis.

In den USA mussten bereits zwei Molkereikonzerne Insolvenz anmelden, darunter mit Dean Foods Amerikas größter Milchverarbeiter. Laut dem US-Agrarministerium wirkten sich Verkäufe von veganer Milch negativ auf den Absatz von Kuhmilch aus. Die New Yorker Molkerei Elmhurst Dairy stellte schon 2016 die Milchverarbeitung komplett ein – und konzentriert sich seitdem komplett auf Pflanzenmilch.

Auch die Genossenschaft Schwarzwaldmilch geht offensiv mit neuen Verbraucherwünschen um. Mit Black Forest Nature entstand eine autarke Tochterfirma für vegane Produkte. „Wir weiten unsere Expertise in einem spannenden Wachstumsmarkt aus“, betont Andreas Schneider, Chef der Schwarzwaldmilch-Gruppe. Seit einem Jahr sind Getränke der Marke „Velike!“ auf dem Markt. Der Hafer dafür wird ausschließlich im Schwarzwald angebaut. Denn bei Pflanzenmilch geht der Trend weg von klimaschädlichem Importsoja zu Sorten aus der Region.

Neben pflanzlichen Alternativen wird auch an Milch aus dem Labor geforscht. Start-ups wie New Culture, Perfect Day oder Turtle Tree Labs züchten das Milcheiweiß Casein nach. Gelingt die Massenproduktion, dürften weitere spannende Börsengänge bevorstehen.

Mehr: Veggie-Fleisch und Hafermilch: Marktanteil alternativer Proteine soll rasant wachsen.

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