Ernährung und soziale Medien: Wie das Internet das Essen verändert
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Ernährung und soziale MedienWie das Internet das Essen verändert
Der Ausspruch „Du bist, was du isst“ gilt mehr denn je. Die Arbeitswelt und soziale Netzwerke verändern unsere Essgewohnheiten. Konzerne wie Nestlé oder Ikea wollen davon profitieren – genauso wie die Politik.
Das Essen bei sozialen Netzwerken zu posten, wird immer mehr zum Trend. Dahinter steckt ein Wunsch nach mehr Gesellschaft bei Mahlzeiten.
(Foto: Imago)
Frankfurt/Düsseldorf Der Fotodienst Instagram ist voll davon, ebenso das Kontaktnetz Facebook: Schnappschüsse von Mahlzeiten, egal ob selbstgekocht oder aus dem Sterne-Restaurant. „Die Menschen verleihen über das Essen ihrer Persönlichkeit Ausdruck. Was man früher durch Mode gemacht hat, kann man heute durch Ernährung erreichen“, meint Katja Popanda, Leiterin der Marktforschung bei Nestlé in Frankfurt.
Das Internet verändert die Ernährungsgewohnheiten der Deutschen – und zwar rasant. Konzerne wie Nestlé wollen davon profitieren, selbst die Möbelkette Ikea beschäftigt sich damit – und die Bundesregierung.
Der Lebensmittelbranche macht der Trend Hoffnung. Durch die neue Beschäftigung mit dem Essen hoffen sie, eine alte Gewissheit über Bord werfen zu können: diejenige, dass die Deutschen beim Essen knausern. Nestlé untersucht regelmäßig in Umfragen die Einstellung zum Essen: Während 2003 noch 59 Prozent eher auf den Preis als auf die Qualität achteten, waren es 2015 nur noch 47 Prozent. Stetig wichtiger werden stattdessen ethische Fragen: Wie werden Tiere gehalten? Wie gehen die Produzenten mit ihren Mitarbeitern um?
Das essen die Deutschen am liebsten
Platz 7: Fleischgerichte
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Die Deutschen sind Fleischesser: Bei vier von fünf Deutschen (83 Prozent) kommen Fleisch und Wurst mehrmals in der Woche auf den Tisch – vor allem bei Männern und stärker in den neuen Bundesländern. Und was ist mit den Vegetariern? Ihr Anteil bleibt eher gering: Nur drei Prozent der Befragten essen nie Fleisch oder Wurst. Frauen sind mit sechs Prozent bei den Vegetariern weit häufiger vertreten als Männer (ein Prozent). Das geht aus dem „Ernährungsreport 2016“ hervor, den das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft jetzt veröffentlicht hat. Im Auftrag des Ministeriums wurden vom Meinungsforschungsinstitut Forsa 1000 Bürger ab 14 Jahren befragt.
Noch beliebter als Fleisch ist bei den Deutschen die Pizza – für 14 Prozent gehört sie zu den Lieblingsgerichten. 37 Prozent der Männer bereiten sich gerne schnell eine Tiefkühlpizza zu (Frauen: 27 Prozent). Im Zeitalter von Fast Food geben gut drei Viertel an, dass ihnen Kochen Spaß macht. Besonders ausgeprägt ist die Kochlust bei jungen Erwachsenen bis 29 Jahren (81 Prozent), Frauen (80 Prozent) und Großstädtern (80 Prozent). Allerdings kochen nur 41 Prozent täglich – am häufigsten kochen Frauen (51 Prozent) und die über 60-Jährigen (50 Prozent).
(Foto: Imago)
Platz 5: Salat
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Beim Salat muss sich das Schnitzel (elf Prozent) geschlagen geben: 15 Prozent greifen zum Klassiker in der leichten Küche. 76 Prozent der Befragten legen Wert darauf, dass ein Lebensmittel aus ihrer Region kommt. 61 Prozent achten auf Produktinformationen, für 58 Prozent ist es vor allem wichtig, dass die Produkte preiswert sind. Etwa ein Drittel bevorzugt Produkte bestimmter Marken. Erwachsene bis 29 Jahre lassen sich vor allem von Preis (68 Prozent) und Werbung (43 Prozent) leiten.
(Foto: Imago)
Platz 4: Fischgerichte
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Bei 16 Prozent der Deutschen kommt Fisch auf den Teller. Agrarminister Christian Schmidt (CSU) fordert, dass auf Lebensmittelverpackungen „draufsteht, was drin ist – und umgekehrt“ – damit das Einkaufen leichter wird.
Auch der ruinöse Preiskampf mit hochwertigen Grundnahrungsmitteln müsse ein Ende haben. Vom Preisdumping mit Lebensmitteln profitierten auf lange Sicht weder Landwirte noch Verbraucher, sagte Schmidt bei Vorstellung der Studie. 18 Prozent der Befragten bereiten sich häufiger Kartoffelgerichte zu.
(Foto: Imago)
Platz 2: Gemüsegerichte
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76 Prozent der Frauen achten stärker auf eine ausgewogene Ernährung. Ihnen gelingt das im Alltag auch häufiger als Männern (62 Prozent). Statt Fleisch essen die meisten unter anderem Gemüse: 18 Prozent.
Nudelgerichte stehen ganz hoch im Kurs: 35 Prozent nennen Spaghetti, Spätzle und Co. als Lieblingsgericht. Mit Blick auf die wachsende Zahl übergewichtiger Menschen und vor allem Kinder kritisierte Bundesagrarminister Schmidt (CSU) Wissenslücken in Sachen gesunder Ernährung. Er forderte erneut ein eigenes Schulfach Ernährungsbildung.
(Foto: Imago)
35 Prozent der Befragten behaupten etwa, für Fair Trade einen Aufpreis zahlen zu wollen – vier Jahre zuvor waren es gerade einmal 19 Prozent. Neben dem Internet hilft hier wohl die gute wirtschaftliche Lage, die das verfügbare Einkommen steigen lässt.
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Zugleich steigt der Umsatz mit speziellen Produkten: Der Umsatz mit glutenfreien Lebensmitteln wuchs 2015 um 39 Prozent auf 117 Millionen Euro an, derjenige mit explizit fleischloser Nahrung ebenfalls um 39 Prozent auf 488 Millionen Euro. Offensichtlich greifen vermehrt Menschen zu solchen angeboten, die weder gluten-intolerant noch Vegetarier sind – einfach in der Annahme, sich so besser zu ernähren.
Davon wollen die Konzerne profitieren: Nestlé bringt im Februar vegetarische Wurstsorten unter seinen Marke Herta auf den Markt – wie zuvor schon Wiesenhof und Rügenwalder. Dazu kommt eine glutenfreie Pizza der Nestlé-Marke Wagner. Schließlich, so heißt es im Konzern, verlaufe der Wandel deutlich schneller als etwa der Trend zu zuckerfreien „Light“-Produkten in den 1980er-Jahren.
Bio - öko - fair
Fair, bio, öko – und dazu mehrere Dutzend Gütesiegel: Viele Verbraucher verlieren da den Überblick. Dabei gibt es zwischen den Begriffen durchaus Unterschiede.
Eine faire Produktion soll gewährleisten, dass die Produzenten angemessene Löhne zahlen und die Mitarbeiter nicht unter gesundheitsgefährlichen Bedingungen arbeiten. Der gemeinnützige Verein Transfair verleiht sein Siegel beispielsweise für Produkte wie Kaffee, Bananen oder Blumen, aber auch Kleidung und Fußbälle. Inzwischen berücksichtigt die Organisation allerdings nicht nur ökonomische und soziale, sondern auch ökologische Kriterien – das sei im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung.
Bio-Siegel garantieren die ökologische Produktion von Lebensmitteln und anderen Produkten. Dabei dürfen beispielsweise weder Gentechnik noch chemische Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen. Die Anforderungen der Siegel unterscheiden sich allerdings zum Teil erheblich. Besonders streng sind Demeter, Naturland und Bioland.
Bio ist jedoch nicht automatisch öko: Auch die Umweltbilanz von Bioprodukten kann schlecht sein, etwa wenn Äpfel aus Südafrika nach Deutschland transportiert werden. Weniger CO2 fällt an, wenn Verbraucher Produkte aus der Region kaufen.
Doch Marken haben es schwer – auch das zeigt die Nestlé-Umfrage. Demnach schreiben zwar 71 Prozent der Konsumenten Marken-Lebensmitteln – wie den Nestlé-Angeboten – eine hohe Qualität zu, 67 Prozent denken dies aber auch von den Handelsmarken.